Sechstklässler gestalten zusammen mit einem Garten- und Landschaftsbauer das Objekt “Heimat“ für die Gartenschau 2013.

Wilhelmsburg. Selbst ist die Schülerin. Mit einem Zollstock in der rechten Hand misst die Sechstklässlerin Lisa, 11, den Abstand zwischen zwei Brettern auf dem Schulhof der katholischen Bonifatiusschule in Wilhelmsburg. Auch Amanda, 12, und Chinazam, 11, aus der 6b haben sich Zollstöcke geschnappt und messen die Höhen. An diesem Vormittag müssen die Schüler der 6b nicht im Klassenraum büffeln. Der Novembertag ist trocken, und es steht praktische Arbeit für die Sechstklässler auf dem Programm: Sie bauen mit dem Garten- und Landschaftsbauer Jan Becker, 48, einen Holzsteg.

Der Holzsteg ist der Prototyp für ein wegweisendes Projekt der Internationalen Gartenschau (igs), die im April 2013 ihre Pforten öffnet und rund 2,5 Millionen Besucher zu dem Mega-Ereignis auf der Elbinsel erwartet: "In 80 Gärten um die Welt" heißt das Motto der igs - und zwei der 80 Gärten werden Schüler des Multi-Kulti-Stadtteils Wilhelmsburg bauen, in Zusammenarbeit mit Garten- und Landschaftsbauern.

Die Schüler der "Boni"-Klasse 6b werden im März 2012 mit den Profis die 200 Quadratmeter große Fläche in der Nähe des Kuckucksteiches vorbereiten. Im Juli werden sie dann Holzstege und Hochbeete bauen, im Oktober Stauden, Gräser und Getreide pflanzen. Einen Namen hat der igs-Garten auch schon: "Heimat". Der zweite Schülergarten wird den Namen "Sit Down" tragen. Diesen Garten zum Sitzen werden Achtklässler der "Boni" und Siebtklässler der Stadtteilschule Wilhelmsburg gestalten.

Ein Teil der Sechstklässler ist an diesem Vormittag im Interkulturellen Garten Wilhelmsburg am Veringkanal aktiv. Gemeinsam mit Gartenfrauen ziehen sie Stockrosen, türkischen Kohl, Knoblauch, Rote Bete, Erdbeerpflanzen und Karotten aus der Erde - später pflanzen sie die Gewächse auf dem Schulhof der Bonifatiusschule ein. "So können sich die Schüler auf die Pflanzungsarbeiten im nächsten Jahr vorbereiten", sagt Astrid Höhne, 44, igs-Koordinatorin für Freiraumplanung. Die Klassenlehrerin der 6b, Stephanie Märtens, 37, zieht derweil auf dem Schulhof eine positive Zwischenbilanz des Projekttages: "Völlig losgelöst vom Unterricht sind meine Schüler aktiv in der Planung, suchen Pflanzen aus und arbeiten zusammen. Diese Fähigkeiten kann man gut in den Unterricht übertragen." Zweieinhalb Jahre wird das Projekt zwischen der Schule und der igs dauern. "Danach wissen die Schüler sicherlich, was ein Garten und eine Blume ist", sagt Märtens.

"Wir hoffen, dass die Schüler sich auch nach Ablauf der Gartenschau für ihren Garten verantwortlich fühlen und ihn pflegen", sagt igs-Projektkoodinatorin sHöhne. "Es wäre schön, wenn auch über Ende 2013 hinaus Patenschafen für den Park entstehen."

Wichtig sei der igs, mit den Bewohnern des Stadtteils zusammenzuarbeiten - so sei die Idee der "Beteiligungsgärten" entstanden. "Auf der größten Flussinsel Europas leben rund 50 000 Menschen aus über 100 Nationen. Knapp die Hälfte von ihnen hat einen Migrationshintergrund. Der Anteil der unter 18-Jährigen liegt bei über 22 Prozent", sagt die igs-Koordinatorin Bildung, Ulrike Müller. "Die Bevölkerungsstruktur des Stadtteils trägt eine außergewöhnliche kulturelle Vielfalt in sich. So ergibt sich eine produktive Mischung internationaler Vernetzungen."