Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung sieht Defizite beim lebenslangen Lernen, denn Lernen ist mehr als nur Schule und Hochschule.

Winsen. Niedersachsen ist Mittelmaß. Die Kreise und kreisfreien Städte des Landes belegen beim deutschlandweiten Vergleich der Lernbedingungen einen Platz im Mittelfeld. Nachzuschlagen ist das Ergebnis im Deutschen Lernatlas 2011, der bundesweiten Bildungsstudie der Bertelsmann-Stiftung ( www.deutscher-lernatlas.de ).

Darin wird erstmals gezeigt, wie es um das Lernen in Deutschland und seinen 412 Kreisen und kreisfreien Städten steht. Vier Lernbereiche werden beschrieben: Die Teilnoten fließen in unterschiedlich starker Gewichtung in die Gesamtnote ein. Das schulische Lernen ist mit 37,5 Prozent der wichtigste Bereich. Danach folgen das berufliche (27,8 Prozent), das soziale (17,9) und das persönliche Lernen (16,8)

Damit nimmt der Lernatlas Abschied von der Feststellung, dass allein Schule eine erfolgreiche berufliche Zukunft garantiert. Stattdessen lehrt die Studie: Lernen ist mehr als Schule und Hochschule.

Der Landkreis Harburg (245 624 Einwohner) liegt beim Bildungsvergleich nur im hinteren Mittelfeld - Platz 90 in der bundesweiten Vergleichsgruppe mit insgesamt 144 Kreisen im "verdichteten Umland" von Großstädten. Die Metropolregion Hamburg betrachtet, steht der Landkreis Harburg aber besser da: Hier sind Elbmarsch und Nordheide die zweitbeste Bildungsregion. Nur im Kreis Stormarn können die Menschen laut Bertelsmann-Stiftung noch besser lernen. Die Freie und Hansestadt selbst liegt im Metropolregion-Vergleich abgeschlagen auf Rang 13.

Besonders gute Möglichkeiten biete der Landkreis Harburg beim "sozialen Lernen" (Platz 20 von 144). Laut Studie engagieren sich nirgendwo anders mehr Bürger für ältere Mitmenschen. Generell sei das soziale Engagement der Einwohner im Landkreis hoch (Platz 28). Positiv sehen die Experten die hohe Anzahl von Mitgliedern in den Freiwilligen Feuerwehren. Ein Schwachpunkt allerdings: Die Anzahl der Einrichtungen für Jugendarbeit sei zu gering (Platz 142 von 144).

Wer im Landkreis Harburg lebt, liest mehr Bücher und besucht häufiger Theater und Konzerte. Unteres Mittelmaß sei die Region aber in der Kategorie "schulisches Lernen". Der "Bildungsatlas" sieht bei den Schülern Nachholbedarf in Mathematik (Platz 127) und Englisch (Platz 122). Stark immerhin: Im Landkreis gibt es nur wenige Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss.

Die Schulbehörde werde sich mit der Studie befassen, sagt Kreissprecher Georg Krümpelmann. Neue Erkenntnisse erwarte er aber nicht. Der Landkreis habe längst den Handlungsbedarf erkannt, Schüler in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik zu fördern. Ein Schritt dazu sei die neu geschaffene "Zukunftswerkstatt" in Buchholz.

"Mit dem Deutschen Lernatlas will die Bertelsmann-Stiftung mehr Transparenz über die Lernbedingungen schaffen. Der Deutsche Lernatlas zeigt uns, wo die Voraussetzungen für lebenslanges Lernen am besten sind", erläuterte Jörg Dräger, für Bildung zuständiges Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung.

Wer den Atlas genauer unter die Lupe nimmt, stellt fest, dass bei weitem nicht bei allen ausgewählten Statistiken Zahlen von der Kreisebene vorliegen. Im Bereich des schulischen Lernens gibt es sie nur für drei von insgesamt zehn Indikatoren. Beim beruflichen Lernen sind es vier von zehn Nachweisen, beim sozialen Lernen fünf von zehn.

Zusammengefasst bedeutet das: Nur für 18 von 38 zu Rate gezogenen Statistiken gibt es Zahlen auf Kreisebene. Weiterer Nachteil der Studie: Das Datenmaterial ist schon bis zu fünf Jahre alt.

Der Erziehungswissenschaftler Matthias von Saldern lobt die Regionalisierung der Studie insofern, als dass endlich ein Überblick geschaffen werde über das, was die Kommunen beim lebenslangen Lernen zu bieten haben. Kritik übt der Lüneburger Professor an der überdurchschnittlichen Gewichtung des Bereichs schulisches Lernen, das mit fast 40 Prozent in die Bewertung einfließen. Im Bereich beruflichen Lernen beanstandet er die Rubrik Junge Menschen ohne Aussicht auf einen Arbeitsplatz: "Wenn jemand nach Beendigung der Schule keinen Ausbildungsplatz erhält, dann ist das keine Frage der Bildung sondern der Wirtschaft", sagt von Saldern.