In der Ganztagsschule Fährstraße in Wilhelmsburg treffen sich Hamburger Frauen und lassen auf dem Rasen ihre Reifen kreisen.

Wilhelmsburg. Es sieht leicht und lässig aus, wie sich Aleksandra Rodycz rücklings auf den Rasen hinter der Ganztagsschule Fährstraße legt, ein Bein in die Höhe streckt und einen Hula-Hoop-Reifen fortwährend um ihren Knöchel kreisen lässt. "Es ist wie ein Spiel, und man vergisst sich selbst dabei", sagt die 30-Jährige.

Der Kult-Klassiker Hula-Hoop ist zurück. Wer die 70er-Jahre als Kind oder Teenager erlebt hat, mag sich noch erinnern an die Plastikreifen, die in Gärten und Parks um die Taillen der Mädchen kreisten. Jetzt sind sie wieder da. Dieses Revival hat in Wilhelmsburg eine regelrechte Szene entstehen lassen.

Die "Hoopies", wie sich die Anhänger des Reifens nennen, treffen sich zweimal pro Woche in der Aula der Ganztagsschule Fährstraße, tauschen sich aus und bringen sich gegenseitig Tricks bei. Aleksandra Rodycz und Uta Martin, 43, beide aus Wilhelmsburg, und Gründer der Firma C4 explosive workshops, die Workshops für Hoop, aber auch Jonglage und Akrobatik veranstalten, laden zu diesen offenen Abenden ein.

Auch sonst bestimmt Hula-Hoop ihr Leben. An Wochenenden besuchen die Frauen beispielsweise die "German Hula Hoop Convention" in Hannover oder auch "Hoop O'Clock" in London, um zu "spielen", wie sie es selbst formulieren. Glaubt man den Worten von Uta Martin und Aleksandra Rodycz ist es die Mischung aus Sport und Spiel, aus Tanz und Training, die so anziehend wirkt, dass Hula-Hoop ein Revival feiert. Uta Martin ist Fitnessfachwirtin und arbeitet seit 22 Jahren in diesem Bereich. Sie hat festgestellt, dass Hula-Hoop Herz und Kreislauf auf sanfte Weise in Schwung bringt und so die Ausdauer, aber auch Koordination und Beweglichkeit verbessert. Zudem soll er Rücken- und Haltungsproblemen entgegenwirken, weil er die Wirbelsäule mobilisiert und alle tief liegenden Rumpfmuskeln kräftigt. Deshalb hat die Trainerin Hula-Hoop in ihr Programm aufgenommen.

Bestes Beispiel für die erfolgreiche therapeutische Wirkung des Reifens ist Sabine Diebold, 53, aus St. Pauli. Nachdem sie mit Hula-Hoop ihre Schmerzen in der Schulter nach einem Bandscheibenvorfall lindern konnte, hat sie sich dem Hoop verschrieben, ist fast jede Woche in Wilhelmsburg dabei und baut inzwischen selbst die Reifen.

Wer aber glaubt, dass sich Hula-Hoop auf das simple Umkreisen des Rumpfes beschränkt, wird bei einem Besuch in Aula der Schule Fährstraße in Wilhelmsburg eines Besseren belehrt. Die Frauen jonglieren mit den Reifen um Hals, Beine, Arme, manchmal auch im Doppelpack, und tanzen dabei anmutig durch den Raum.

Mal umkreist der Reifen die Beine, mal den Hals oder die Arme. Aleksandra Rodycz bringt zunächst den Reifen mit ihrer Hüfte in Schwung, dann steckt sie den rechten und den linken Arm in den Reifen, befördert ihn mit ihren kreisenden Bewegungen bis zum Hals und lässt ihn von dort wieder am Körper herunterwandern. Pinguin heißt das im Hoop-Jargon.

Im Einmaleins des Hula-Hoop unterscheiden die Kenner zwischen Onbody- und Offbody-Hooping - danach, ob der Körper im Reifen steckt (Onbody) oder nicht (Offbody). Die Figuren und Tricks reichen von Helicopter über Lasso bis zu Pizza Toss. Ein Blick auf die Website www.hulahoop.de zeigt, dass der Fantasie beim Hoopen keine Grenzen gesetzt sind. Hier zeigen die Leute auf Videos ihre neuesten Tricks.

Selbst solche Menschen, denen der Gedanke an Bewegung sonst Schweißperlen auf die Stirn treibt, können sich für Hula-Hoop begeistern. Tanja Brands, 35, Psychologiestudentin aus Hamburg-Neustadt, behauptet von sich, unsportlich zu sein. Doch auch sie zählt zum Kreis der "Hoopies" in der Schulaula in Wilhelmsburg - nachdem sie in einem Workshop von Aleksandra Rodycz gelernt hat, "das Ding oben zu halten".

Jetzt traut sich Tanja Brands sogar, abends allein auf einer Wiese zu tanzen. Dieses Selbstbewusstsein muss man erst mal haben. Schließlich ist das Kreisen der Hüften eine sehr weibliche Bewegung, und Hula-Hoop funktioniert nur, wenn man enge Kleidung trägt. Jedes Outfit ist erlaubt, aber Hauptsache, es sitzt eng.

Sabine Diebold hat eine einfache Erklärung dafür, dass sie ihre Hemmungen davor verloren hat, auch vor Publikum zu tanzen: "Hula-Hoop macht glücklich."

Montags und donnerstags, 19 bis 21.45 Uhr, ist die Aula der Ganztagsschule Fährstraße, Fährstraße 90, für "Hoopies" offen. Auch Akrobaten und Jongleure können hier trainieren. Die Teilnahme ist kostenlos.