Wie gut oder schlecht sind die Park-and-ride-Anlagen südlich der Elbe? Lesen Sie ab kommenden Montag die große Serie im Abendblatt.

Harburg . Südlich der Elbe ist Wohnen noch bezahlbar. Eine Aussage, die in weiten Teilen dann Gültigkeit hat, wenn Hamburg als Vergleichmaßstab herangezogen wird. Während in der Weltstadt die Miet- und Immobilienpreise explodieren, bleibt das südliche Umland der Metropole von solchen extremen Preissprüngen noch verschont. Kein Wunder also, dass insbesondere viele Großstädter mit dem Kauf einer halbwegs bezahlbaren Immobilie im Grünen liebäugeln.

"Es gibt Anzeichen dafür, dass gerade junge Familien verstärkt in das Umland ziehen und zum Arbeiten Richtung Hamburg pendeln", sagt Jens Mathias, Geschäftsführer Operativ der Agentur für Arbeit Lüneburg-Uelzen. Innerhalb eines Jahres verzeichnete allein der Landkreis Harburg einen Zuwachs von über 1100 sogenannten "Auspendlern". Menschen, die nicht an ihrem Wohnort arbeiten, sondern Tag für Tag über die Kreisgrenze hinaus zu ihrem Arbeitsplatz fahren. Im Landkreis Lüneburg waren es 600 mehr, im Landkreis Stade immerhin 250.

Viele von ihnen nutzen die Bahn. Die Zahl der Fahrgäste ist auch angesichts hoher Benzinpreise in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Die Landesnahverkehrsgesellschaft LNVG, die als hundertprozentige Tochter des Landes in großen Teilen Niedersachsens den öffentlichen Personennahverkehr auf der Schiene organisiert, hat auf den Strecken Bremen - Hamburg und Uelzen - Hamburg in den vergangenen zehn Jahren eine Verdopplung der Nachfrage festgestellt.

Aber halten die Bahnhöfe, halten die Park-and-ride-Anlagen mit dieser Entwicklung Schritt? Gemeinsam mit dem ADAC haben Abendblatt-Reporter zwölf Anlagen in der Region unter die Lupe genommen. Die Ergebnisse des großen P+R-Tests lesen Sie ab Montag täglich in Ihrer Regionalausgabe Harburg & Umland. "Park-and-ride-Anlagen sind wichtig, weil viele Autofahrer für den Weg zur Arbeit aus Kostengründen auf die Bahn umsteigen wollen", sagt Carsten Willms, verkehrspolitischer Sprecher des ADAC Hansa.

Aus dem Kreis Harburg allein pendeln mehr als 55 000 Menschen aus

Wer Berufspendler ist, der kennt das nervige Prozedere: Die Abfahrt des Zuges rückt näher, freie Parkplätze in Bahnhofsnähe sind nicht in Sicht, verbale Entgleisungen dagegen schon. Weil die Kapazität des offiziellen Parkplatzes nicht ausreichte, wurde beispielsweise in Hittfeld kürzlich ein provisorischer Schotterplatz an der Gustav-Becker-Straße eingerichtet. Dies änderte allerdings nichts daran, dass die Autofahrer weiterhin in anliegende Straßen ausweichen. Wer näher am Bahnhof parken will, muss früh da sein. Von Stade bis nach Lüneburg - die Ortsnamen wechseln, aber die Situation ist an vielen Bahnhöfen in der Region vergleichbar.

Aus diesem Grund waren vier Mitarbeiter der Abendblatt-Regionalredaktion Harburg & Umland gemeinsam mit Experten des ADAC eine Woche lang unterwegs, um die Parkmöglichkeiten an zwölf Regionalbahnhöfen zu begutachten: Buchholz, Buxtehude, Harburg, Hittfeld, Lüneburg, Maschen, Neugraben, Neu Wulmstorf, Stade, Stelle, Tostedt und Winsen. Sie testeten unter anderem die Benutzerfreundlichkeit und die Sicherheit. Und sie klärten die wichtigste Frage: Reicht die Zahl der Stellplätze? Außerdem befragten die Reporter Pendler und baten sie um ihre Einschätzung der Situation rund um den Bahnhof.

