Deutscher Chorverband vergibt seine Auszeichnung für sein Engagement beim Singen an den Kindergarten “Kleine Hexe“ in Maschen.

Maschen. Die vierjährige Josie trällert bereits während der Fahrt von Hittfeld nach Maschen die ersten Lieder aus dem Autoradio mit, ohne die Texte in englischer Sprache zu verstehen. Sie singt einfach so aus Spaß, weil es sie fröhlich macht. "Außerdem hilft es ihr, offener und selbstbewusster zu sein", sagt Josies Mutter Bianka Korupp. Sie glaubt, das Auswendiglernen von Texten und das Merken von Melodien und Rhythmen helfe ihrer Tochter später auch einmal beim Lernen in der Schule. Daher hat die Mutter Bücher mit modernen Liedtexten angeschafft. "Josie mag aber nur die Lieder singen, die sie von ihrer Großmutter oder aus dem Kindergarten kennt."

Josies Kindergarten "Kleine Hexe" in Maschen hat für sein "Engagement für tägliches und kindgerechtes Singen und Musizieren" am Dienstagnachmittag das Felix-Siegel des Deutschen Chorverbandes verliehen bekommen. Das entsprechende Schild mit dem Singvogelsymbol bekam das Haus jetzt bei einer Feierstunde mit Maschens Ortsbürgermeisterin Angelika Tumuschat-Bruhn überreicht. Die Auswahlkriterien für die Kindergärten und -tagesstätten sind, dass die Erzieher dort einerseits täglich mit den Kindern singen und dabei Rhythmusinstrumente und Tänze einbauen und andererseits Tonart und Liedauswahl an die kindliche Stimme anpassen. Außerdem müssen die Bewerber Musik aus anderen Kulturkreisen integrieren und sie öffentlich präsentieren.

Bei dem kleinen Festakt in Maschen war beispielsweise ein Kinderlied aus Simbabwe zu hören. Bei "Chili Go Go Go" stellen sich die Kinder im Kreis auf, reichen sich die Hände und geben einen Stein als Spielzeug weiter. Ähnlich bunt gemischt wie in Maschen sind auch die Repertoires in den Liedermappen von zwei Dutzend weiterer Kindergärten in der Region.

"Im Landkreis Harburg gibt es bereits 25 Einrichtungen, die eine Felix-Plakette an der Hauswand prangen haben", sagt Wolfgang Brandenburg, Vorsitzender des Kreis-Chorverbands Harburg-Winsen. "Sie liegen über das gesamte Kreisgebiet verteilt." Bereits viermal ausgezeichnet wurde der DRK-Kindergarten Rottorf, in der Region einer der ersten Träger des Preises, der für jeweils drei Jahre verliehen wird. "In den vergangenen drei Monaten haben wir mit fünf Preisen besonders viele Häuser ausgezeichnet", sagt der Chorverbandsvorsitzende. Erziehern, die sich für das Felix-Projekt interessieren, bietet der Zusammenschluss von 46 Chören im Landkreis Harburg spezielle Seminare an.

Gemeinsam haben alle ausgezeichneten Kindergärten und Kitas, dass dort ein sehr starkes Gemeinschaftsgefühl herrscht. Deutlich wird das zum Beispiel dann, wenn die vierjährige Viktoria und der ein Jahr ältere Hugo mit verteilten Rollen das Lied "Kleiner Schelm bist du" singen und sich dabei abwechselnd einer der beiden auf den Rücken des anderen setzt, ohne seinem Spielkameraden wehzutun. Viktorias Lieblingslied ist aber "Liebe Sonne scheine doch", das die Kinder vorm gemeinsamen Gang in den hinter dem Haus gelegenen Garten singen.

Zur Begrüßung am Morgen singen Josie und ihre Freunde "Guten Morgen, Guten Morgen, Good Morning, Good Morning, Buenos Dias, Buenos Dias, Buongiorno, Buongiorno". Mit einem lautstarken "Happy Birthday to you" für die Geburtstagskinder werden die Drei- bis Sechsjährigen spielerisch an die erste Fremdsprache ihrer anstehenden Schullaufbahn herangeführt.

"Manche Lieder sind uralt", sagt Erzieherin Anette Kosakowski. "Aus meinen knapp 40 Berufsjahren kenn ich etwa 100 Kinderlieder." Während der vierjährige Neo aus Hittfeld mit einem geschnalzten "Nossa, Nossa" in Fantasieportugiesisch einen aktuellen, aus dem Radio bekannten Charterfolg von Michel Teló vertont, stimmt die gleichaltrige Lilly aus Maschen "Alle meine Entchen an". Ein Berufsleben als Sängerin kann sich Lilly sehr gut vorstellen. Spaß macht es ihr aber auch, Reime wie das Sonnenblumengedicht aufzusagen und ihrer Erzieherin Ulrike Sietas beim Vorlesen von Kindergeschichten zuzuhören. Trotz aller musischer Vorbildung strebt der vierjährige Mark aus Maschen dagegen keine Künstlerkarriere an. "Ich will Pilot werden", sagt er resolut.

Gegen zwölf Uhr nehmen die Kinder auf kleinen Holzstühlen im Wintergarten des zweigeschossigen Hauses am Freschenhausener Weg Platz. Zu essen gibt es an diesem Tag Königsberger Klopse mit Kartoffeln. Bevor die Gruppe auseinander geht, wird noch einmal "Alle Leut gehen jetzt nach Haus" angestimmt. Auf dieses Abschiedsritual der Drei- bis Sechsjährigen freut sich sogar ein zweijähriger Vierbeiner: Die schwarze Labradormischlingshündin Lotta, die den teilweise schrillen Gesängen sonst gelassen aus ihrer Schlafecke lauscht, springt auf, es ist Zeit für den Heimweg. Und Josie hat beim Einsteigen ins Auto schon wieder ein neues Lied auf den Lippen.