Die niederdeutsche Theatergruppe De Steenbeeker aus Buchholz feiert am Wochenende mit einem Festprogramm ihr 30-jähriges Bestehen.

Buchholz. Den jugendlichen Liebhaber, tja, den würde man ihm heute leider nicht mehr abnehmen. Gunther Heise zuckt bedauernd die Achseln. "Aber damit kann ich leben", fügt er lächelnd hinzu. Schließlich gibt es für einen Schauspieler auch noch andere gute Rollen. Seit neunundzwanzigeinhalb Jahren ist der 60-Jährige Mitglied der niederdeutschen Theatergruppe De Steenbeeker aus Buchholz und damit nur ein halbes Jahr kürzer dabei, als der Verein existiert. Die Hälfte seiner Lebenszeit hat Heise, der seit elf Jahren Erster Vorsitzender ist, somit der Schauspielerei geschenkt. Am Sonntag, 30. September, könnte man deshalb nicht nur das 30-jährige Bestehen der Steenbeeker mit einem Festprogramm feiern, sondern auch die knapp 30-jährige Mitgliedszeit von Gunther Heise.

So weit würde der Sprötzer aber gar nicht gehen wollen, denn für ihn steht nur das Theater und die plattdeutsche Sprache im Mittelpunkt. Knapp 60 Mitglieder zähle der Verein heute, vom Bühnenbauer über den Choreografen bis zum Kostümschneider, sagt er. Zwei Produktionen pro Jahr seien gesetzt, im Frühjahr ein plattdeutsches Stück und im Winter das Weihnachtsmärchen.

Die Proben, zwei- bis dreimal die Woche, sind dabei für alle Beteiligten eine ernsthafte Angelegenheit. De Steenbeeker sehen sich nämlich nicht als schlichte Laientruppe, die den klassischen Bauernschwank auf die Bühne bringt, sondern als Schauspieler mit Ambitionen. "Wir spielen in der Empore in einem gemeinsamen Aboblock mit dem Hamburger Ohnsorg-Theater, da müssen wir den Leuten schon etwas bieten", sagt Heise. Dennoch weiß er, dass die Schauspielerei für die Vereinsmitglieder nur ein Hobby ist und deshalb der Spaß an der Sache nicht verloren gehen darf.

Dieser Spagat, den wohl alle Vereine meistern müssen, dürfte auch den neun Gründungsmitgliedern der Steenbeeker vor 30 Jahren bewusst gewesen sein. Ihr Ziel war es, die plattdeutsche Sprache zu fördern und zugleich die Freude am Spiel zu pflegen. Auch in Buchholz sollte das möglich sein, denn alle neun Gründungsmitglieder hatten zuvor bei der Hittfelder Speeldeel mitgemacht.

Weil einer von ihnen aus Steinbeck kam und der damalige dortige Ortsbürgermeister Johann Kroll der Truppe den Keller der Grundschule als Proberaum anbot, kam der Name "De Steenbeeker" zustande. Heute proben sie zwar in den ehemaligen Räumen der DLRG am Holzweg, aber immerhin ist das Gebäude im Besitz der in Steinbeck ansässigen Buchholzer Stadtwerke. Es sei also in gewisser Weise ein Steinbecker Unternehmen, das ihnen die Räume stelle, sagt Heise mit einem Augenzwinkern. Und deshalb prange auch die Plakette "Steinbeck-Meilsen - Ständige Vertretung" neben der Eingangstür.

"De rode Ünnerrock" wurde die erste Produktion der Plattsnacker, es folgten jedes Jahr weitere, die sie auf den Bühnen des Landkreises Harburg, aber auch in Altona oder Wilhelmsburg aufführten. "Wir hatten Kontakte zu den Leuten vor Ort, und so konnten wir dort auftreten", erzählt Heise. Heute sei dieser Aufwand kaum noch möglich, weshalb die Empore sozusagen zur zweiten Heimat der Steenbeeker geworden ist. Dort geben sie im Dezember neun Vorstellungen des Weihnachtsmärchens - auf Hochdeutsch, um ein breiteres Publikum ansprechen zu können. Diese Vorstellungen, das gibt Heise unumwunden zu, dienten dazu, dass sich der Verein finanziell tragen könne und neue, jugendliche Mitglieder gewinne. Mit den plattdeutschen Stücken allein sei das nicht möglich.

Auch auf das veränderte Freizeitverhalten der Vereinsmitglieder müsse man immer mehr Rücksicht nehmen. "Früher war eine Probe schon ab 18 Uhr möglich", erinnert er sich. Heutzutage sei das undenkbar, weil viele dann entweder noch bei der Arbeit sind oder andere Aufgaben erledigen müssen. Geprobt wird deshalb ab 20 Uhr. "Wenn wir häufiger sagen würden, am Wochenende müssen wir noch mal extra ran, macht bald keiner mehr mit."

Das bestätigt auch Wolfgang Schnitter, seit zwei Jahren bei den Steenbeekern im Boot und zuvor viele Jahre in Nenndorf bei den dortigen Theaterleuten dabei. "Das Proben ist eine intensive Zeit, die man mit anderen Sachen gar nicht mehr in Einklang bringen kann." Nachlässiger werden könne man aber auch nicht, denn das widerspreche dem Qualitätsanspruch, sagt der 61 Jahre alte Diplom-Volkswirt und Vorsitzende der Buchholzer Wirtschaftsrunde. Außerdem ist er sich sicher, dass bei vielen Platt sprechenden Theaterfreunden die Begeisterung der ersten Jahre, als sich in den 80er-Jahren viele Gruppen gründeten, abhandengekommen ist.

Hinzu kommt ein weiteres Problem: Die Zahl derer, die überhaupt Platt sprechen, wird immer kleiner. "Bereits in meiner Jugend war es so, dass ich nur mit meinen Eltern und Großeltern Plattdeutsch gesprochen habe", erzählt Gunther Heise. Im Freundeskreis war die Sprache tabu. Ob es die Steenbeeker denn auch noch in 30 Jahren gibt? "Da bin ich mir nicht sicher, es könnte schwierig werden", antwortet er ehrlich.

Die einzige Möglichkeit, das zu verhindern, sind aus seiner Sicht zeitgemäße Stücke. Nur dürfe man damit wiederum auch nicht übers Ziel hinausschießen, wie der Verein mit einer modernen Version des Gestiefelten Katers bei der Weihnachtsmärchen-Aufführung einmal leidvoll erfahren musste. Das Publikum habe massenhaft den Saal verlassen. "Danach mussten wir erst mal wieder Aufbauarbeit leisten."

Wie ihnen das gelingt, können die Zuschauer am 30. September von 11 Uhr an in der Empore überprüfen. Neben Musik, Sketchen und Aufführungen der Kinderbühne geben Gunther Heise und Wolfgang Schnitter als Comedy-Duo Heise & Schnitter ein Programm zum Besten, das sich auf Ereignisse aus Buchholz und Umgebung konzentriert und dabei auch die Kommunalpolitik aufs Korn nimmt.