Im Süden von Hamburger gibt es noch mehr als 1.000 freie Ausbildungsplätze. Jugendliche klammern sich an den eigenen Wunschberuf.

Harburg. Die Chance einen Ausbildungsplatz zu finden, ist für Jugendliche so gut wie lange nicht. Allein im Hamburger Süden gibt es aktuell noch 1098 freie Ausbildungsstellen. Viele neue Ausbildungsverhältnisse sind traditionell zum 1. August gestartet. Trotzdem ist es auch für dieses Jahr noch nicht zu spät. Wer noch nicht versorgt ist, sollte sich auch jetzt noch bewerben, raten die Arbeitsagenturen in der Metropolregion.

Andreas Schuhmann zum Beispiel sucht noch nach einem Auszubildenden. Der Geschäftsführer der Arnold Rückert GmbH Heizungstechnik und Sanitär mit Sitz in Wilhelmsburg schaut sich nach einem angehenden Anlagenmechaniker im Bereich Sanitär, Heizung und Klima um. Das Wilhelmsburger Unternehmen bildet seit mehr als drei Jahrzehnten selbst aus.

Der Geschäftsführer erwähnt mit Blick auf mehrere Landes- und Bundessieger nicht ohne Stolz die hohe Qualität der Ausbildung in seinem Haus. In diesem Jahr hat Schuhmann bereits fünf Auszubildende eingestellt, vier im gewerblichen Bereich und einen im Büro. Doch die Firma wächst. Mittlerweile zählt die Arnold Rückert GmbH mehr als 70 Mitarbeiter. Deshalb sollten in diesem Jahr erstmalig fünf Auszubildende im gewerblichen Bereich eingestellt werden. Aber: "Wir hatten sehr wenig Bewerber", sagt Schuhmann. Deshalb sucht die Firma weiter.

Der demografische Wandel führt dazu, dass sich die Situation auf dem Ausbildungsmarkt verändert. Unternehmen reagieren auf den drohenden Fachkräftemangel und bilden mehr aus als noch vor Jahren. Die Konsequenz: Es werden mehr Ausbildungsstellen angeboten. Weil aber gleichzeitig die Zahl der Bewerber vor allem in den nächsten Jahren zurückgehe, werde der demografische Wandel sogar noch spürbarer als heute, prognostiziert eine Sprecherin der Arbeitsagentur Lüneburg.

+++ Nur Ausgebildete haben Jobchancen +++

Doch schon jetzt gibt es viele Angebote für die Jugendlichen, die eine Ausbildung beginnen möchten. Im Bezirk Harburg sind derzeit noch 281 Ausbildungsplätze frei. Sönke Fock, Leiter der Hamburger Arbeitsagentur, sieht wegen der hohen Dynamik auf dem Ausbildungsmarkt noch große Chancen für die Jugendlichen. Die Kompromissbereitschaft der Ausbildungsbetriebe sei höher geworden. Das liege auch daran, dass es weniger Bewerber aus den angrenzenden Bundesländern gibt. Dennoch sei die erfolgreiche Suche für die Bewerber kein Selbstgänger.

Deshalb sollten auch sie Kompromisse eingehen und sich auch nach Alternativen zu ihren Wunschberufen umsehen. "Die Jugendlichen sollten offen sein für Alternativen", sagt auch Jeannette Hoffmann, Sprecherin der Arbeitsagentur Lüneburg. Im Bereich der Hauptagentur Lüneburg gibt es noch 310 unbesetzte Ausbildungsstellen. Hinzu kommen 288 freie Ausbildungsplätze im Landkreis Harburg.

Die meisten freien Ausbildungsstellen im Bereich der Lüneburger Arbeitsagentur gibt es im Hotel- und Gaststättenbereich, aber auch im Verkauf. Hoffmann rät den Bewerbern engen Kontakt zu den Berufsberatern zu halten, weil sich gerade in den ersten Monaten des neuen Ausbildungsjahres noch immer einiges bewege.

Im Landkreis Stade sind 210 Ausbildungsplätze noch nicht besetzt. Das liegt unter anderem daran, dass 17 Prozent mehr Stellen gemeldet wurden als noch im Vorjahr. Nach Ansicht von Stades Agenturchefin Dagmar Froelich gebe es hierfür zwei entscheidende Gründe. Erstens suchen Unternehmen händeringend Auszubildende für eine zukunftsweisende Personalplanung. Zweitens seien die Unternehmen zurzeit wirtschaftlich relativ gut aufgestellt und auch bereit auszubilden. "Die Chance auf einen Ausbildungsplatz ist so groß wie nie zuvor", sagt Froelich. Wegen der späten Sommerferien hat sich vor allem in Niedersachsen der Ausbildungsbeginn zum Teil nach hinten verschoben und das Schreiben von Bewerbungen lohnt sich noch.

Die Situation für potenzielle Auszubildende im Hamburger Süden scheint optimal. Allerdings hat der hiesige Ausbildungsmarkt auch eine Schattenseite. Es gibt zwar 1098 freie Plätze, gleichzeitig sind laut Agenturen in der Region aber auch 2301 Bewerber nicht versorgt. Der Hamburger Arbeitsagenturchef Fock spricht von einer "strukturellen Herausforderung". Angebot und Nachfrage würden nicht immer zusammenpassen. Aber wie kommt dieses Missverhältnis zustande?

Viele Jugendliche hätten einen Wunschberuf, der nicht mit dem vorhandenen Angebot zusammenpasst, sagt Stades Agenturleiterin Froelich. Viele Bewerber hätten sich zudem derart festgelegt, dass sie nicht bereit seien, über eine mögliche Alternative nachzudenken. Es gebe zwar mehr als 300 Ausbildungsberufe, bei den Wunschberufen reduziere sich das Spektrum jedoch auf etwa 20.