Ein neues Lern- und Kommunikationszentrum an der Technischen Universität Harburg eröffnet den Studenten viele neue Lernmöglichkeiten.

Harburg. Im ersten Stock des neuen Hauptgebäudes an der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) ist es ruhig. Junge Menschen sitzen über ihre Bücher gebeugt, manche reden leise miteinander und versuchen, sich gegenseitig den Lernstoff zu erklären. Wer den Flur des neuen Lern- und Kommunikationszentrums betritt, sieht auf einen Blick, welche der Räume bereits belegt sind. Denn neben den Türen befinden sich Fenster, die die Durchsicht ermöglichen.

Durch die Räume dringt Tageslicht bis in den Flur vor. Die ehemalige Kaserne wurde von 2010 bis vor wenigen Wochen renoviert und saniert. Entstanden ist eine "Symbiose aus historischen Elementen, verknüpft mit modernen Anforderungen", sagt Henning Tants, Geschäftsführer der Sprinkenhof AG, die die Bauarbeiten betreute. Der vier Millionen teure Bau des Zentrum wurde aus Studiengebühren finanziert.

Das Besondere an dem neuen Zentrum ist, dass es jeden Tag 24 Stunden geöffnet hat. Dafür haben sich die Studenten selbst eingesetzt. Maßgeblich beteiligt war hierbei der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA). "Wir sind stolz darauf, dass ein großer Teil des Gebäudes durch Studenten gestaltet wurde", sagt Carl Eißing, der Vorsitzende des AStA an der TU.

Ingenieurswissenschaft-Student Axel Engelhard meint aber, dass es noch längst nicht genügend Platz gibt. "Wenn alle Studenten die Räume nutzen würden, würde es nicht reichen". Der 21-Jährige trifft sich mit seiner Lerngruppe oft schon frühmorgens. Doch in den Klausurenphasen seien die Räume bereits um halb acht ausgelastet, klagt der Student aus Harburg. Trotzdem lernt Axel Engelhard am liebsten dort mit seinen Freunden, denn "geteiltes Leid ist halbes Leid", findet er. Außerdem könne man sich gegenseitig unterstützen und sei nicht so abgelenkt wie zu Hause, meint sein Kommilitone Nils Hagelstein, 23, aus Harburg.

Die Idee für das ganztägige Lernen hatte bereits der ehemalige Präsident der TU, Professor Doktor Edwin Kreuzer. Das Konzept stammt aus den Vereinigten Staaten und wird nach Angaben der Universität bisher in Deutschland nur an der TU angewandt. In den 18 Lernräumen stehen breite Tische, die viel Ablagefläche zum Schreiben, Lesen und Surfen bieten, WLAN gibt es natürlich auch. Den Studenten stehen nun rund um die Uhr 1000 Quadratmeter zusätzlicher Platz zum Lernen und Studieren zur Verfügung.

Für die derzeit 6000 Studenten sei dies auch dringend nötig gewesen, denn Teamarbeit sei für den Erfolg eines Studiums enorm wichtig, betont TU-Präsident Professor Garabed Antranikian. "Studierende sollen nicht wie Beamte agieren, sondern jederzeit Zugriff auf universitäre Einrichtungen haben. Deshalb ist die 24-stündige Nutzbarkeit der Studienräume nur konsequent", sagt Antranikian. "Als Verfechter der Internationalisierung war mir dieses Angebot auch persönlich sehr wichtig, weil es an vielen Universitäten im Ausland längst Usus ist."

Nur etwa ein Drittel der Studenten wohnt in der Nähe der Universität, wer weiter weg wohnt, dem bieten die Lernräume die Möglichkeit, auch zwischen den Vorlesungen konzentriert zu arbeiten. Pro Raum finden etwa fünf Studenten Platz, zusätzlich gibt es einen Computerraum und einen großen Multifunktionsraum, der auch für Kinovorstellungen genutzt werden kann.

Anders als in der Bibliothek dürfen die Studenten in den Räumen miteinander diskutieren und sich austauschen. Tag und Nacht überwacht ein Sicherheitsdienst Gebäude. "Damit ist der Mangel an Lernräumen zwar gelindert, nicht aber behoben", meint Pressesprecherin Jutta Katharina Werner.

Nach getaner Arbeit bietet ein großer Raum den Studenten die Möglichkeit, auf Sofas zu entspannen und sich zu unterhalten. Bei schönem Wetter kann das auch auf die Terrasse verlegt werden. Viel Zeit zum Faulenzen bleibt an der TU allerdings nicht.

In der Prüfungsphase trifft Studentin Mona Shargh sich oft von acht bis 20 Uhr mit ihrer Lerngruppe. Die Bauingenieursstudentin zieht es vor, tagsüber zu lernen, sie kennt aber auch Studenten, die nachts in den Räumen des Lern- und Kommunikationszentrums sitzen. Obwohl die 24-Jährige nur wenige Straßen entfernt wohnt, lernt sie lieber in der Uni, denn da "ist man nicht so abgelenkt", sagt sie.

Inzwischen können sich die angehenden Ingenieure ihr Studium gar nicht mehr ohne die neuen Lernräume vorstellen. Sie sind so beliebt, dass der Platz nicht immer reicht: Freunde von Mona Shargh haben um 7.20 Uhr schon einmal keinen Raum mehr bekommen. Bis 2014 will die TUHH daher das Zentrum erweitern.