Im Senioren-Computer-Club Seevetal treffen sich Einsteiger und Fortgeschrittene, um PCs kenn zu lernen und im Internet zu surfen.

Hittfeld. Eigentlich ist es eine alltägliche Szene beim Senioren-Computer-Club Seevetal. Und doch eine mit Symbolkraft. Vier nicht mehr so junge Männer im Medienzentrum. Das ist übrigens im Gymnasium Hittfeld integriert und irgendwie erinnert der Weißhaarige in Grün auch an einen Jungen bei seinem ersten Schultag. Egon Kratzmann ist 79 Jahre alt. Aber das erste Mal in seinem Leben hat er einen Laptop angeklickt. Und Wolf-Rüdiger Schulz, der Dozent mit dem verlängerten Zeigefinger, weist ihm die ersten Schritte in das World Wide Web und in unser digitales Zeitalter.

"Ohne Computer fühlst du dich doch wie ein Ausgestoßener heute", sagt Kratzmann und schaut kurz von seinem Bildschirm hoch. "Damit soll Schluss sein. Jetzt will ich auch dazugehören."

Inzwischen sind absolute Schulungs-Anfänger wie der pensionierte Maschinenbau-Ingenieur aus Winsen selbst beim Senioren-Computer-Club eine allmählich aussterbende Spezies. Auch diese kleine Episode, die hier noch immer gerne erzählt wird, liegt Jahre zurück: Einer der Dozenten gibt einer Hilfesuchenden am Telefon zunächst den Rat: "Zuerst müssen Sie das Fenster schließen". Dann hörte er, wie seine ältere PC-Schülerin aufstand und das Fenster zur Straße schloss.

Natürlich, man darf schmunzeln über die Irrungen und Wirrungen der Generation 50 und 60 Plus, als der Informations-Tsunami des Computer- und Internetzeitalters über sie hereinbrach. Aber vielleicht sollte man die feixenden Enkel auch einmal daran erinnern, wie weit der Weg war, den ihre Eltern noch und erst recht ihre Großeltern zurückgelegt haben. "Als ich 1939 bei Frau Lindemann in Oststeinbeck meinen ersten Schultag hatte, haben wir die einzelnen Buchstaben mit Griffeln auf die Schiefertafel gekratzt", erzählt Kratzmann. "Und an meiner Tafel hing ein nasses Schwämmchen, um alles wieder zu löschen, wie man heute sagt", fügt Siegfried Semper hinzu, der neben ihm am an seinem Laptop sitzt.

Die beiden Computer-Schüler gehören zu einer Generation, die sich in ihrem langen Berufsleben noch nicht auf die revolutionäre neue Technik umstellen musste. "Als ich vor fünf Jahren hier bei unserem Club in Hittfeld den Anfängerkurs besuchte", bekennt Semper lachend, "wusste ich nicht einmal, wie man Computer schreibt." Selbst Dozent Wolf-Rüdiger Schulz, für die meisten der rund 80 Mitglieder des Senioren Computer-Clubs der Allwissende persönlich, war ahnungslos, als sie dem früheren Postangestellten den ersten PC auf seinem Schreibtisch installierten. "Ich habe mir alles selbst beibringen müssen", sagt der Pensionär, dem es Freude macht, anderen zu helfen, "und ich weiß noch genau, wie oft ich dabei verzweifelt bin."

Gerade diese Erfahrung hilft ihm als Wegweiser bei Themen wie Bildbearbeitung oder Surfen mit dem Explorer, besonders geduldig und besonders gründlich zu sein. "Was ist eure erste Bürgerpflicht?", beginnt er denn auch noch heute jeden Einführungskurs, "zu kontrollieren, ob bei eurem Laptop oder Notebook auch der Strom eingeschaltet ist".

Das allerdings sind Klippen, die Renate Lechler, die flippige Powerfrau, längst hinter sich gelassen hat. Sie gehört zu den Clubmitgliedern, die beruflich, sie als Versicherungskauffrau, zwar mit dem PC schon vertraut waren, und doch immer wieder vor neuen Fragen und Problemen stehen. Ihre Foto- und ihre Musikdatei hat sie extra abgesichert, auch den Ordner mit den Arztrezepten und noch so vieles Private. "Ob das auch alles sicher ist", zweifelt sie, "da muss ich Herrn Schulz erst fragen."

Da Stillstand Rückschritt ist, wird auch das Kursangebot beim Computer Club immer wieder erneuert und erweitert. Noch wichtiger aber für viele ist: Man vergisst so schnell, was man nicht täglich anwenden muss. Das zeigt das kleine Beispiel von Karin von Faber, über so viele Jahre als Chefreporterin die große Dame der "Hörzu", die sich heute in der Gemeinschaft der wissbegierigen Ruheständler um die Öffentlichkeitsarbeit kümmert. Sie hat ihre Begegnungen und Erfahrungen mit den Großen dieser Welt, von Muhammad Ali bis Neil Armstrong, von Gregory Peck, Michael Douglas oder Indira Gandhi in unzähligen Stunden in den Computer getippt. Aber einen neuen Ordner anlegen? Augenblick, wie war das noch mal? Da hilft nichts, da muss sie Wolf-Rüdiger Schulz fragen.

"Ich bin denen so dankbar", sagt Siegfried Semper, der 75-Jährige aus Bullenhausen. "Bevor ich morgens ins Bad gehe, schalte ich meinen Laptop ein. Wenn ich raus komme, schaue ich erst, ob sich mein Sohn aus Berlin, mein Bruder aus Neubrandenburg oder meine Schwester von Rügen gemeldet hat. Auch sonst, das Internet hat mir Türen in die Welt geöffnet, von denen ich nicht wusste, dass es sie überhaupt gibt."

Über das neue Kursangebot können Sie sich informieren bei Winfried Ulrich unter der Telefonnummer 04187/6322. www.scc-seevetal.de