Das Dienstleistungszentrum an der Straße Am Soldatenfriedhof ist geschlossen. Das finanzielle Risiko war zu hoch geworden.

Harburg. Für viele Bedürftige aus dem Hamburger Süden ist es ein Schock: Das Harburger Dienstleistungszentrum an der Straße Am Soldatenfriedhof ist dicht.

"Wir haben die Räumlichkeiten zum 31. Dezember kündigen müssen. Das finanzielle Risiko ist zu hoch", sagt Gudrun Stefaniak, Geschäftsführerin der Beschäftigungsgesellschaft passage, die das Dienstleistungszentrum betreibt. Zehn Jahre lang war es der Anlaufpunkt für Menschen in prekären Lebensverhältnissen, die dort einen verbilligten Mittagstisch genießen und sich in Wohnungs- und Jobfragen beraten lassen konnten. Das Servicehaus bot außerdem Hilfe in Bewerbungsfragen sowie Internetzugänge und die Möglichkeit, Unterlagen zu kopieren.

"Wir haben erhoben, wie viele Harburger diese Angebote nutzen. Es sind jährlich 7000 Männer und Frauen", so Stefaniak. 70 Menschen, meist Langzeitarbeitslose, fanden hier im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten Beschäftigung. Das Ende der Einrichtung "ist für diese Leute und für viele Bedürftige ganz furchtbar", so Stefaniak.

Hintergrund der Entscheidung von passage ist, dass der Hamburger Senat nicht mehr genug Finanzen für die Eingliederung von Arbeitslosen zur Verfügung hat. Bundesmittel sprudeln nicht mehr so üppig, wie noch vor ein paar Jahren. So standen 2010 noch 184 Millionen Euro für diesen Zweck zur Verfügung. Dieses Jahr waren es zunächst etwa 100 Millionen Euro, allerdings hat die Bürgerschaft diese Summe per Beschluss noch um zehn Millionen Euro - zusätzliche Finanzen aus Berlin für die Eingliederung von Arbeitslosen - aufgestockt.

Im August dieses Jahres zog der Senat allerdings schon die Konsequenzen und kürzte die Ein-Euro-Jobmöglichkeiten von 6150 auf 3900 Stellen herunter - obwohl schon bekannt war, dass sich die Zahl derer, die langfristig keinen Job finden, erhöht hat.

Die zusätzlichen zehn Millionen Euro eröffnen indes die Möglichkeit, 500 zusätzliche Stellen für öffentlich geförderte Beschäftigung zu schaffen. Diese sollen nicht über ein Interessenbekundungsverfahren, sondern in direkter Einbeziehung der Bezirke vergeben werden. Wie viele Stellen Harburg bekommt, sei noch nicht sicher, sagt der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Sören Schumacher.

Und auch die Harburger Bezirksverwaltung ist ratlos. "Es wird ein Vergabeverfahren geben. Das entscheiden Jobcenter und Arbeitsagentur", sagt Holger Reinberg, stellvertretender Leiter des Sozialdezernats am Bezirksamt. Bislang habe Harburg für 2012 500 Ein-Euro-Stellen zugewiesen bekommen. "Damit gehören wir nicht zu den Verliererbezirken. Wenn nun aufgestockt wird - umso besser", so Reinberg. Ob kurzfristig entschieden wird, "wissen wir nicht", sagt Stefaniak, die massive Kritik am Jobcenter übt.

"Diese Einrichtung ist mit vielen Verwaltungsangelegenheiten überfordert. Vielleicht dauert es Monate, bis feststeht, wie viele Stellen Harburg erhält", sagt sie. Für das Servicehaus an der Straße am Soldatenfriedhof könnte es zu spät sein. Und nicht nur dieser Treffpunkt für arme Harburger ist gefährdet. "Wir werden uns wohl auch von unserem Hauptschulabschlussprojekt, das Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus schwierigen Lebensverhältnissen die Möglichkeit bietet, einen Schulabschluss zu erhalten, trennen müssen", sagt die passage-Geschäftsführerin. Auf der Kippe stehe auch der Fortbestand der Wilhelmsburger Kleiderkammer.

Für 2012 habe die Beschäftigungsgesellschaft nur sieben Stellen bewilligt bekommen, "viel zu wenig", so Stefaniak. Denn bislang arbeiten hier 40 Männer und Frauen, kümmern sich um die gebrauchten Textilien und verteilen sie an verschiedenen Ausgabestellen im Hamburger Süden.

Gesichert hingegen seien der Betrieb des Freibads Neugraben und das Projekt B 73, ehemals ZuArbeit, das Langzeitarbeitslosen Beschäftigung bietet, sagt Stefaniak. Sie bemüht sich derzeit, mit einem anderen Träger im Rahmen einer Kooperation das Servicehaus doch noch zu retten. Stefaniak: "Dieser Einrichtung sind 25 Stellen zugesagt worden."

Gudrun Stefaniak hofft, dass es von Seiten der Behörden nicht nur bei Lippenbekenntnissen bleibt. (abendblatt.de)