Das Ansehen der Kreditinstitute hat unter der Finanzkrise stark gelitten. Aber die Banklehre bleibt ein beliebter Weg ins Berufsleben

Harburg/Lüneburg. Geh zur Bank und lerne etwas Vernünftiges!" Dieser Satz fällt gerne an deutschen Küchentischen, wenn es um die Berufswahl der Sprösslinge geht. Daran hat auch die Finanzkrise nichts geändert, wie man bei der Industrie- und Handelskammer Lüneburg weiß. "Wir haben in diesem Bereich immer noch eine steigende Tendenz, die Ausbildungsplätze in der Region sind sehr begehrt", so IHK-Pressesprecher Markus Mews.

Ähnlich rosig ist auch der Bundestrend, die Zahl der Ausbildungsverhältnisse steigt und die Zufriedenheit der Lehrlinge ist hoch. Doch wie passt das zur öffentlichen Stimmung? Von skrupellosen Finanzjongleuren, die auf Ressourcenknappheit wetten und Staaten in Gefahr bringen, hört man dieser Tage auf allen Kanälen. Vor den Großbanken zelten die Occupy-Aktivisten und bei Günther Jauch fordern weise alte Männer mehr Moral. Wer in solchen Zeiten zur Bank geht, müsste eigentlich ein herzloser Mensch sein.

Von all den Diskussionen ist an diesem Morgen jedoch nichts zu spüren. Grau und schwer liegt das Gebäude der Sparkasse in der Harburger Innenstadt. Keine Zelte von Aktivisten sieht man hier, stattdessen drängeln sich einige Senioren schon zu früher Stunde in den Schalterraum. Die kleinen Pulte und der verblasst rote Teppich haben so gar nichts vom internationalen Börsenparkett. Seit sechs Monaten ist hier der Arbeitsplatz von Sandra Schulz. Die 20-Jährige machte eine Ausbildung zur Bankkauffrau, aus Überzeugung wie sie erklärt. "Mein Lehrer hat mir den Beruf empfohlen. Ich war gut in Mathe und mag den Kontakt zu Menschen."

Dass hier keine knisternde Atmosphäre wie in New York oder London herrscht, scheint die junge Frau nicht zu stören. Zu einer Regionalbank zu gehen, war für sie eine bewusste Entscheidung. "Ich wollte unbedingt in der Region bleiben und ich schätze das Familiäre unter den Kollegen und Kunden." Der Ausspruch: Man kennt seine Pappenheimer, trifft die Kundenbeziehung in solchen kleinen Filialen wohl gut. "Ich muss mich auf die Kunden einlassen und mit Freundlichkeit die Wünsche erfüllen. Das braucht Ausdauer und viel Toleranz", erzählt Schulz. Der Kunde ist also König. Doch wo sind sie dann, die skrupellosen Banker mit ihren aberwitzigen Geldanlagen, die erst mit 107 Jahren ausgezahlt werden?

Ortswechsel: Lüneburg. Hier in der Deutsche-Bank-Filiale lernt seit ein paar Monaten Lennart Mosdzelewski. Auch für den 19-Jährigen stand der Weg in die Bank früh fest: "In der 12. Klasse habe ich mich schon bei der Deutschen Bank online beworben und wurde prompt genommen. Ich finde es toll, bei einer so erfolgreichen Bank und einem Großen der Finanzbranche zu lernen." Fragt man ihn nach den wichtigsten Eigenschaften eines Bankkaufmanns, sind es die gleichen Antworten wie in Harburg: "Ehrlichkeit, fachliche Kompetenz und einen Zugang zu den Menschen." Komisch, sollte der skrupellose Bänker nun doch nur ein Phantom sein? "Es gibt wie in jedem Beruf schwarze Schafe und auch Fehlberatungen können vorkommen", gibt Oliver Stoisiek, Ausbildungsleiter bei der Deutschen Bank zu. "Das schlechte Image liegt aber auch an einem mangelnden Interesse an ökonomischen Zusammenhängen in der Gesellschaft." Nur von den Banken im Allgemeinen zu sprechen, findet man in der Firmenzentrale in Frankfurt am Main sowieso unglücklich. Deshalb setzt man seit längerem auf Transparenz bei Bankprodukten und vermittelt finanzielle Allgemeinbildung in Schulen. Für wen diese ökonomische Bildung zu spät kommt, der ärgert sich dann also am Schalter. "Die Kunden sind verunsichert", erzählt Sandra Schulz, "Wenn etwas nicht funktioniert, werden wir schon häufiger mit den Skandalen der letzten Zeit konfrontiert." Manchmal ist das nur die Verzögerung bei der Rentenauszahlung oder das Unverständnis über einen vermeintlich zu geringen Zinssatz. Auch im Freundeskreis der 20-Jährigen ist die Finanzkrise ein Thema. "Meine Freunde fragen schon kritischer nach, aber meist klären sich die Vorurteile im Gespräch." Solche Geschichten kennt auch Lennart Mosdzelewski: "Du verzockst unser Geld bestimmt nicht, diesen Satz höre ich öfter. Meist bleibt es aber bei Spötteleien." Selbst für die Occupy-Bewegung haben die beiden angehenden Bankkaufleute durchaus Verständnis. Erst am Ende des Gesprächs in Harburg gibt es noch einen Hinweis auf eine Welt außerhalb der scheinbar heilen Bankidylle. In der Berufsschulklasse von Sandra Schulz gab es bereits einige Abbrecher und auch Klagen über hohen Leistungsdruck sollen nicht unüblich sein. "Diese konkreten Zielvorgaben üben Druck auf einen aus, sodass man gar nicht anders kann, als seinen Kunden bestimmte Produkte zu verkaufen, ungeachtet der persönlichen Meinung", heißt es in einem Erfahrungsbericht aus dem Internet. Solche Schauergeschichten kennt man in Lüneburg und Harburg aber natürlich nur vom Hörensagen.