Ob Home Cooking Service, Lieferung im Einwegbräter oder einfach ein Restaurantbesuch. Drei Küchenchefs schnüren das Rundum-Sorglos-Paket.

Seit einer Woche begleiten Servicekräfte Tausende Martinsgänse auf ihrem finalen Weg vom Ofen zur Restauranttafel. Dachten wir zumindest. Einige Gastronomen jedoch verlängern das letzte Geleit bis ins Wohnzimmer des Kunden. Der neue Trend heißt Gans to Go.

Kösters Gasthaus

Einen Tag alt sind die Gänseküken, wenn sie Anfang Juni auf den Hühnerhof von Familie Prigge nach Heidenau kommen. Auf über 700 von ihnen warten fünf Monate lang frische Luft, Weidegras, Hafer und Menschen wie Günter Krause. Für den Küchenchef von Kösters Gasthaus sind fünf Kilo ihr Idealgewicht. Dann kann er sich sicher sein, dass fünf Personen von einem Tier satt werden.

Da viele Feinschmecker das Edelgeflügel gerne zu Hause genießen möchten, aber weder Lust haben stundenlang vorm Ofen zu sitzen, noch wissen, wie sie das fertige Tier fachgerecht tranchieren, kam er vor zwölf Jahren auf eine pfiffige Idee. Die Gans gart zweieinhalb Stunden in seinem Profiofen. Danach werden Brustbein und Keulen getrennt und mit einem Band wieder verschnürt. In diesem Zustand holt sich der Kunde das Tier im Einwegbräter ab oder bekommt alles von Meister Krause bis nach Hause geliefert. Noch eine halbe Stunde bei 180° C Umluft ab in die Röhre, Bepinseln nach Wunsch und fertig ist der Festtagsschmaus! Dazu gibt es in Vakuumbeuteln ein Liter Beifußsoße, fertig gegarten Rot- und Rosenkohl, 15 Kartoffelknödel, 150 Gramm glacierte Maronen, fünf Bratäpfel und ein Kilo Salzkartoffeln, das noch gekocht werden muss.

Auf dem heimischen Esstisch schneidet der Gastgeber das Band, mit dem der Braten verschnürt wurde, nur noch durch. Die Gans klappt auf in zwei Teile und muss nicht mehr tranchiert werden. Ein weiterer Vorteil: "Das Fleisch wird bis zuletzt am Knochen erhitzt und bleibt saftig, die Haut knusprig", sagt Günter Krause. Die Gebrauchsanweisung liegt bei. "Krauses Klappgans" hat er seine Erfindung genannt und sie sich namentlich schützen lassen. Auf YouTube gibt es dazu bereits einen NDR-Beitrag. 400 Klappgänse sollen in dieser Saison veredelt werden. Vom 22. Dezember bis zum zweiten Weihnachtstag wird durchgearbeitet. Dann heizen seine Öfen in Tötensen-Westerhof rund um die Uhr.

140 Euro inklusive sämtlicher Beilagen kostet die Spezialität vom Heidenauer Hühnerhof Prigge. Dazu spendiert der Küchenchef je ein Glas Gänseschmalz und Gänseleberparfait. Wer 45 Euro sparen möchte, bestellt die polnische Kollegin, hafergemästet, aber ebenfalls gebraten und gebunden.

Hotel Windmüller

Auch im Alten Land hat die Gänsezeit begonnen. Während der Wintermonate ist es eher ruhig in den Restaurants und Cafés. Mittags kommen noch Ausflügler, abends sind die Einheimischen vielerorts unter sich. In der Küche vom Steinkirchener Hotel Windmüller hat seit sechs Jahren Harald Scholz das Sagen. Gäste, die den Gänsebraten lieber zu Hause genießen, können eigene Backbleche und Schüsseln von ihm füllen lassen. Der Altländer Gänsebraten mit Apfel-Rotkohl und Kartoffelknödel kostet à la carte oder außer Haus 23,50 Euro pro Portion. Auch er bezieht die konventionell aufgezogenen Tiere aus der Region. Mit Biogänsen vom Dierstorfer Arpshof wird noch experimentiert, sagt der Chefkoch. Die wachsen zwar nach den strengen Demeter-Richtlinien auf, bringen aber nur drei Kilo auf die Waage, ein Schlachtgewicht, das sich schwerer vermarkten lässt. Ihr Geschmack ist tadellos, findet der Restaurantkritiker, der die Tiere vor Ort probiert. Für das gute Gewissen in Bioqualität erscheinen am Ende zehn Euro mehr auf der Rechnung.

