Schüler des Wilstorfer Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums erforschen ihre Heimat. “Was war? Was ist? Was wird?“ sind die grundlegenden Fragen.

Harburg. "Was war? Was ist? Was wird?" sind die grundlegenden Fragen eines neuen Schulprojektes des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums in Wilstorf. Schüler des Kunst-Grundkurses erforschen in Begleitung ihrer Lehrerin Anke Hoyer den Harburger Binnenhafen und konzentrieren sich dabei auf diese drei Etappen.

Das Projekt begann kürzlich mit einer Führung des Helms-Museums zu den archäologischen Ausgrabungen an der Harburger Schloßstraße. "Was war?" konnte hierbei anschaulich erklärt und entdeckt werden. Verschiedene Funde und vor allem die Gesteins- und Erdschichten gaben Auskunft über Harburgs Historie.

Auch "Was wird?" lernten die 21 Schüler während dieses speziellen Kunstunterrichts. Die Hamburger Stadtplanerin Birgit Caumanns präsentierte den Binnenhafen von seiner modernen Seite. Der anspruchsvollste und zugleich ungewöhnlichste Teil des Projektes aber ist die ästhetische Erforschung des Hafens - was ist? Das Abendblatt war vor Ort dabei.

Was genau ihre Aufgabe ist, wissen die Schüler an diesem Tag noch nicht so genau, sie lassen sich aber zunächst auf die Erfahrung ein. Genau darum soll es laut Anke Hoyer gehen: den Hafen mit allen Sinnen zu entdecken, Stimmungen, Gerüche und Orte bewusst und detailliert wahrzunehmen.

Eine Gruppe von fünf Schülerinnen beispielsweise soll den bis vor kurzem noch betriebsamen "Mulchkran" erforschen. Als die Mädchen aufbrechen, sind sie eher skeptisch. "Warum?", fragen sie sich. Ihre Pausen zwischen den Stunden fallen weg. Der Unterricht sei anstrengend, und ein Projekt mache zwar Spaß, verursache aber auch zusätzlichen Stress, finden sie.

Zur Verfügung stehen so genannte Forschertüten, die Knete, Seile oder auch Absperrband enthalten. Die eigene Kreativität unter Zeitdruck zu entfalten, ist für manche schwerer als für andere. Vor allem die völlig neue Art des Unterrichts spaltet die Meinungen der Schüler.

Laura zum Beispiel ist an Geschichte eigentlich nicht sehr interessiert. Sie hat das Schulfach aus diesem Grund abgewählt und tut sich mit dem historischen Hintergrundwissen etwas schwer. Bei ihrer Mitschülerin Carina kommt das seit 2009 zum zweiten Mal durchgeführte Projekt hingegen gut an. Trotz der knappen Zeit fände sie es interessant. "Ich beschäftige mich gern mit dem Mittelalter und finde auch die Geschichte des Hafens spannend.", sagt die 17-Jährige. Was fast alle Mädchen aus der Gruppe gemeinsam haben, ist dass sie kaum etwas über ihr nächstes Umfeld wissen. "Die meisten wohnen hier in der Nähe, kennen sich aber im Hafen kaum aus.", sagt eine Mitschülerin. "Das Projekt ist eine gute Gelegenheit, das zu ändern."

Nachdem die Mulchkran-Gruppe ihrer Aufgabe anfänglich etwas ratlos gegenüberstand, bekommt sie Hilfe von ihrer Lehrerin. Abdrücke des Krans und sogar des sandigen Bodens werden gemacht. Diese Dinge können später in der Kulturwerkstatt zu kleinen Kunstwerken verarbeitet werden. In der Gruppe mangelt es nicht an Ideen, sondern lediglich an Motivation, diese umzusetzen. Schüler eines Gymnasiums sind heutzutage anscheinend nicht auf solche Herausforderungen eingestellt. Unterrichtsinhalte werden ihnen normalerweise in mehr oder weniger bequemen Portionen vorgesetzt. Selten ist Eigeninitiative gefragt. Anke Hoyer will diese Struktur zumindest punktuell durchbrechen und ihrem Kurs Abwechslung bieten. Mit dem Jahr der Künste rief sie das Projekt 2009 ins Leben, unter dem Strich mit Erfolg.

"Viele Schüler waren letztlich selbst überrascht, was sie alles angefertigt hatten.", so Hoyer. Auch Luisa, die an diesem Tag mit ihrer Gruppe in der Kunstwerkstatt arbeitet, findet das Projekt sehr gut. "Für mich ist es ein Ausgleich zu dem Stress, den man sonst hat", sagt sie und betrachtet stolz ihr gerade entstandenes Miniatur-Kunstwerk.

Ob das Projekt mit anderen Kursen in den nächsten Jahren erneut durchgeführt wird, ist noch unklar. Anke Hoyer und Birgit Caumanns würden sich jedenfalls freuen.