Energiekonzern könnte wegen ausreichender Strommengen auf Kraftwerksbau in Stade verzichten. Pläne gab es seit September 2011.

Stade. E.on legt seine Kraftwerkspläne für Stade auf Eis. Laut Energiekonzern würden lediglich die beiden Werke in Datteln und in Rotterdam noch gebaut. Im Handelsblatt wird ein E.on-Konzernsprecher zitiert: "Wir planen vorerst für Westeuropa keine weiteren Gas- und Kohlekraftwerke mehr, weil der Markt sie nicht braucht. Der europäische Markt braucht bis 2020 über die derzeit laufenden Projekte hinaus keine neue Kraftwerkskapazität."

Die Stader Grünen rechnen nun nicht mehr damit, dass E.on ein neues Steinkohlekraftwerk in Stade baut. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will jetzt in einem Antrag an der Verwaltung der Hansestadt wissen, ob ein Vorhaben bezogener Bebauungsplan, den Stade gerade für das E.on-Kraftwerk ausarbeitet, überhaupt noch rechtlich zulässig sei. Ursprünglich wollte E.on das neue Kraftwerk am Standort des stillgelegten Atomkraftwerkes in der Nähe des Stader Hafens bauen.

"Auch unter städtebaulichen Gesichtspunkten ist es nicht akzeptabel, dass eine große und für Ansiedlungen attraktive Fläche für eine Planung, für die es offensichtlich keine Realisierungsabsicht gibt, über Jahre blockiert wird", sagt Reinhard Elfring von den Grünen. Im Stader Rathaus unterdessen sieht man die Angelegenheit gelassen. "Nach meinem Kenntnisstand hat E.on bislang noch nicht seine Pläne hier bei uns offiziell zurückgezogen. Wir arbeiten weiter an dem Bebauungsplan", sagt Dirk Kraska, Erster Stadtrat der Hansestadt Stade.

Anfang September 2011 hatte der Verwaltungsausschuss der Hansestadt grünes Licht für die beiden Bebauungspläne für das E.on-Kraftwerk und das Gaskraftwerk des Stader Chemiekonzerns Dow gegeben. Schnell hatte sich auch eine Allianz gegen die Kraftwerkspläne für Stade in Form der Bürgerinitiative Stade-Altes Land gegründet. Harsche Kritik an den Kraftwerk-Plänen äußerte vor einem Jahr auch der Verein Oxfam Deutschland. Sein Argument: Kohlekraftwerke seien nicht mehr zeitgemäß. Stades SPD-Bürgermeisterin Silvia Nieber hatte im vergangenen Jahr ihren Wahlkampf unter anderem darauf aufgebaut, Stade als Energiestandort erhalten und stärken zu wollen.

Das Gaskraftwerk der Dow ist inzwischen im Bau und könnte im kommenden Jahr bereits ans Netz gehen. Rund 300 Millionen Euro ist der Dow die Selbstversorgung mit Energie wert. Ursprünglich sollten drei Kraftwerke in Stade gebaut werden, aber der französische Konzern GDF Suez, ehemals Elektrabel, hatte seine Pläne schon früh auf Eis gelegt. Zieht jetzt auch E.on seine Pläne endgültig zurück?

Der Standort Stade war jedenfalls aus Sicht des Energie Erzeugers E.on ideal für den Bau eines Steinkohlekraftwerks: Die Fläche gehört E.on bereits. Die direkte Nähe zum Stader Hafen spart lange Anfahrtswege der Steinkohle auf den Schienen. Geplant war eine moderne Anlage mit 1100 Megawatt Leistung und einem Wirkungsgrad von rund 46 Prozent. Nach Angaben des Konzerns liege der Wirkungsgrad von anderen Steinkohlekraftwerken durchschnittlich bei 38 Prozent.

Die Grünen jedoch standen in der Vergangenheit immer auf dem Standort, dass Steinkohle als Energielieferant keineswegs in die von der Bundesregierung propagierte Energiewende hinein passt. Jetzt fühlen sich die Gegner des E.on-Kraftwerks durch die Aussagen aus dem Konzern bestätigt und hoffen darauf, dass das Thema vom Tisch ist.

Christian Drepper, Sprecher der E.on-Zentrale in Düsseldorf, bestätigt zwar die Aussagen seines Kollegen, dass E.on derzeit nur noch die beiden Kraftwerke im Ruhrgebiet und in den Niederlanden baue, rudert aber gleichzeitig zurück. "diese Aussage, die im Rahmen eines Pressegesprächs mit Kraftwerksexperten gefallen ist, hat keine Konsequenzen für Stade. Es ist auch richtig, dass wir derzeit europaweit ausreichende Kapazitäten haben, aber wir planen immer mehr Projekte, als wir später umsetzen", sagt Drepper. Ob ein Projekt, so der Konzern-Sprecher, am Ende tatsächlich gebaut werde oder nicht, entscheide sich in einer relativ späten Planungsphase. Derzeit lägen, so Christian Drepper, konzernintern lediglich zwei definitive Investitionszusagen für Datteln und Rotterdam vor.

Für den Standort Stade gebe es in der jetzigen Planungsphase keine definitive Zu- oder Absage. Auch eine mögliche Zeitschiene für eine Entscheidung für oder gegen Stade sei in der jetzigen Situation nicht zu treffen. "Die Aussage meines Kollegen ist völlig richtig, bedeutet aber nicht, dass alle anderen Werke damit automatisch auf lange Sicht abgesagt werden", sagt Christian Drepper.