Lennart Müller von der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg erzählt, warum sich der Protest trotz Energiewende lohnt

Dannenberg. Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg zählt zu den eingefleischten Wendlandverteidigern und hatte zusammen mit anderen Protestgruppen zur Großdemonstration in Dannenberg aufgerufen.

Abendblatt:

Seit mehr als 30 Jahren demonstrieren Sie und ihre Mitstreiter von der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg nun schon gegen ein Endlager in Gorleben, Herr Müller. Wird ihnen und ihren Kollegen nicht langsam langweilig?

Lennart Müller:

Nein, überhaupt nicht. Ich finde, dass es sich sehr lohnt, gegen ein Endlager in Gorleben zu protestieren. Wir gewinnen immer mehr junge Menschen dafür. Langweilig wird der Kampf nie.

Aber die Zahl der Demonstranten ist im Vergleich zu 2010 deutlich geschrumpft. Damals sollen es etwa 50 000 Demonstranten gewesen sein. Dieses Jahr ist es etwa die Hälfte.

Müller:

Im vergangenen Jahr hatten wir auch eine besondere Situation, da die Bundesregierung die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke beschlossen hatte. Wir sind in diesem Jahr mehr als zufrieden mit den Menschenmassen, die nach Dannenberg zur Großkundgebung und zu Protestaktionen an den Gleisen gekommen sind.

Laut Kerstin Rudek, Vorsitzende der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, waren es rund 25 000 Demonstranten. Sind weniger Menschen auf die Straße gegangen, weil die Bundesregierung bereits die Energiewende eingeleitet?

Müller:

Ja, das nehmen wir an. Aber auch wenn nach dem beschlossenen Atomausstieg acht Atomkraftwerke still gelegt wurden, laufen neun immer noch weiter und sind für uns ein tägliches Risiko. Da kann man nicht von einem Ausstieg sprechen. Zudem ist nirgendwo gesetzlich verankert, dass die acht abgeschalteten Meiler nicht doch wieder ans Netz gehen.

Was Gorleben betrifft, ist doch eigentlich schon alles erreicht. Die Endlagersuche ist wieder offen. Warum dann noch die Demonstration?

Müller:

Wir haben die Befürchtung, dass am Ende doch an Gorleben festgehalten wird. In den Bundeshaushalt sind 73 Millionen für ein Endlager in Gorleben eingestellt worden und nur drei Millionen für eine Endlagersuche. Das spricht für uns eine klare Sprache.

Demonstranten haben es geschafft, den Castor-Transport anzuhalten, indem sie Steine an den Gleisen beschädigt und die Schienen verbogen haben. Was halten Sie von einem derartigen Protestverhalten?

Müller:

Jeder hier hat seine eigene Art und Form, sich am Protest zu beteiligen. Wir haben hier einen Konsens im Wendland: Es darf kein Mensch zu Schaden kommen. Was die Menschen unter diesem Konsens machen, ist ihnen selbst überlassen.