Vor über zehn Jahren wurde aus dem Altländer Bauernhaus von 1746 ein Hotel mit Restaurant. Als während der Renovierung inmitten der gemauerten Mühle des Giebels eine kleine Figur gefunden wurde, war auch der Name des Betriebes klar. Windmüller, der Schutzpatron des Gebäudes, der immer für genügend Korn sorgen sollte. Den Räumlichkeiten ist die Freude anzumerken, mit der sie eingerichtet wurden. Inhaber Hermann Specht ist Kunst- und Antiquitätenfan mit einer Vorliebe für alte englische Uhren, die hier überall ticken. Im Festsaal hängt der ausgemusterte über 200 Jahre alte Minutenzeiger des Hamburger Michel - fast fünf Meter lang und 130 Kilo schwer.

Pünktlich kommt unser Gänsebraten auf den Tisch. Erste Überraschung: Die Füllung aus Äpfeln, Zwiebeln, Orangen und Backpflaumen fehlt und wird nur auf vorherigen Wunsch mit serviert. Schade. Auch eine Portion separat gereichter Soße hätte dem Braten gut getan. Tranchiert wird in der Küche. Vorher jedoch darf der Gast seine gegarte Gans in Augenschein nehmen. Spezialisiert ist man auf die Zubereitung von Galloway-Rindern aus der eigenen Zucht in Drestedt. Die Ansprüche à la carte sind gehoben, die Leistung an diesem Abend leider nur durchwachsen. Zum Finale freuen wir uns auf die Backensholzer Rohmilchkäseauswahl aus der Speisekarte. Leider hat niemand die Kellnerin informiert, dass kein Käse mehr da ist. Wieder schade.

Cook@Work

11.11.11. Es ist Martinstag. Familie von Thünen hat zwölf Gäste zum Gänseessen zu sich nach Lütjensee eingeladen. Die Gastgeber möchten nicht selber in der Küche stehen und gönnen sich Bernd Beisker. Der Mann aus Maschen bietet das Rundum-Sorglos-Paket für stressgeplagte Feinschmecker. Er kocht nicht nur in ihrer Küche, sondern kauft auf Wunsch auch noch mit ihnen ein. Schlemmershopping mit Profitipps. Die Einladerin macht davon ab 14 Uhr gern Gebrauch. Drei Gänse vom Geflügelhof Schönecke hat der Mietkoch bereits im Gepäck, ebenso wie den mobilen Ofen, denn normalerweise können in keiner Privatküche drei Gänse gleichzeitig zubereitet werden. "Home Cooking Service" nennt er seine Dienstleistung. Eineinhalb Stunden vor Beginn des Essens betritt er die Küche seiner Kunden, hat eigene Töpfe mitgebracht und macht sich mit der Technik vertraut. "Gänse schieben", heißt es jetzt in der Fachsprache. Vorher wurden die Tiere mit Cox-Orange, Beifuß, Rosinen und Cranberrykompott gefüllt. Danach kümmert er sich um die Vorspeise: pürierte Hokaido-Kürbissuppe mit Ingwer unter Zimt-Sahnehaube und Garnelenspieß. Das ganze Menü wurde vorher individuell mit den Gastgebern abgesprochen, Gemüse- und Kartoffelbeilagen stehen in mehreren Variationen zur Wahl. Zum Abschluss gibt's das berühmte Schokoladenmalheur (gebackenes Schokoküchlein mit flüssigem Kern), dazu Eierlikör. 12 Gäste strahlen mit den Gastgebern um die Wette. Währenddessen sorgt Bernd Beisker dafür, dass er die Küche von Ehepaar von Thünen so hinterlässt wie er sie vorgefunden hat. Der Mietkoch kennt die Vorteile für seine Kunden: "Die Getränke zu Hause sind günstiger als im Restaurant, kein Planungs- und Zubereitungsstress in der Küche und - ganz wichtig - mehr Zeit für beeindruckte Gäste." Für das das 3-Gänge-Gänsemenü berechnet er 45 Euro pro Person und nimmt für die Zubereitung vor Ort 35 Euro pro Stunde. Wer den Braten mit fertig gegarten Beilagen nur abholen möchte, ist mit 125 Euro (frische Gans von Schönecke) oder 99 Euro (tiefgekühlt aus Polen) dabei. Für Interessierte, die das Thema Anfang des neuen Jahres vertiefen möchten, bietet er Kochkurse an unter dem Titel "Feines Geflügel". Dann geht es um Wachtel, Perlhuhn und Stubenküken.