Anwohner sind gegen geplantes Wohnungsprojekt, das die Grenzen des Baustufenplans sprengt. Bauamt: Überschreitung tolerierbar.

Harburg. Mit einer von gut 375 Nachbarn unterzeichneten Liste haben Bewohner des Heimfelder Quartiers Alter Postweg, Konsul-Francke-Straße und Gildering beim Harburger Bauamt Einspruch gegen das Wohnungsbauprojekt "Heimfeld Terrassen" eingelegt, weil es in Höhe und Umfang die Grenzen des geltenden Baustufenplans "Heimfeld B69" von 1958 deutlich überschreitet. Statt der nach B-Plan erlaubten drei Geschosse soll ein Gebäudekomplex mit fünf Geschossen auf gut 150 Meter Länge entstehen, der Platz für mehr als 400 Menschen in 143 Wohneinheiten bietet, außerdem 135 Tiefgaragenstellplätze.

"Wir hatten uns vor dem Kauf unseres Reihenhauses vor zehn Jahren über künftige Bebauung in der Nachbarschaft erkundigt", sagt Gunda Arends, Anwohnerin vom Alten Postweg. Und Nachbarin Monika Berrier vom Gildering bestätigt, dass auch sie auf Nachfrage auf die dreigeschossige Bauhöhe im geltenden Baustufenplan hingewiesen worden sei. Monika Berrier ist von Beruf Architektin und mit der Materie vertraut. "Hier wird der Bogen deutlich überspannt", betont sie, "wir sind nicht gegen den Wohnungsbau, nur können wir die Baugröße überhaupt nicht akzeptieren."

+++ Kommentar: Klasse statt Masse für Heimfeld +++

Das wird auch in der Nachbarschaft so gesehen. Entsprechend schnell konnten Unterschriften gegen die zu hohe Bebauung gesammelt werden. "Wir würden von dem Komplex förmlich erschlagen werden", sagt Gunda Arends, "er würde bis auf 13 Meter Abstand an die vorhandene zwei- bis dreigeschossige Reihenhausbebauung in der Siedlung Heimfelder Berg heranrücken. So geht das nicht." Für die Planung ist der Bauinvestor, die Strabag Real Estate GmbH, zuständig, die für die geschäftliche Abwicklung des Bauprojekts die "Heimfeld Terrassen GmbH" gegründet hat. Gebaut werden soll auf einem früher vom Technischen Hilfswerk (THW) genutzten Grundstück mit Zufahrt am Alten Postweg. Die Liegenschaft war bislang in Bundesbesitz, sie stammt aus der Zeit der militärischen Nutzung als Scharnhorst-Kaserne/Standortverwaltung.

Der Harburger Baudezernent Jörg Heinrich Penner sagt, dass die von Anwohnern eingereichten und mit der Unterschriftenliste bekräftigten Einwände im Genehmigungsverfahren bewertet und berücksichtigt werden. Penner: "Ich will nicht ausschließen, dass der Plan geändert werden muss." Er sagt aber auch, dass die geplante, etwas versetzte Bauweise die tatsächliche Bauhöhe etwas zurücknehme. "Wir haben fünf Vollgeschosse, wobei das fünfte Geschoss bereits als Staffelgeschoss gewertet wird. Somit kann es kein zusätzliches Staffelgeschoss mehr auf die fünfte Etage geben. Wir zählen bei dem geplanten Neubau also vier Geschosse plus Staffelgeschoss. Das ist somit eine Etage mehr als der Baustufenplan gestattet. Unserer Meinung nach ist diese Überschreitung tolerierbar."

Die Anwohnerinnen Monika Berrier und Gunda Arends sehen mit der Wohnungsverdichtung massive Probleme auf die bisherigen Wohnquartiere zukommen. "Wir hatten hier bislang ein ruhiges Wohngebiet mit Spielstraßen und untergeordnetem Autoverkehr", sagt Monika Berrier, "das würden wir bei Durchsetzung der Bauplanung vergessen können." Und Gunda Arends malt sich aus, welche Folgen es haben könnte, wenn künftige Bewohner mit ihren Autos von der Tiefgarage in die Spielstraße hinein starten. "Hier gehen jeden Morgen mehr als 80 Kinder vorbei auf dem Weg zur Schule Grumbrechtstraße", sagt sie. "Ich halte die Situation für äußerst gefährlich. Unsere Spielstraßen verlieren bei so hoher Verkehrsbelastung ihre Bedeutung."

Monika Berrier erinnert daran, dass eine von der empirica-Forschungsgruppe im September 2011 vorgelegte Studie zum Wohnungsmarkt im Bezirk Harburg für das THW-Grundstück eine Bebaubarkeit mit 75 Wohneinheiten ausgewiesen habe. In der Untersuchung "Steckbriefe von Wohnungsbauflächen im Bezirk Harburg" waren Anfang dieses Jahres 100 Wohneinheiten als machbar angesehen worden.

+++ Heimfeld +++

"Nun sind 143 Wohneinheiten vorgesehen, womit das in den Studien ermittelte Potenzial grundlos um 50 beziehungsweise fast 100 Prozent überschritten wird", sagt Berrier. "In unmittelbarer Nähe werden an der Straße An der Rennkoppel Geschosswohnungsbau mit 83 Wohneinheiten und an der Grumbrechtstraße eine Seniorenwohnanlage mit 120 Wohneinheiten entstehen. Dies alles wird Einwohner- und Anlieferverkehr verursachen. Dafür ist schon jetzt der Platz knapp."

In einer Anwohnererklärung heißt es: "Die Anwohner begrüßen Wohnungsbau auf dem ehemaligen THW-Gelände. Es kann aber nicht sein, dass aufgrund der politischen Zielsetzung, jährlich 6000 neue Wohnungen in Hamburg zu bauen oder wegen finanzieller Investoreninteressen geltendes Baurecht missachtet wird und auf engstem Raum unzumutbare Verhältnisse geschaffen werden. Wir fordern die Beschränkung auf eine verträgliche Höhe von maximal drei Vollgeschossen."

Der Bauplan sieht einen Gebäudekomplex aus neun Mehrfamilienhäusern mit 119 Wohnungen als geschlossene vier- bis fünfgeschossige Bebauung entlang Gildering, Alter Postweg und Konsul-Francke-Straße vor sowie 24 Stadthäuser im Innenhof des geschlossenen Blocks - zweigeschossig plus Staffelgeschoss. Vier der neun Mehrfamilienhäuser und die Stadthäuser hätten Anschluss an den Gildering.