Neu Wulmstorfs SPD macht Sparvorschlag und überrascht damit sogar den Gemeinde-Kämmerer. 250.000 Euro werden für Notzeiten beiseite gelegt.

Neu Wulmstorf. Bei den Haushaltsberatungen überrascht die SPD in Neu Wulmstorf mit einem Vorschlag, den die meisten Menschen der Politikerkaste nicht mehr zugetraut hätten. Obwohl die Gemeinde deutlich mehr Steuern einnehmen wird, will die stärkste Fraktion im Gemeinderat freiwillig auf die Möglichkeit verzichten, ihrer Klientel Geschenke zu machen. Statt die etwa 700 000 Euro sofort auszugeben, die der Rat in diesem Jahr für Schwimmbäder, Spielplätze oder Sportvereine investieren könnte, hat die SPD im Rat beantragt, 250 000 Euro für Notzeiten auf das Sparbuch beiseite zu legen.

Von so viel Weitsicht zeigt sich selbst Neu Wulmstorfs Kämmerer und Erster Gemeinderat Jörg Schröder, normalerweise Mahner zur Ausgabendisziplin, erstaunt. Eigentlich hatte er ganze Arbeit geleistet und einen ersten Haushaltsplanentwurf mit 40 000 Euro Überschuss vorgelegt - eine komfortable Ausgangslage für den Start der Haushaltsgespräche. Den Sozialdemokraten ist das nicht genug: Am Ende soll eine Viertel Million Euro übrig bleiben.

Der SPD-Antrag hat gute Chancen, angenommen zu werden. Im Finanzausschuss hat die Unabhängige Wählergemeinschaft das Spardiktat unterstützt. CDU und Grüne haben noch Beratungsbedarf, weil sie von der SPD überrascht wurden. Die Sozialdemokraten hatten ihren Antrag nicht wie normalerweise üblich den übrigen Fraktionen vorab zukommen lassen, sondern als Paukenschlag in der Sitzung präsentiert.

Erstes Opfer der Ausgabenkürzungen dürfte die Gemeindebücherei sein. In der Vergangenheit stets von der SPD unterstützt, soll die Bibliothek nicht 2012, sondern erst ein Jahr später einen neuen Teppichboden und Ausleihtresen erhalten. Die dafür vorgesehenen 50 000 Euro kommen auf das Sparbuch der Gemeinde.

Bequem sei das nicht, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Tobias Handtke, weder für die eigene Partei noch für die übrigen Fraktionen. Aber wegen der ungewissen wirtschaftlichen Entwicklung könne die Politik doch gar nicht anders, sagt er. Die Entscheidung, auf Geld für Bürgerwünsche zu verzichten, sei auch in der SPD-Fraktion durchaus kontrovers diskutiert worden. "Wir haben aber nicht das Problem, dass wir Wahlversprechen erfüllen müssen", sagt Tobias Handtke, "weil wir nichts versprochen haben, was finanziell nicht darstellbar ist."

Deutlich gestiegene Steuermehreinnahmen versetzen die Gemeinde Neu Wulmstorf in die Lage, Geld für schlechte Zeiten zurückzulegen. Kämmerer Jörg Schröder erwartet 2012 insgesamt 18,9 Millionen Euro Steuermehreinnahmen - das sind drei Millionen Euro mehr als im Vorjahr, die zur Verfügung stehen.

Die neuen Gewerbegebiete in Mienenbüttel und nördlich der Bahn in Neu Wulmstorf würden mit zu den Einnahmen beitragen, sagt Jörg Schröder. Gewerbesteuer bringt der Logistikpark an der Autobahn1 offenbar noch nicht ein. Die Gemeinde, so der Kämmerer auf Nachfrage, habe die berechtigte Hoffnung, dass aus dem Gewerbegebiet in Mienenbüttel bald Steuern gezahlt werden.

Mehr Einnahmen bedeuten gleichzeitig, dass das Land den Finanzausgleich kürzt. Insgesamt 700 000 Euro Umlagen muss die Gemeinde an den Landkreis und das Land zahlen. Am Ende bleiben etwa 700 000 Euro, die der Gemeinderat für Jugend, Soziales und Sport ausgeben könnte.

Die Verwaltung hat den Ratspolitikern aufgelistet, welche Investitionen sie 2012 für notwendig hält und welche der Rat bereits beschlossen hat. Als beschlossene Sache gilt die Anschaffung eines neuen Drehleiterfahrzeugs für die Freiwillige Feuerwehr (850 000 Euro). Die Kindertagesstätte Stieglitzweg in Neu Wulmstorf erhält eine Krippe (160 000 Euro).

Im Neubaugebiet "Apfelgarten" wird darüber hinaus ein neuer Kindergarten entstehen. Mit 70 000 Euro startet Neu Wulmstorf ein Programm zur Sanierung seiner Spielplätze, das über mehrere Jahre laufen wird. Als erstes profitieren die Spielplätze Marienburger Straße, Ernst-Peters-Straße, Seevering und Wümmering davon. Der Kreisverkehr an der Bahnhofstraße/Konrad-Adenauer-Straße, bisher ein Provisorium, wird endgültig gebaut (135 000 Euro). 25 000 Euro gibt es für schnelles Internet in den Ortschaften Rade und Rübke.

Wegen "unerwartet guter Einnahmen aus den verschiedenen Steuertöpfen" will die CDU den Bau eines zusätzlichen Kunstrasenplatzes (495 000 Euro) in Elstorf schon 2012 realisieren - drei Jahre früher als vorgesehen. Beim Neubau einer Sporthalle in der Breslauer Straße schlägt die CDU vor, am bislang angedachten Zeitplan festzuhalten. Baubeginn wäre demnach erst im Jahr 2014.

Mit ihrem Antrag geht die CDU auf Konfrontation zur SPD: Die Sozialdemokraten setzen die Prioritäten bei der Sportförderung anders: erst die Sporthalle, dann der Kunstrasenplatz. Ein Vorziehen der Investition passt auch nicht zur Strategie, jetzt das Sparschwein der Gemeinde für schlechte Zeiten zu füllen.