Moderatorin Bettina Tietjen warb bei der achten Wilhelmsburger Lesewoche des Forums Bildung dafür, sich Zeit für Literatur zu nehmen.

Wilhelmsburg. "Es gibt sehr viele verschiedene Bücher", schreibt Sechstklässlerin Farida für das erste Wilhelmsburger Schülerlexikon. "Es gibt auch Schulbücher. Aber ich finde die spannenden Bücher besser, in denen man in einer Fantasiewelt versinkt oder plötzlich in einer Abenteuergeschichte vor Spannung gar nicht abwarten kann." Faridas Beitrag zum Buchstaben B wie Buch hängt zusammen mit rund 200 weiteren Kurzaufsätzen an einer Wäscheleine im Foyer des Bürgerhauses Wilhelmsburg.

Um die Lust am Lesen bei Kindern wie Farida zu fördern, veranstaltet das Forum Bildung Wilhelmsburg (FBW) noch bis Freitag die 8. Wilhelmsburger Lesewoche. Bereits in der vorigen Woche starteten alle ersten bis sechsten Klassen der zehn teilnehmenden Elbinselschulen das Projekt "Weltwissen Wilhelmsburg - Kinder der Elbinseln schreiben ein Lexikon".

"Geplanter Verkaufstermin für das Buch ist Donnerstag, der 1. Dezember", erklärt Maren Töbermann. Die freiberufliche Kinderbuchautorin hat das pädagogische Projekt entwickelt. "Mir war aufgefallen, dass sich Jungen in den Schulbibliotheken vor allem für Sachbücher interessieren", sagt sie. Um dieser Neigung zu entsprechen, wollte sie ein eher sachliches Buch zusammenstellen. Literarische Qualität habe das Werk durch die "absolut subjektiv beschriebenen Sachthemen."

Für Töbermann besonders interessant waren die Eindrücke von Kindern mit Migrationshintergrund, die ihre ehemaligen Heimatländer beschreiben. Demnach gibt es auf den pakistanischen Hühnermärkten viel Blut zu sehen und im Irak schmeckt die Cola schlecht.

In Ecuador gibt es leckere Tintenfische und in Portugal kann man immer baden. Eher putzig sind die Tierbeschreibungen der Kinder: "Katzen mögen kein Wasser", schreibt Viertklässler Steven. "Wenn sie Durst haben, trinken sie das Wasser aber doch." Der Waschbär dagegen "rastet aus, wenn der Mensch ihm Essen klaut."

Dass es für wortgewandte Schilderungen von Wissen und Erlebtem wichtig ist, selbst viel zu lesen, machte Bettina Tietjen klar. Die ausgebildete Journalistin war prominenter Gast beim gestrigen zentralen Lesetag im Bürgerhaus. Im Großen Saal lauschten etwa 200 Kinder, als sie aus Cornelia Funkes Bestseller Tintenherz vorlas. "Ich finde das Buch selber gut", sagt sie. Bei der Suche nach einem zeitgemäßen Vorlesestoff für Kinder ließ sie sich von ihrem Neffen beraten.

"Persönlich schmökere ich gerne in Büchern amerikanischer Autoren wie Richard Powers, Philip Roth und Paul Auster", sagt Tietjen. "Leider komme ich nur noch im Urlaub dazu, denn tagsüber muss ich die Bücher meiner Studiogäste lesen." Die in Harburg lebende 51-Jährige moderiert einmal im Monat die Talkshow "Tietjen und Hirschhausen" im NDR-Fernsehen sowie wöchentlich die Radiosendung "Tietjen talkt" auf NDR 2. "Heutzutage schreibt ja jeder Promi ein Buch."

Ihre ersten Bücher hat Bettina Tietjen schon vor der Schule in der Hand gehabt, beschreibt sie den Kindern in Wilhelmsburg ihre Faszination für Bücher. Damals interessierte sie sich für "Fünf Freunde" und "Hanni und Nanni" von Enid Blyton. Geschichten aus der Welt von Internaten und Pferdehöfen fesseln auch heute Kinder, vorwiegend Mädchen.

Eine von ihnen ist Julia Wilken. Die Zehnjährige geht auf die Grundschule Stübenhofer Weg und liest jeden Abend mindestens ein Kapitel, bevor sie einschläft. Ihr Lieblingsbuch heißt "Beißen verboten!". In der Kinderkomödie von Fabian Schiller geht es um die Alltagsprobleme einer Vampirfamilie, die sich vegetarisch ernähren will. Eine Leseprobe daraus lieferte die Viertklässlerin vor Kindern aus allen zehn Schulen, die bei der Lesewoche mitmachen und jeweils ihren besten Vorleser ins Bürgerhaus schickten.

Während die jungen Zuhörer wissen wollten, wie die Vampire ohne Blut auskommen, achteten die fünf Mitglieder einer Expertenjury auf die Lesetechnik der vortragenden Viertklässler. Zur Siegerin kürten sie Carlotta Labitzke von der Ganztagsschule Fährstraße. Sie las wie Bettina Tietjen eine Passage aus Cornelia Funkes Tintenherz vor. Mit einer kurzen Hörprobe aus "Der kleene Punker aus Berlin" von Jackie Niebisch holte Lilayda Uncu von der Grundschule Rotenhäuser Damm den zweiten Platz. Den dritten Rang erreichte Jeanette Konadu von der Schule Slomanstieg mit ihrem Vortrag aus Rob Kidds "Das Erbe von Cortez".