Tag der offenen Tür beim Segelflug-Club Fischbek: Das Abendblatt ist mit in die Luft gegangen und über die Fischbeker Heide geflogen.

Neugraben. Noch ist alles ruhig. Das Segelflugzeug mit zwei Sitzen liegt schräg auf der Seite, auf eine Tragfläche gestützt. Die Fischbeker Heide blüht in Nuancen von Lila. Die Sonnenstrahlen schaffen es an diesem Sonnabendvormittag nicht ganz durch die Wolkendecke. Ein leichter Wind weht von der linken Seite der Start- und Landebahn, das erfordert bei Start und Landung etwas mehr Arbeit. Das ist aber nichts Dramatisches.

Jens-Arne Reumschüssel, 38, geht noch einmal die routinemäßige Checkliste vor dem Start durch: Flugüberwachungsinstrumente okay, Bremsklappen verriegelt, Landeklappen okay, Ruder funktionieren. Dann gibt Reumschüssel das Zeichen zum Start. "Der ist ganz schön rasant, aber deshalb auch schnell vorbei", warnt er noch kurz. Dann zieht sich schon das Seil der einen Kilometer entfernt stehenden Winde stramm, und das Segelflugzeug schnellt nach vorne. Kurz darauf geht es in steilem Winkel den Wolken entgegen. Der Körper wird dabei durch die Beschleunigung stark in den Sitz gedrückt - bis sich das Seil der Winde ausklinkt, das Flugzeug freigibt und an einem kleinen Fallschirm gen Erde trudelt.

Aus der Vogelperspektive ergibt sich ein völlig neuer Blick auf die Fischbeker Heidelandschaft: eine von einzelnen Wanderwegen durchzogene, lilafarbene Fläche. Vereinzelte grüne, bewaldete Inseln. Hier und da eine braun-gräuliche Reihenhaussiedlung. Und über allem liegt Stille. Der Alltag rückt für einige Augenblicke in das Reich des Vergessens.

"An Tagen mit guter Sicht kann man bis zur Nordsee blicken. Leider ist es heute etwas diesig", sagt Reumschüssel, der seit fünf Jahren Vorsitzender des Segelflug-Clubs Fischbek ist. Seit 24 Jahren fliegt er. An sonnigeren Tagen könne man zudem länger fliegen. Dann heize die Sonne den Boden auf, wodurch warme Luft nach oben steige. Kreise ein Segelflieger in diesen mit "Thermik" bezeichneten Zonen, könne er die Flughöhe um einiges erhöhen - und stundenlang durch die Luft gleiten, ganz ohne Motor.

Nach wenigen Minuten macht Reumschüssel das Segelflugzeug jedoch schon wieder für die Landung bereit - die Thermiken fehlen an diesem Tag. Er fliegt eine weite Linkskurve, drückt die Flugzeugnase ein Stück nach unten, gleitet auf die Landebahn zu und setzt auf - etwas zu hart für seinen Geschmack. Ihm macht das nichts aus: Er betreibt Kunstsegelflug und ist extreme Situationen gewohnt. Trotzdem seien zu harte Landungen für die Flugzeuge nicht optimal.

Für Reumschüssel ist Segelflug pure Faszination. "Das Gefühl, ohne Motor in der Luft zu bleiben, ist einfach toll. Gleichzeitig ist es natürlich auch immer ein Kampf gegen alle Widrigkeiten." Da sei Können gefragt. Das mache für ihn den Reiz aus.

Auch Thomas Grabow, 48, hat im vergangenen Winter die Faszination Segelfliegen gepackt. "Ich wohne in Neu Wulmstorf und sehe oft die Segelflugzeuge über mein Haus gleiten", sagt er. "Irgendwie wollte ich das auch immer einmal machen. Meine Frau hat mich schlussendlich dazu überredet." Im vergangenen Winter habe er Theorie lernen müssen, seit dem Frühjahr habe er nun bereits 30 Übungsstarts und -landungen absolviert. Mit circa 30 bis 70 Stunden rechnet er noch bis zur Prüfung.

Er erinnert sich an eine Begegnung der ganz besonderen Art. "Einmal flog ein Habicht ganz dicht an mein Flugzeug heran", sagt Grabow. "Er hat mich böse gemustert und ist dann pfeilschnell nach unten geschossen, ganz als ob er mir zeigen wollte, dass er besser sei als ich."

Damit es zwischen menschlichen Fliegern keine riskanten Reibereien gibt, passt Alfred Anders, genannt Abbi, am "Tower" - einem mit Funk ausgestatteten Kleinlaster - auf den Flugverkehr auf. Piloten, die zu tief anfliegen, ermahnt er scharf. Vor allem am Tag der offenen Tür dürfe wegen der Gästeflüge nichts schiefgehen, auch wenn der Verein jedes Wochenende während der Saison Gästeflüge anbietet.