Dass ein Gymnasium per E-Mail an die Elternschaft einen Lehrer sucht, lässt tief blicken. Dass es im konkreten Fall "nur" um einen kurzzeitigen Ersatz geht, macht die Sache nicht besser.

Wir reden hier über einen Notstand an einer weiterführenden Schule, die ihre Abiturienten zur Hochschulreife verhelfen soll. Und wir reden über das Fach Chemie, in dem die Nachfrage an Lehrkräften besonders groß ist.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Uni-Absolventen in dieser Fachrichtung praktisch aus dem Vorlesungssaal verpflichtet werden. Und dass die Güte des Abschlusses dabei fast keine Rolle spielt.

Diese Situation ist seit Jahren bekannt. Bis zu 500 Lehrer jährlich werden in dieser Dekade in den sogenannten MINT-Fächern fehlen, hat die zuständige Kultusministerkonferenz jüngst errechnet. Und der Kreis potenzieller Bewerber schrumpft eher als dass er wächst. Könnte es sein, dass die Vorkenntnisse der Studenten aus der eigenen Schulzeit so dürftig sind, dass sie sich eine Weiterbildung in diesem Bereich, namentlich in Chemie und Physik, nicht zutrauen? Damit würde sich ein Teufelskreis schließen, der die gegenwärtige Abwärtsspirale zementiert.

Die zuständigen Bildungspolitiker dürfen den perspektivischen Mangel nicht nur hochrechnen. Sie müssen auch für entsprechende Rahmenbedingungen sorgen, um den prognostizierten Bedarf jemals zu erreichen. Dazu gehören neben attraktiven Studienprogrammen auch geeignete Weiterbildungsmaßnahmen, um Quereinsteiger für den Lehrbetrieb zu befähigen.

Dass Schulleitung und Elternvertreter in Buchholz auch unorthodoxe Lösungen für ihr Problem erwogen haben, ehrt sie. Aber die Wissensvermittlung in einem überaus anspruchsvollen Fach wie Chemie ambitionierten "Laien" zu überlassen, ist nicht gerade zielführend. Da darf man sich dann auch nicht wundern, dass Deutschland als führende Industrienation bei den "Pisa-Prüfungen" von einem Spitzenplatz nach wie vor sehr weit entfernt ist.