Was ist eigentlich dran am Fachkräftemangel? Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung wird das Potenzial an Arbeitskräften in Deutschland im Zeitraum zwischen 2010 und 2025 um 3,6 Millionen Männer und Frauen sinken. Und in einer Erhebung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages äußerte jedes zweite Unternehmen die Befürchtung, dass in den kommenden fünf Jahren nicht mehr genügend Topqualifzierte am Arbeitsmarkt zu finden seien. Immerhin gebe es bereits jetzt 50 000 unbesetzte Ingenieurstellen, sagt der Verein Deutscher Ingenieure.

Da ist es kein Wunder, dass die TU Harburg immer mehr Studenten ausbildet. Doch wer sich die Stellenanzeigen anschaut, kommt ins Grübeln. Da verlangt ein IT-Unternehmen für ihren künftigen Entwicklungsingenieur nicht nur Sprachkenntnisse in Englisch und Chinesisch, sondern auch Auslandserfahrung und mindestens zwei Praktika. Die nächste Firma will Spezialkenntnisse und wieder eine andere möchte Bewerber, die schon promoviert haben. Nun, nicht nur Studenten der TU, die sich auf technische Fachrichtungen kapriziert haben, müssen ein strenges Lernpensum erfüllen. Da bleibt wenig Zeit für ein Praktikum und für das Erlernen von Fremdsprachen. Es scheint so, als ob Unternehmen sich aufgrund von Erfahrungen in der Vergangenheit zu sehr daran gewöhnt haben, aus dem vollen Kandidatenpool zu schöpfen. Sie sollten sich heutzutage Gedanken darüber machen, wie sie sehr gut ausgebildeten Nachwuchs betriebsintern einarbeiten und für ihre Positionen qualifizieren könnten.

Und außerdem führt Fachkräftemangel laut Gesetzen der Marktwirtschaft zu einem Anstieg der Gehälter. Nach Angaben von Arbeitswissenschaftlern sei dies allerdings nicht der Fall. So haben Frauen durchschnittlich bis zu 25 Prozent weniger Gehalt in der Lohntüte als ihre genauso gut qualifizierten Kollegen.

Fazit: Wer sich hierzulande lautstark über den Fachkräftemangel beschwert, sollte stattdessen genügend Anreize für kommende Spitzenkräfte schaffen. Und das für Männer und Frauen.