Urlaub in der Lüneburger Heide mit neuen Trends und einem prallen Programm: Reisende wollen in kurzer Zeit möglichst viel sehen.

Lüneburg. Die Urlauber aus Schleswig-Holstein genießen die Kutschfahrt durch die blühende Heide - auf einer romantischen Bank am Wegesrand wird kurz Halt gemacht und Torte gegessen. Gisela und Manfred Wohlert haben gerade mal zwei Tage für ihren Heideurlaub eingeplant. Da passt es gut, dass es seit dieser Saison die Törtchen im Glas gibt, zum schnellen Genuss in der freien Natur oder sogar während der Kutschfahrt.

Wie Ehepaar Wohlert aus der Nähe von Lütjenburg an der Ostsee machen es immer mehr Heideurlauber: Der Trend geht dahin, in kurzer Zeit möglichst viel zu sehen. "Da reisen Gruppen aus allen Teilen Deutschlands an, wollen nur zwei oder drei Tage bleiben und das Maximum erleben", erklärt Heide-Ranger Jan Brockmann aus Steinbeck/Luhe, der Programme für Gruppen entwickelt.

Auch Martina Klein, Touristikleiterin der Stadt Schneverdingen, macht diese Erfahrung: Vor allem Gruppen "haben immer weniger Zeit". Oftmals holten die Busfahrer den Butterkuchen vom Bäcker, um einen Stopp im Café einzusparen. Drei bis vier Stunden Fahrtzeit pro Strecke umfasse das Einzugsgebiet für Tagesgäste. Und die sind vielfach zwischen 70 und über 90 Jahre alt. Was an das Klischee von den Japanern erinnert, die in wenigen Tagen ganz Deutschland von Neuschwanstein bis zur Nordsee kennenlernen wollen, ist in der Heide längst Realität.

Doch nicht alle haben sich auf diese Entwicklung eingestellt, bedauert Martina Klein. Nach wie vor gebe es Vermieter, bei denen Gäste abgewiesen werden, weil sie zu kurz bleiben wollen. Unter einem Mindestaufenthalt von drei, fünf oder sogar sieben Nächten werden häufig die Zimmer oder Ferienwohnungen gar nicht vermietet.

"Das passt nicht mehr in die Zeit", kritisiert Martina Klein, während sich in der Tourist-Information die Gäste drängen: Da suchen Radler spontan eine Unterkunft für ein oder zwei Nächte, Kinder gucken die bunten Broschüren an, ein Paar lässt sich einen Stadtplan geben, andere Gäste wünschen Infos über Attraktionen und Ausflugsmöglichkeiten.

In der Lüneburger Heide "brummt" es in diesen Wochen, auch die Zahlen zeigen, dass die Region als Urlaubsziel wieder richtig gut dasteht: 2011 wurde mit über fünf Millionen Übernachtungen in der Heide das beste Ergebnis seit zehn Jahren erzielt, und auch für dieses Jahr rechnet Martina Klein für die gewerblichen Vermieter in Schneverdingen mit einem "deutlichen Plus". Für Ulrich von dem Bruch, den Geschäftsführer der touristischen Dachorganisation Lüneburger Heide GmbH, ist die Region sogar "der Wachstumsmotor des Tourismus in Niedersachsen". Über Jahre habe "Stillstand in der Heide geherrscht", doch in den vergangenen fünf Jahren sei die Zahl der Übernachtungen wieder deutlich angestiegen.

Der Beliebtheit scheint es auch nicht weiter zu schaden, dass in diesem Sommer die Heide zwar leuchtend lila, aber mancherorts etwas im Verborgenen blüht, weil die reichhaltigen Regenfälle nicht nur die Heidepflanzen, sondern auch Gräser wie die Drahtschmiele kräftig wachsen ließen. Ohnehin bietet die Heide ja mehr als nur Heide. Die Lüneburger Heide GmbH setzt in ihrer Vermarktungsstrategie deshalb auf Vielfalt - vom Freizeitpark bis zum Wellness- und Kulturerlebnis. Im Internet ( www.lueneburger-heide.de ) können sich Gäste ihre Lieblingsattraktionen aussuchen und als maßgeschneiderten "Privatkatalog" ausdrucken. Neu in dieser Saison sind die "Morning News": Bei vielen Gastgebern liegen auf den Frühstückstischen täglich aktualisierte Wetterinfos und Ausflugstipps aus. Groß im Kommen sind auch Touren mit E-Bikes, die mitgebracht oder ausgeliehen werden.

Auch wenn die Aufenthalte kürzer werden und die Gäste nicht schon wie früher im Urlaub gleich das Zimmer fürs nächste Jahr buchen, ist für Martina Klein auch ein Trend zurück zu den Wurzeln des Heidetourismus erkennbar. Jenseits der Hektik und Eile des Alltags rangiere der Wunsch, Ruhe und Erholung in der Natur zu genießen, nach wie vor ganz weit oben. "Den Schäfer und die Heidschnucken zu besuchen, das finden die Leute toll."

Die Kunden achten wieder auf Qualität und Komfort, sagt Martina Klein. Paare, die zuhause in getrennten Schlafzimmern nächtigen, buchen auch im Urlaub zwei Einzelzimmer. "Billig, billig" ist nicht mehr das Thema. Dafür werden Gastlichkeit und individuelle Angebote erwartet. Pensionsbetreiberin Helga Zehetmaier aus Schneverdingen hält für ihre Gäste kostenlose Snacks und Softdrinks bereit: "Das kommt gut an." Die meisten Buchungen bekommt sie über das Internet. "Die Gäste wollen radeln, wandern und die Heide kennen lernen, bleiben dafür aber gerade mal zwei, drei oder vier Tage, fünf Tage sind schon eine Seltenheit", sagt Helga Zehetmaier. So ist die Zeit knapp - der Grill im Garten steht unbenutzt herum, lieber bestellen sich die Gäste "eine schnelle Pizza aufs Zimmer".

Und das Törtchen im Glas? Entwickelt wurde die Idee von Bettina Meyer vom Heidekutschenunternehmen Meyer in Zahrensen und von Silvia Heinecker vom Café am Dorfteich in Schneverdingen. Die beiden kreativen Unternehmerinnen wollen darauf reagieren, dass die Gäste immer weniger Zeit in der Heide verbringen: Sie haben deshalb die Kutschfahrt und das Kaffeetrinken zu einem Programmpunkt zusammengefasst.

"Das kann in der nächsten Saison der Brüller werden, ich verspreche mir viel davon", so Touristik-Managerin Martina Klein. Den beiden Urlaubern von der Ostsee haben die Buchweizen- und die Heidelbeertorte auf ihrer Bank mitten in der Heide jedenfalls gut geschmeckt. Und wer noch mehr Zeit sparen möchte, kann die Törtchen auch während der Fahrt auf der Kutsche verspeisen.