Die Kerzenmacherin Gabriele Blancke aus Jesteburg erfreut Hochzeitspaare, Geburtstagskinder und Täuflinge mit Unikaten aus Wachs.

Jesteburg. Gabriele Blanckes Pinnwand ist komplett zerlöchert, an dem großen hellgrünen Brett gibt es keinen Quadratzentimeter mehr ohne Spuren von Stecknadeln. Pins in allen Regenbogenfarben halten viele kleine Zettelchen. Was nach Chaos aussieht, hat System. "Schwarze Nadeln stehen für die Arche, Rot für den Leuchtturm, Weiß bedeutet keinen Hintergrund und Gelb steht für Elfenbeinfarben", sagt Gabriele Blancke. Sie spricht von den Aufträgen für ihre Kerzen und den gewünschten Motiven.

Gabriele Blancke gestaltet individuelle Kerzen mit Wachsmotiven für jeden Anlass, für Taufe, Hochzeit, Einschulung und Geburtstag. Jede Kerze ist ein handgefertigtes Unikat, keine gleicht der anderen.

Der Geruch von Wachs strömt bis vor Gabriele Blanckes Haustür. Kein Wunder, auf knapp 25 Quadratmetern lagert Gabriele Blancke bis zu einer Tonne Kerzen. Der Lagerraum ist zugleich Werkstatt und Büro, vor sieben Jahren parkte die Jesteburgerin hier noch ihr Auto: "Wo jetzt die Fenster sind, war damals das Garagentor." Anfangs arbeitete Gabriele Blancke in der obersten Etage ihres Hauses unter dem Dach, doch dort war es viel zu warm und das Wachs ließ sich nicht richtig verarbeiten. Unten, in der einstigen Garage, ist es auch im Sommer kühl, im Winter sitzt Gabriele Blancke bei 14 Grad Raumtemperatur im dicken Wollpullover am Tisch und schneidet Engel und Tauben aus Wachsplatten. "Der kühle Sommer in diesem Jahr ist für mich ideal, Hitze und Schwüle sind ein Grauen. Dann klebt das Wachs nicht, alles wird weich und matschig."

Es gibt so viel zu tun, dass Gabriele Blancke eine weitere Mitarbeiterin beschäftigt, die ihr hilft, die Motive auszuschneiden und auf die Kerzen zu kleben. Der Verkaufsschlager ist die Taufkerze "Arche Noah" mit Löwen, Elefanten, Giraffen und Mäusen aus Wachs. Die günstigere Taufkerze Sarah mit Blumenranken ist auch beliebt. Kleiner Preis, weniger Arbeit - diese Rechnung geht nicht auf. "Die Kerze Sarah ist eine ganz schöne Fummelarbeit. Ich muss die vielen kleinen Blätter alle einzeln ausschneiden." An die Beschriftung traut sich ihre Mitarbeiterin nicht ran, "das mache ich immer selbst." Sie legt Wert darauf, dass sie keine vorgefertigten Buchstaben oder Zahlen verwendet. "Wie soll ich denn einen langen Namen wie Maximilian auf den Fuß eines Leuchtturms schreiben, wenn die Buchstaben zu groß sind?" Also legt sie selbst Hand an. Aus dünnen Wachsfäden und mit einem Messer mit winziger, spitzer Klinge formt Gabriele Blancke Namen und Geburtstage - sauberer als manche Schönschreibschrift.

Eigentlich ist die 48 Jahre alte Gabriele Blancke Diplomkauffrau, in ihrem gelernten Beruf hat sie aber nie wirklich gearbeitet. "Ich muss mich kreativ austoben können." Darum machte sie noch zusätzlich eine Gärtnerausbildung und arbeitete als Floristin, nebenbei gab sie Bastelkurse für Kinder und fing vor über 15 Jahren an, für Familie und Freunde Kerzen zu gestalten. Irgendwann war die Mundpropaganda so erfolgreich, dass Gabriele Blancke seit mehr als sieben Jahren nichts anderes mehr macht als Kerzen. Inzwischen sind 95 Prozent aller Aufträge Bestellungen über das Internet.

Das Jahr ist gerade halb vorbei, mehr als 650 Aufträge hat Gabriele Blancke in den vergangenen sechs Monaten schon bearbeitet. Ein Auftrag bedeutet nicht gleich eine Kerze, viele Kunden bestellen gleich zwei, drei oder gar hundert Stück. "Mein erster großer Auftrag kam von einer Potsdamer Veranstaltungsagentur. Sie bestellten hundert Schwimmkerzen. Ich habe Tag und Nacht gearbeitet, per Hand Dochte geflochten und Kerzen gegossen." Ihre Kunden sitzen in ganz Deutschland, die meisten ihrer Aufträge kommen jedoch aus dem süddeutschen Raum, den katholischen Bundesländern. Die Kerzenmanufaktur läuft so erfolgreich, dass sie noch jemanden einstellen könnte, "aber in meiner Werkstatt ist einfach nicht genug Platz für drei."

Richtig Feierabend hat Gabriele Blancke nie. Der Sonnabend ist Tauchtag, dann werden die schneeweißen Kerzenrohlinge in Farbbäder getaucht, Blau für Himmel und Wasser, Grün für die Wiese. Manchmal sitzt sie noch abends vor dem Fernseher und schneidet kleine Fische aus blau glänzenden Wachsplatten aus. "Meine Familie nervt es manchmal, dass Beruf und Freizeit sich vermischen. Selbstständig heißt eben ständig", sagt die Mutter von zwei Kindern, der Sohn ist 16 Jahre alt, die Tochter 19. "Trotzdem war die Entscheidung goldrichtig. Ich bin mein eigener Chef und mache, was ich liebe", sagt sie und heftet einen neuen Zettel mit schwarzer Stecknadel an die Pinnwand.

www.gabis-kerzen.de