In einer bundesweiten Studie zum weiblichen Einfluss in der Kommunalpolitik liegt Buchholz weit vorn, Winsen befindet sich im unteren Drittel.

Winsen/Buchholz. Eine junge Frau an der Spitze eines Dorfes - im nahen Bardowick gibt die neue ehrenamtliche Bürgermeisterin Eva Köhler einen Weg vor, der in mittelgroßen Städten oft nur langsam eingeschlagen wird.

In den Räten in Winsen und Buchholz sind Frauen noch immer unterrepräsentiert, die meisten Fraktionen und Ausschüsse werden von Männern geleitet und die beiden Bürgermeisterämter haben seit Kurzem auch wieder zwei Männer inne. In einem Ranking der Heinrich-Böll-Stiftung, die vor der Kommunalwahl 212 mittelgroße Städte mit einer Einwohnerzahl von 30 000 bis 50 000 untersucht hat, landet Winsen abgeschlagen im unteren Drittel auf Platz 148 - und das, obwohl sogar noch eine Bürgermeisterin im Amt war.

Buchholz erreicht dagegen den guten Platz 26. Im neuen Rat werden allerdings statt bisher zwölf - wofür es in der Studie bereits die Bestbewertung gab - nur noch zehn der 39 Stühle weiblich besetzt sein. Auch alle Fraktionsvorsitzenden sind nun männlich. Als langjährige Fraktionssprecherin der Grünen hat Gabriele Wenker viele Sitzungen im männlich dominierten Rat begleitet. Auch dem Sozialausschuss saß sie fünf Jahre vor. Ihrer Meinung nach kann es der Politik nur guttun, wenn Frauen öfter mitentscheiden. Es verändere den Politikstil, wenn mehr Frauen in den Ausschüssen säßen, sagt Wenker. "Frauen arbeiten mehrheitlich pragmatisch, sie orientieren sich an der Sache und sparen sich kleinliche Machtspielchen."

Entscheidender als das Geschlecht sei aber letztendlich, welcher Partei ein Ratsmitglied angehöre, so Wenker, die den Fraktionsvorsitz vor Kurzem an Joachim Zinnecker weitergegeben hat. Die Ausschussvorsitzenden würden bei den Grünen nach Sachkenntnis und Interesse benannt - allerdings sei bei drei Frauen und vier Männern in der Grünen-Fraktion die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau einen solchen Posten bekäme, höher als in Fraktionen, die mehrheitlich aus Männern bestehen.

Gabriele Wenker plädiert deshalb für eine Quote bei der Besetzung der Wahllisten. "Das ist ein wichtiger und richtiger Weg, um mehr Frauen auf aussichtsreiche Listenplätze und somit auch in die Kommunalpolitik zu bekommen."

Dass sich so wenig Frauen einbringen, habe auch damit zu tun, wie bisher Entscheidungen vorbereitet und getroffen werden. "In den vergangenen Jahren hatte ich sehr oft den Eindruck, dass die Ziele von CDU/FDP von einer sehr kleinen Handvoll Männer ausgekungelt wurden. Nach meiner Beobachtung ist dieser Politikstil vielen Frauen sehr suspekt. Ich glaube, ihnen ist ihre Zeit für solche teils vordemokratische Machtspielereien zu schade." Im Rathaus ist eine ausgewogene Ratsbesetzung durchaus erwünscht. "Natürlich ist bei allen Ratsmitglieder der Charakter entscheidender als das Geschlecht. Grundsätzlich ist es aber gut, wenn im Rat gleich viele Männer und Frauen vertreten sind", sagt Erster Stadtrat Jan-Hendrik Röhse. "Das fördert die Debattenkultur, Frauen bringen einen anderen Blickwinkel ein."

Das sieht auch Winsens Bürgermeister André Wiese (CDU) so. "Frauen haben of eine andere Sichtweise und bringen andere Erfahrungshorizonte mit. Deshalb sind sie für im Rat sehr wichtig." Die Kreisstadt hat zwar in der Studie noch deutlich schlechter abgeschnitten als ihr Nachbar Buchholz - im neuen Rat sitzen allerdings neben 27 Männern nun auch zwölf Frauen. Auch die Fraktionen von SPD und CDU werden stellvertretend von Frauen geleitet.

"Ich denke, dass Frauen in Zukunft noch stärker in die Verantwortung kommen. Es wäre schön, wenn sie sich auch in den Fachausschüssen zu Wort melden. Denn das sind die Gremien, in denen am stärksten inhaltlich gearbeitet wir. Da habe ich aber gar keine Sorge, die Frauen in unserem Rat sind überdurchschnittlich sachlich und inhaltlich orientier", sagt Wiese. Er sei aber kein Freund einer Quote. "Damit werden wir den Frauen nicht gerecht. Sie beweisen sich genau wie Männer über Leistung."

Die einzige weibliche Vorsitzende eines Ausschusses war bisher Cornell Babendererde (CDU). Auch sie ist der Meinung, dass eine Quote nicht unbedingt notwendig ist. "Die Frauen sollten stärker strategisch vorgehen und nach einflussreichen Positionen zu streben, zum Beispiel im City-Marketing oder im Aufsichtsrat der Stadtwerke. Sie sollten das machen, wozu sie Lust haben, und sich nicht auf die sogenannten weichen Themen reduzieren lassen." Obwohl zum Beispiel Kinderbetreuung in den vergangenen Jahren in den Fokus der Kommunalpolitik gerückt sei.

Was der ehemalige Kanzler Gerhard Schröder einst als "Gedöns" abtat, werde immer stärker auch von Männern wahrgenommen, sagt Babendererde. "Quer durch alle Parteien haben die Politiker kapiert: Mit einer reinen Männerriege wird man nicht mehr als Vertreter der Bürger wahrgenommen."