Das Hamburger Abendblatt und der ADAC Hansa testen die Park-and-ride-Anlagen in der Region. Heute: der S-Bahnhof Neu Wulmstorf.

Neu Wulmstorf . Schade, schade, schade. Carsten Willms, 42, stellvertretender Leiter der Abteilung Technik und Verkehr des ADAC Hansa, blickt nach drei Stunden ein letztes Mal über den Park-and-ride-Platz am S-Bahnhof Neu Wulmstorf. Der ADAC-Experte hat viel Erfreuliches gesehen an diesem Testtag: Eine neue Park-and-ride-Anlage vor den Toren Hamburgs. Ausreichend breite Parkplätze. Eine akkurate Beleuchtung. Sogar eine Anschlussstelle für zwei Elektrofahrzeuge. "Der ADAC würde die Anlage eigentlich mit der Note 'gut' bewerten", sagt Carsten Willms, "aber wir mussten leider Abzüge vornehmen."

So bekommt die neue Park-and-ride-Anlage in Neu Wulmstorf nur die Note "befriedigend". Der Grund: Selbst an diesem Testtag in den niedersächsischen Schulferien ist der Parkplatz An der Bahn bereits um 9 Uhr vollkommen ausgelastet. Hier passt kein Fahrzeug mehr auf den Parkplatz. "Eine gute Anlage hat einen Kapazitätsüberschuss", sagt Carsten Willms. "Schon bei einer Belegung von 90 Prozent sprechen wir von einer Dauerauslastung."

Der P+R-Platzmangel in Neu Wulmstorf führt dazu, dass auch an diesem Ferientag alle Seitenparkplätze in den Zufahrtsstraßen Wulmstorfer Wiesen und Im Apfelgarten belegt sind. Und auch in der bewohnten Bahnhofstraße parken 20 Fahrzeuge auf den Grünstreifen vor den Häusern. Der ADAC-Experte ist nicht begeistert: "Es ist nicht Sinn und Zweck einer Park-and-ride-Anlage, dass die Autos im Wohnumfeld parken müssen."

Der Experte des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC) hat an diesem Tag einen Katalog von Fragen abzuarbeiten: Wie ausgelastet ist die Anlage? Wie sicher ist sie? Wie steht es um die Videoüberwachung und die Beleuchtung? Ist die Anlage benutzerfreundlich? Ist der Parkplatz geeignet für Rollstuhlfahrer? Und wie steht es mit dem Service rund um den Bahnhof?

Begeistert ist Carsten Willms von der Stromtankstelle des Energieversorgers EWE: Hier parkt ein weißes Dreiradauto und tankt Strom. "Das ist ein Wink mit dem Zaunpfahl", sagt Carsten Willms. "Vielleicht werden wir uns in zwanzig bis dreißig Jahren so fortbewegen wie dieser Mobilitätspionier."

Weil der P+R-Platz so rappelvoll ist, parkt auf einem Stromtankplatz ein blauer Skoda Diesel. Ein Schild wie "E" für Elektroautos gibt es nicht, die deutsche Straßenverkehrsordnung hat es noch nicht für sich entdeckt. Carsten Willms ist dennoch nicht zufrieden mit der Beschilderung: "Der Skoda nimmt einem Elektroauto die Lebensader. Eine vernünftige Symbolik könnte abschreckend wirken."

Der ADAC-Mann ist erfreut über die Container unweit der Stromtankstelle. Hier können die Pendler vor oder nach der Arbeit Grün-, Weiß-, und Braunglas abgeben. Auch für alte Kleider und Schuhe gibt es Behälter. "Das ist sehr benutzerfreundlich und gibt Pluspunkte", sagt der ADAC-Tester.

Auch der Kreisverkehr vor der Park-and-ride-Anlage findet Carsten Willms' Gefallen - "weil man immer vernünftig durchkommt". Auf Unverständnis stößt bei ihm indes das Straßenschild "Anlieger frei" an der Parkplatzeinfahrt: "Hier kann im Prinzip jeder hereinfahren, auch wenn er nicht pendelt, denn ein Anliegen hat ja jeder." Der ADAC-Mann inspiziert die Straße Wulmstorfer Wiesen. Hier können die Pendler, wenn sie von der Arbeit zurückkommen, hervorragend einkaufen: bei Edeka, Dallmeyers Backhus, Aldi und Budnikowsky. "Dieses Angebot passt gut zum Gesamtkonzept", sagt Carsten Willms, "so sparen die Pendler Zeit und Sprit - das ist auch gut für die Öko-Bilanz."

Zurück auf dem Park-and-ride-Platz An der Bahn - 280 Pendler können hier laut Angaben des Hamburger Verkehrsverbundes parken. Carsten Willms inspiziert eine freie Grünfläche neben dem Parkplatz. Sein Befund: "Hier könnten gut noch 200 Parkplätze gebaut werden. So könnte die Anlage fit für die Zukunft gemacht werden."

Aber auch am derzeitigen Platz mit seinen schönen Parkbuchten und Fahrgassen hat der ADAC-Prüfer noch etwas auszusetzen: Es gibt keine Videokameras und kein Personal vor Ort. "Das schafft leider kein Vertrauen und kein Sicherheitsgefühl", sagt Carsten Willms, "auch dies führt leider zu Abzügen in der Bewertung."

Zu einer Park-and-ride-Anlage gehört auch eine Bike-and-ride-Anlage. Alle Fahrradplätze sind überdacht - das freut den ADAC-Tester: "Der Radler will ja mit einem trockenen Sattel nach Hause fahren." Er untersucht eine frei zugängliche Anlage und eine, die nur mit einem Schlüssel zu betreten ist. Die abschließbare Variante ist ratsam am Bahnhof Neu Wulmstorf, denn hier wurden in der Vergangenheit sehr viele Fahrräder gestohlen.

Die Schlüssel - und leckere Brötchen - gibt es im wunderbaren Café von LeA - Integrative Lebens- und Arbeitsgemeinschaft. Drei Euro kostet die Monatsmiete, rund 70 Radler stehen auf der Warteliste für einen abschließbaren Stellplatz.

Carsten Willms' Fazit nach einem intensiven Parkplatztest in Neu Wulmstorf ist gespalten: "Der P+R-Platz in Neu Wulmstorf ist eigentlich eine gute Anlage, aber jetzt schon zu klein. Das ist typisch für den Landkreis Harburg. Von dort erreichen den ADAC die meisten Beschwerden, dass die Parkplätze ausgelastet sind."

Lesen Sie morgen, wie der Bahnhof Neugraben abgeschnitten hat.