Wirtschafts- und Arbeitsmarktexperten weisen immer wieder darauf hin, wie wichtig eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr für die Attraktivität von ländlichen Gemeinden ist. "Der Agenturbezirk Lüneburg hatte in 2011 mit 50,1 Prozent die höchste Auspendlerquote aller Arbeitsagenturen in Niedersachsen-Bremen", sagt Agentur-Geschäftführer Mathias.

Über 55 000 Menschen aus dem Landkreis Harburg pendeln laut Arbeitsagentur täglich zu ihrem Job, das sind beeindruckende 64,5 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Eine der höchsten Quoten in ganz Deutschland. Den überwiegenden Teil der Pendler führt der Weg zur Arbeit nach Hamburg. Ähnlich, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt, ist die Tendenz in den Nachbarlandkreisen. Für den Landkreis Stade weist die Statistik fast 29 000 Auspendler aus (41,2 Prozent), für den Landkreis Lüneburg über 22 000 (37,8 Prozent). Zahlen, die die große Bedeutung der Mobilität in der heutigen Berufswelt belegen.

"Immer mehr Menschen in unserer Region nutzen als Pendler den Metronom und die Bahn. Das begrüße ich sehr", sagt Lüneburgs Landrat Manfred Nahrstedt. "Um die Zahlen noch zu steigern, müssen wir dafür sorgen, dass genügend Park-and-ride-Plätze zur Verfügung stehen und die Busverbindungen zu unseren Bahnstationen erhalten oder womöglich verbessert werden." Und Stades Landrat Michael Roesberg ergänzt: "Seit 2007 fährt die S-Bahn bis nach Stade. Nach fünf Jahren kann man Bilanz ziehen und sagen, dass sich dies als goldene Infrastrukturmaßnahme für den Landkreis erwiesen hat. Die Fahrgastzahlen steigen stetig, das merken wir auch an der Auslastung der Park-and-Ride-Plätze. Wir wissen, dass es da teilweise Handlungsbedarf gibt." Von besonderem Interesse für die Landkreise ist auch die Zahl der sogenannten Einpendler. Also derjenigen, die nicht vor Ort leben, aber zum Arbeiten anreisen. Über 19 000 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Menschen haben ihren Job im Landkreis Harburg, leben aber außerhalb der Kreisgrenze, in die Landkreise Lüneburg und Stade pendeln jeweils rund 13 000 Beschäftigte. Mit anderen Worten: Die Wirtschaft in den Kreisen ist auch auf Arbeitskräfte aus dem Umland angewiesen.

Stimmt das Angebot auf der Schiene, kommen auch die Kunden

Ob Menschen auf den Schienen-Personennahverkehrs abfahren, das Angebot also erfolgreich ist oder nicht, entscheiden laut LNVG-Sprecher Rainer Peters vier Kritierien. "Zum einen ist es natürlich ein attraktives Fahrplanangebot", sagt Peters. "Komfortable Fahrzeuge sind wichtig, die Barrierefreiheit der Bahnhöfe und ein attraktives Bahnhofsumfeld allgemein, zu dem dann auch entsprechende Park-and-ride-Plätze gehören" Aus diesem Grund fördere das Land die Errichtung und den Ausbau solcher Anlagen.

Wenn die LNVG vom Bedarf überzeugt und die Planung wirtschaftlich ist, übernimmt das Land neben weiteren Kosten bis zu 4000 Euro pro Stellplatz bei. Zuletzt war dies unter anderem beim Neubau eines Parkhauses auf der Südseite des Buchholzer Bahnhofes der Fall. Für 3,65 Millionen Euro entstanden 417 Park-and-ride- sowie 56 Bike-and-ride-Plätze. Rund zwei Millionen Euro steuerte das Land bei. Beim großen Test von ADAC und Abendblatt wird auch diese Investition hinterfragt.