Das Harburger Traditionsgeschäfte gilt als Institution. Wie sich der Eisenwarenhandel Kock & Sack für seine 100-Jahr-Feier rüstet.

Harburg. Alteingesessene, inhabergeführte Geschäfte - es gibt sie noch in Harburg. Oft sind es Familienbetriebe mit einer jahrzehntelangen Tradition. Sie erzählen Geschichten von Kaufleuten, die ihre Kunden noch persönlich kennen, vom Glauben an eine besondere Idee, von der Liebe zum Detail. Aber auch vom schleichenden Niedergang einer Verkaufskultur, die sich im Zeitalter der Shopping-Center und Großmärkte immer schwerer behaupten kann.

Über einen Künstlernamen hat Fernsehstar Kai Pflaume nach eigenem Bekunden nie nachgedacht. Nach Hänseleien in der Schule hätte er sich früher mal bei seinem Großvater beschwert, worauf dieser geantwortet habe: "Mein Junge, es gibt keinen Witz auf dieser Welt, der über diesen Namen nicht schon gerissen worden wäre." Ähnlich locker sehen das auch die Nachfahren von Gustav Sack. Der gründete 1913 mit seinem Schulfreund Fritz Kock die Firma Kock & Sack. Bis heute handelt sie vornehmlich mit Eisenwaren - und behauptet sich auf diesem hart umkämpften Markt prächtig.

"Der Name ist doch ein Segen. Der ist so doof, den behält man wenigstens", sagt Christian Sack (51), Enkel von Firmengründer Gustav Sack und einer der beiden Geschäftsführer des Unternehmens. Der andere, Marcel-Gustav (28), gehört als Urenkel gar schon der vierten Generation an. Seit Anfang November verantwortet der gelernte Speditionskaufmann als Sales Manager den Großhandelsbereich der Firma, in der noch vier weitere Nachfahren der Sack-Linie aktiv sind. "Es gibt hier genug alte Säcke, da kann ein wenig junges Blut nicht schaden", so der Juniorchef.

Kock & Sack gilt als Institution in Harburg, was für Marcel-Gustav Sack Verpflichtung und Herausforderung zugleich ist. Immerhin zählt die Firma zu den zehn ältesten Unternehmen am Platze. Als es vor 98 Jahren in der Moorstraße gegründet wird, gehört der allererste Budnikowsky-Laden in der Mühlenstraße, dem heutigen Schlossmühlendamm, zu den Nachbarn.

Nach dem Zweiten Weltkrieg zieht Kock & Sack an den Kleinen Schippsee 13. Dort, etwas versteckt und für Ortsunkundige nicht eben leicht zu finden, befindet sich noch heute die Firmenzentrale mit dem antiquiert wirkenden Eisenwarenladen.

Bis Mitte der 70er-Jahre läuft dort das Hauptgeschäft der Sacks. Die Ende der 60er-Jahre den einzigen Kock-Erben, einen Zahnarzt, ausgezahlt haben. Im Obergeschoss des zweistöckigen Baus gibt es bis weit in die 80er hinein auch noch eine große Holzabteilung. "Doch mit dem Aufkommen der großen Baumärkte rentierte sich der Holzhandel nicht mehr", erinnert sich Gustav-Erich Sack, der Vater des Juniorchefs.

Anfang der 60er-Jahre hat sich die Firma bereits von ihrer Glassparte getrennt, als immer mehr Fachgeschäfte auf den Markt drängen. Es ist auch die Zeit, in der die Senior-Sacks vorausschauend den Außendienst aufbauen, um in den Großhandel einzusteigen. Eine weise Entscheidung, wie sich später erweisen soll. "Ohne diese Neuorientierung würde es uns heute wohl nicht mehr geben", sagt Geschäftsführer Marcel-Gustav Sack.

Der Großhandel beschert Kock & Sack heute 85 Prozent seines Jahresumsatzes. Zum Kundenstamm zählen rund 350 gewerbliche Partner aus der Industrie und dem Bauwesen, aber auch Wohnungsbaugesellschaften, Krankenhäuser und Schulen. Die ordern von Schrauben und Nägel über Toilettenpapier bis zu Werkzeugen und Stahlprofilen so gut wie alles aus dem Portfolio von mehr als 500.000 Einzelartikeln. Wie zum Beispiel Flugzeugbauer Airbus in Finkenwerder, der zu den wichtigsten Abnehmern von Eisenwaren aller Art zählt.

Die Lieferanten der Harburger kommen nicht nur aus Deutschland, auch aus Polen, Großbritannien, der Niederlande, der Schweiz und den USA. Demnächst plant Sack Junior sogar den Einstieg in den asiatischen Markt.

Doch nicht etwa Schrauben, Bohrmaschinen oder Hämmer sind die Verkaufsschlager, sondern Streusalz. "Bereits im Juli gab es die erste Anfrage. Und obwohl noch keine einzige Schneeflocke gefallen ist, haben wir bis jetzt schon 100 Tonnen verkauft", berichtet Gustav-Erich Sack.

Während der Großhandel in den vergangenen Jahren trotz Wirtschafts- und Finanzkrise für zweistellige Umsatzzuwächse sorgt, stagniert das Einzelhandelsgeschäft seit 2008. Pro Tag kommen gerade 100 zahlende Kunden in den 400 Quadratmeter großen Laden. "So rechnet der sich eigentlich nicht mehr", weiß Marcel-Gustav Sack. Doch ihn aufzugeben, sei derzeit undenkbar: "Er hat immer zu uns gehört, er ist ein wesentlicher Teil unserer Firmenphilosophie. Während die Frauen Schuhe gucken gehen, kommen die Männer zu uns, das soll so bleiben. Deshalb wollen wir hier noch einmal richtig angreifen."

Im kommenden Jahr soll das Sortiment komplett umgewälzt, klarer strukturiert und attraktiver präsentiert werden. Man wolle sich "von Warenleichen trennen", um so neue und jüngere Kunden zu gewinnen.

"Und wir planen neue Werbemaßnahmen auch an der B 73. Weil wir auf diese Weise vielleicht auch die vielen dort täglich pendelnden Handwerker für uns gewinnen können", gewährt Sack Junior Einblick in seine ehrgeizigen Pläne. Zu denen auch der Ausbau des Internet-Auftritts zählt. Der Web-Shop ging erst Mitte des Jahres online, umfasst aber schon 50 000 Artikel.

2013 soll dann mit großem Tamtam das 100-jährige Bestehen des Traditionsunternehmens gefeiert werden. Mit Jubiläumsaktionen und Showtrucks von namhaften Herstellern. "Dafür würde ich am liebsten den ganzen Kleinen Schippsee sperren lassen", sagt Marcel-Gustav Sack. Wer am Markt bestehen will, braucht Visionen - und einen guten Namen. Kock & Sack hat beides. (abendblatt.de)