Sieben befristete Stellen laufen im Jahr 2013 aus. Ein Abbau von Hausbesuchen und Sprechstunden würde vor allem Bedürftige treffen.

Harburg. Gudrun Perlbach vom Mütterberatungsteam Harburg und Süderelbe verteilt mit ihrer Kollegin Zisan Yildirim weiche Matten mit Teddy-Aufdrucken auf die großen weißen Tische im Heimfelder Treffpunkthaus an der Friedrich-Naumann-Straße. Dann legt sie ein weiches rotes Frotteetuch zur Babywiege. "Hier können die Eltern unter anderem herausfinden, ob ihr Kleinkind das richtige Gewicht hat ", sagt sie.

Mütter wie Olinka B., die mit ihrer sieben Monate alten Tochter Lucia ins Treffpunkthaus gekommen ist, sind froh über die Hilfe der Kinderkrankenschwester. "Ich kann Fragen stellen, wenn ich mir im Umgang mit Lucia unsicher bin", sagt die Heimfelderin. Und so erhält sie Tipps, wie sie das kleine Mädchen optimal ernähren sollte, wie sie es beruhigen kann, wenn sie mal weint, und sie könnte an Babymassagekursen teilnehmen.

Zehn Mitarbeiter, darunter eine Hebamme und eine Ärztin, nehmen sich der Nöte und Sorgen von Eltern und Babys an, helfen bei Wochenbettdepressionen und bieten Stillberatung. Sprechstunden gibt es nicht nur in Heimfeld, sondern unter anderem auch im Phoenix-Viertel an der Baererstraße 34 (mittwochs, 10 bis 11.30 Uhr), in Eißendorf, Lühmannstraße 13 b(freitags 9.30 bis 10.30 Uhr) und in Neuwiedenthal am Rehrstieg (dienstags 10 bis 11.30 Uhr).

Noch. Denn jene zehn Stellen, die im Gesundheitsamt Harburg für die Mütterberatung 2008 eingerichtet wurden, rekrutieren sich aus Mitarbeiterinnen des ehemaligen Allgemeinen Krankenhauses Harburg, die beim Verkauf der Einrichtung an den neuen Betreiber Asklepios nicht übernommen wurden. Nur drei Stellen gehören zum Harburger Gesundheitsamt, die restlichen Arbeitsplätze, darunter ausgerechnet jene von hoch qualifizierten Kinderkrankenschwestern und Hebamme, sind bis zum 31. Dezember 2013 befristet.

"Das war damals die Vereinbarung mit dem Senat und daran müssen wir uns halten, zumal entsprechendes Geld nach Ablauf der Frist nicht mehr zur Verfügung stehen wird", sagt Sozialdezernent Holger Stuhlmann.

Für CDU-Kreischef Ralf Dieter Fischer ist dies ein Skandal: "Die CDU wird das nicht mitmachen. Wir brauchen das Beratungsangebot, das sich dank der qualifizierten Kräfte auf einem hohen Niveau befindet", sagt er. Vernachlässigungsfälle könnten durch die engagierte Arbeit der Mitarbeiterinnen aufgefangen werden.

Das bestätigt Gudrun Perlbach. "Wir lernen die Menschen und ihre Kinder sehr gut kennen."- Das sei in einem Brennpunktstadtteil wie Harburg sehr wichtig. So besuchen im Phoenix-Viertel durchschnittlich bis zu 50 Eltern die Sprechstunden. "Schreckliche Fälle wie der tragische Tod der verhungerten Lara Mia wollen wir verhindern", sagt sie. Andocken, wo Hilfe nötig ist, Familien bei Problemen helfen - das ist auch das Anliegen von Ärztin Gunhild Muras. "Nicht nur Eltern aus prekären Lebensverhältnissen kommen zu uns. Auch Mütter und Väter, die keine Geldprobleme haben, brauchen unsere Hilfe", sagt Muras. Denn in jeder Familie sei die Geburt eines Kindes ein besonderes Ereignis, "das mit so vielen Wünschen und Hoffnungen verbunden ist. Eltern wollen alles richtig machen", sagt die Ärztin. Der Weg zur Harburger Mütterberatung falle vielen leicht, "weil wir eben nicht vom Jugendamt zur Kontrolle der Familien engagiert wurden, sondern Eltern unterstützen wollen."

Auch Andrej und Detriana Serebryannikov mit ihren Söhnen Miroslav und Andrej haben keine Bedenken, zur Mütterberatungsstelle nach Heimfeld zu gehen. "Wir sind zum ersten Mal hier, wollen wissen, ob Baby Miroslav das richtige Gewicht hat und worauf wir sonst noch achten müssen", sagt Vater Andrej Serebryannikov. Physiotherapeutin Birte Schwartzkopff schaut sich den Kleinen an, bewegt seine Ärmchen.

"Es ist schon ein Glück für Harburg, dass hier so viele Fachkräfte für die Eltern zur Verfügung stehen", sagt die GAL-Bezirksversammlungsabgeordnete Heinke Ehlers. Das sieht die junge Mutter Olinka B. genauso: "Gut, dass es dieses Team gibt. Ich wüsste nicht, an wen ich mich sonst wenden könnte."

Auch in anderen Bezirken, wie Mitte, wird das Thema ernst genommen. Hier kümmern sich nach Angaben von Behördensprecher Lars Schmidt von Koss sich acht Krankenschwestern und fünf Ärzte sowie weitere Hilfskräfte um das Thema Mütterberatung.

Harburgs Sozialdezernent Holger Stuhlmann will deshalb das Harburger Modell aufrechterhalten. "Wir haben nun zwei Jahre Zeit, um Kooperationen mit Trägern aufzubauen, um auf diese Weise das Personal vielleicht ersetzen zu können", sagt er.

Die SPD-Mehrheitsfraktion in der Bezirksversammlung "will sich darum bemühen, dass wir die Mütterberatung in der Form, in der sie jetzt besteht, auch längerfristig installieren können. Die Folgekosten sind sonst nicht abzusehen", sagt SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath.

Darauf setzt auch Ärztin Gunhild Muras. "Wir können mit weniger Mitarbeiterinnen kaum noch Hausbesuche machen und keine Sprechstunden in dem Umfang vorhalten, in dem wir es jetzt tun. Und wir müssten uns dann immer fragen, welche Frauen unsere Hilfe am nötigsten brauchen." Eine bittere Auswahl, die sie nicht treffen möchte.

Die Hamburger Mütterberatungsstellen bieten mit Sprechstunden, Hausbesuchen und Info-Veranstaltungen ein vorbeugendes Beratungsangebot für Eltern von Säuglingen und Kleinkindern an. Es geht unter anderem um Fragen zur Ernährung und Pflege sowie zu Schutzimpfungen. Außerdem koordinieren die Mitarbeiter weiterführende Hilfen.