Um Patienten gegen antibiotikaresistente Keime zu schützen, ist die regelmäßige Händedesinfektion in den Klinken oberstes Gebot.

Winsen. Der Tod dreier mit einem resistenten Keim infizierter Frühchen in einem Bremer Krankenhaus löst im Landkreis Harburg Bestürzung aus. Die Keime, die sich vor allem in Krankenhäusern ausbreiten, sind hier nicht unbekannt. Für gesunde Menschen ungefährlich können sie bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem lebensgefährliche Infektionen auslösen.

Um Übertragungen über die Mitarbeiter so weit wie möglich zu verhindern, setzen die Krankenhäuser in der Region vor allem auf gründliche Hygiene. Das gilt auch für die Neugeborenenstationen - Intensivstationen für besonders anfällige Frühchen gibt es hier allerdings nicht.

"So ein Drama wie in Bremen kann uns nur die Augen öffnen, dass wir die tägliche Desinfektion immer und immer wieder durchführen müssen", sagt Oberärztin Dr. Linda Wanke, Hygienebeauftragte im Krankenhaus Buchholz. Bereits jetzt werde viel Wert auf Hygiene gelegt, nicht nur, wenn es um mit Keimen besiedelte Patienten gehe. "Das Ziel muss sein, jeden Patienten so zu behandeln, als trage er einen solchen Keim in sich", sagt die Internistin. Das wichtigste sei die regelmäßige Händedesinfektion nach jedem Kontakt. Außerdem werden Möbel und Räume regelmäßig desinfiziert. "Das Gute ist, dass diese Keime mit Hygienemaßnahmen gut einzudämmen sind."

Das Krankenhaus Buchholz nimmt am bundesweiten Überwachungssystem KISS (Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System) teil, in dem unter anderem der Verbrauch von Desinfektionsmittel pro Tag und Patient dokumentiert und mit Richtwerten verglichen wird. "Im Vergleich zu anderen Krankenhäusern stehen wir gut da", sagt Wanke. "Es gibt aber leider nie eine Garantie, dass nichts passiert."

Im Krankenhaus Winsen hat der Hygienebeauftragte Dr. Daniel Abo-Dalo gerade die internen Statistiken über das Vorkommen von resistenten Keimen in der Einrichtung ausgewertet. "Im Vergleich zu den Vorjahren gibt es keinen signifikanten Anstieg. Zum Glück haben wir relativ wenig damit zu tun", sagt der Oberarzt in der Chirurgie. In den vergangenen Jahren habe sich die Händedesinfektion deutlich verbessert - auch weil sich das Krankenhaus an der bundesweiten Kampagne "Aktion saubere Hände" beteilige, durch die die Zahl der Krankenhausinfektionen verringert werden soll. Werden bei den routinemäßigen Abstrichen in den Krankenhäusern gefährliche Keime festgestellt - in 90 Prozent der Fälle bringen die Patienten laut Abo-Dalo den Keim bereits mit, oft in Wunden - , meldet das Labor dies direkt an das Gesundheitsamt. Betroffene Patienten werden isoliert und mit speziellen dekontaminierenden Salben behandelt.

Hygiene sei das A und O, sagt Daniel Abo-Dalo. Mindestens genauso wichtig sei aber, die Ursache der Keime zu bekämpfen. "Der eigentliche Hygieneskandal ist die Tatsache, dass zu viel Antibiotika verschrieben werden. Unser Hauptziel muss deshalb sein, mit Antibiotika sparsamer umzugehen. Das erfordert ein Umdenken von allen Beteiligten, aber wir sind auf dem Weg dahin." Vorreiter im Kampf gegen die Keime seien die Niederlande. In der kommenden Woche steht im Krankenhaus Winsen zu diesem Thema eine Fortbildung für die Ärzte an.

In beiden Krankenhäusern gibt es zudem Hygieneassistenten, die täglich auf allen Stationen überprüfen, ob es besondere Vorkommnisse gegeben hat.

Dazu kommen jährliche Kontrollen - bei Auffälligkeiten auch häufiger - des Gesundheitsamts. "Wir arbeiten eng zusammen. Gerade die Geburtshilfe wird besonders gern kontrolliert", sagt Linda Wanke. Untersucht wird beispielsweise die Belastung des Wasser oder der Wände mit Keimen.

"Wir überprüfen auch die Dokumentation und den Hygieneplan", sagt Jürgen Albrecht, der seit 15 Jahren im Gesundheitsamt des Landkreises Harburg arbeitet. In dieser Zeit habe sich viel verbessert. An allen Arbeitsplätzen seien mittlerweile Pläne mit den notwendigen Desinfektionsmaßnahmen aufgehängt. Außerdem hätten die Mitarbeiter auf allen Fluren Zugang zu Spendern mit Desinfektionsmitteln, um diese nach jedem Patientenkontakt zu nutzen. "Es gilt immer, dass die höchsten Hygienemaßnahmen eingehalten werden müssen."

Albrecht hat in den vergangenen Jahren aber auch eine bedenkliche Entwicklung beobachtet: "Bestimmte multiresistente Keime werden immer häufiger festgestellt." In diesem Zusammenhang taucht mittlerweile oft die Abkürzung ESBL - Extended-Spectrum-Beta-Laktamasen - auf. Sie bezeichnet eine Eigenschaft bestimmter Darmbakterien, die gegen mehrere Antibiotika unempfindlich sind. Die in der Öffentlichkeit bekannteren MRSA-Keime haben dagegen laut Albrecht in ihrem Vorkommen nicht zugenommen.

"ESBL ist auf dem Vormarsch", bestätigt Linda Wanke. Sie fordert deshalb, vor allem in der Tierzucht und der Veterinärmedizin Antibiotika sparsamer zu verwenden.