Das Hamburger Abendblatt und der ADAC Hansa testen die Park-and-ride-Anlagen in der Region. Heute: der Tostedter Bahnhof.

Tostedt. Für Christian Schäfer ist der Tostedter Bahnhof Neuland. "Das ist gut, denn so kann ich ganz unvoreingenommen an die Sache herangehen", sagt der Leiter Technik und Verkehr des ADAC Hansa. Außerdem sehe man dann vielleicht Dinge, die man ansonsten, mit dem Auge der Gewohnheit, gar nicht bemerkt hätte. Vor drei Jahren hat der ADAC bereits die Park-and-ride-Anlage (P+R) des Tostedter Bahnhofs getestet und mit der Schulnote "ausreichend" bewertet. In diesem Jahr ist die Anlage bei der Testserie des ADAC und der Regionalausgabe Harburg & Umland des Hamburger Abendblatts erneut mit dabei und konnte nur noch ein "mangelhaft" erreichen.

"Tja, von einer richtigen Beschilderung ist hier nicht viel zu sehen", sagt Schäfer. Der ADAC-Tester hat seinen Wagen an diesem Morgen gerade auf einem der hinteren Parkplätze an der Nordwestseite des Bahnhofs geparkt - um 8 Uhr sind die vorderen Ränge längst vergeben. Einen Hinweis auf eine P+R-Anlage sucht er aber vergeblich, stattdessen steht dort ein ganz normales Parkplatz-Hinweisschild. Das heißt, hier dürften also theoretisch nicht nur Pendler, sondern alle, wie sie lustig sind, ihren Wagen abstellen. Sie müssen jedoch darüber rätseln, ob sie ein Parkticket ziehen müssen oder ihren Wagen kostenlos abstellen dürfen.

"Aber die Einbahnstraßenführung ist gut", sagt Schäfer und zückt seinen Fotoapparat, mit dem er alles dokumentiert. An- und abfahrende Autos kämen sich so nicht in die Quere. Doch Schäfer wäre kein kritischer Tester, würde er den nächsten Negativpunkt nicht sogleich bemerken: die fehlenden Temporegelungen und der Hinweis auf die Straßenverkehrsordnung. "Heißt das jetzt, dass man hier Tempo 80 fahren darf?", fragt er sich. Einige Autofahrer scheinen das zumindest zu denken, denn sie brausen ziemlich flott über den Asphalt.

Der Tostedter Bahnhof solle nach seinen Informationen 400 kostenlose Stellplätze auf der nordwestlichen Seite und 212 Plätze auf der südöstlichen Seite, Richtung Zinnhütte, besitzen, erklärt Schäfer. "Wenn man sieht, wie gefüllt die Parkanlagen um 8 Uhr sind, ist eine Auslastung von mindestens 95 Prozent realistisch." Knapp eine halbe Stunde später muss er diese Aussage aber schon wieder revidieren, denn auch die hintersten Plätze sind voll. Macht also 100 Prozent in der Auslastung. "Solange es nicht mehr als 100 Prozent werden und die Leute auf Grünstreifen parken müssen, ist das noch so gerade in Ordnung."

Im kommenden Jahr könnte sich die Situation noch weiter entspannen. Die Samtgemeinde plant, am Bahnhof für 4,1 Millionen Euro ein Parkhaus zu bauen. Den Pendlern werden dann 150 zusätzliche Parkplätze zur Verfügung stehen, die nach derzeitigem Stand kostenlos sein werden. Hinzu kommen 130 überdachte und abschließbare Fahrradstellplätze.

Doch da das alles noch Zukunftsmusik ist, spielt es für die aktuelle ADAC-Untersuchung keine Rolle.

Schäfer konzentriert sich auf den Ist-Zustand, und da hat er gleich das nächste Problem entdeckt. Die Markierung der Parkbuchten ist nicht ausreichend. Nur schwer ist die etwas dunklere Pflasterung von dem Grau der restlichen Steine zu unterscheiden. Wie soll denn da jemand bei Dunkelheit erkennen, wo er seinen Wagen überhaupt hinstellen darf? Zumindest stimmt aber die Breite der Parkplätze mit 2,70 Meter.

"Für viele Pendler ist es ja völlig egal, ob sie ihren Wagen in einem Parkhaus oder auf einem Parkplatz abstellen können", sagt Schäfer. Das Wichtigste sei, dass sie überhaupt einen Parkplatz finden, der möglichst nah am Bahnsteig liegen sollte. Wenn der dann auch noch kostenfrei ist, sei alles super. Die Qualität der gesamten Anlage spiele bei vielen im Grunde gar keine so große Rolle wie angenommen, zumindest sei das die Erfahrung, die er im Laufe der Zeit gemacht hat.

Dennoch dürften Kriterien wie herumfliegende Papiertüten oder der Grad der Graffiti-Schmierereien für viele Pendler unbewusst doch von Bedeutung sein, denn sie entscheiden darüber, ob man sich an einem Ort wohl fühlt oder nicht.

Und wie sieht es da in Tostedt aus? "Ordentlich wirkt es schon, nur hier, direkt am alten Bahnhofsgebäude, liegt etwas Müll herum", sagt Schäfer und zeigt auf alte Plastiksäcke und zerfledderte Zeitungen. Die Brücke über die Gleise hat ebenfalls schon bessere Tage gesehen, Richtung Zinnhütte ist sie gespickt mit Graffiti-Schmierereien. "Das ist natürlich schwer in den Griff zu bekommen", räumt er ein.

Einen Briefkasten am Bahnsteig verbucht der Tester ebenso als Service-Plus wie die Luftstation für Radler. Und die Telefonzelle sei auch sehr nützlich. "Ein öffentliches WC fehlt aber, das ist ein Minus." In die gleiche Minus-Kategorie fällt die Anzeige "Außer Betrieb", die am Ticket-Automaten auf dem Bahnsteig in Richtung Bremen steht. Auch wenn viele Pendler sicherlich Monatskarten haben, ein funktionierender Automat ist ein Muss.

Schäfers Fazit fällt durchwachsen aus, die fehlenden Markierungen und Hinweisschilder seien ein ernsthaftes Manko. Vor dem Hintergrund, dass hier bald Bauarbeiten für das neue Parkhaus beginnen, könne man aber sicherlich auf umfangreiche Verbesserungen an der gesamten Anlage hoffen.

Lesen Sie morgen, wie der Bahnhof Buchholz abgeschnitten hat