Mehrheitsfraktion will Thomas Völsch (SPD) als neuen Bezirksamtsleiter. Zum CDU-Verwaltungschef Meinberg bestehe kein Vertrauen.

Harburg. Das Vertrauensverhältnis ist zerrüttet. Thomas Völsch (SPD) soll neuer Bezirksamtsleiter von Harburg werden und den erst vor einem Jahr für weitere sechs Jahre im Amt bestätigten CDU-Mann Torsten Meinberg als Verwaltungschef ablösen. In einer Sondersitzung der Bezirksversammlung - voraussichtlich am 29. November - will die SPD-Mehrheit ihren Kandidaten wählen. Der allein bestimmende SPD-Senat müsste anschließend Völsch durch Beschluss zum neuen Bezirksamtsleiter bestellen, was ihm nicht schwer fallen dürfte.

Torsten Meinberg wollte sich gestern nicht zu seiner bevorstehenden Abwahl äußern. Er ließ mitteilen, keine Stellungnahmen abgeben zu wollen. Laut Bestellungsurkunde wäre der 51 Jahre alte Jurist Meinberg bis zum 31. März 2017 Harburger Verwaltungschef.

Thomas Völsch, 53, der als Verwaltungsmann im Rechnungswesen der Hamburger Schulbehörde tätig ist, war als Direktkandidat nach der Bürgerschaftswahl am 20. Februar für seinen Wahlkreis Süderelbe wieder als Abgeordneter in die Bürgerschaft eingezogen. Er sitzt auch im Haushaltsausschuss und ist stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion. All seine Ämter und Funktionen wird er als Bezirksamtsleiter aufgeben müssen.

Völsch war bereits vergangenes Jahr Kandidat bei der Bezirksamtsleiterwahl am 26. Oktober, scheiterte dann allerdings an der knappen Ein-Stimmen-Mehrheit von CDU und GAL. Meinberg war einen Monat vor der Bürgerschaftswahl, am 18. Januar, gewissermaßen auf den letzten Drücker vom alten Senat für die Wiederbesetzung des Bezirksamtsleiterpostens bestellt worden.

Aber nach der Wahl, die die Sozialdemokraten sowohl in der Bürgerschaft als auch in der Bezirksversammlung einsam an die Spitze brachte, kam auch die Frage auf, ob die Harburger SPD gut mit dem Verwaltungschef der CDU-Riege zusammenarbeiten kann.

Sie kann es nicht. Das machten gestern der SPD-Kreisvorsitzende Frank Richter, der SPD-Bezirksfraktionsvorsitzende Jürgen Heimath und der erneut zum Bezirksamtsleiter-Kandidaten gekürte Thomas Völsch deutlich. Am Abend zuvor hatten der SPD-Kreisvorstand und die SPD-Bezirksfraktion in gemeinsamer Sitzung einstimmig die Neuwahl des Bezirksamtsleiters beschlossen. Richter: "Wir wollten Meinberg nach der Bürgerschaftswahl eine Chance für vertrauensvolle Zusammenarbeit bieten. Er sollte zeigen, dass er den Regierungswechsel von CDU/GAL zu SPD in seiner Verwaltungsarbeit nachvollziehen kann. Es funktioniert nicht. Das Fass zum Überlaufen brachte die Debatte um die Erweiterung der Wohnunterkunft Wetternstraße".

Die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, kurz Basfi, hatte Platzbedarf für die Unterbringung von Kriegsflüchtlingen unter anderem aus Afghanistan angemeldet, ebenso für EU-Bürger aus Rumänien und Bulgarien und anderen Zuwanderer. Basfi-Senator Detlef Scheele hatte zum Thema "Soziales Hamburg" in Hausbruch gesprochen. Die SPD wirft nun Meinberg vor, die Verwaltung habe "toten Mann" gespielt und nicht auf Basfi-Wünsche nach Alternativstandorten zur Unterbringung reagiert. "Wir wissen sogar, dass es eine Weisung gab, in der Angelegenheit nicht zu handeln", sagte Richter. Die Weisung dürfte dem Harburger Sozialdezernenten Holger Stuhlmann (SPD) auferlegt worden sein.

Welche weiteren, das Vertrauensverhältnis belastenden Unstimmigkeiten die SPD mit Meinberg hat, wollte Fraktionsvorsitzender Jürgen Heimath nicht nennen. "Vieles bewegt sich in subjektiven Bereichen und ist schwierig zu beantworten", sagte er. Heimath wies darauf hin, dass die Bezirksverwaltung erst nach seiner Forderung, Alternativplätze anzubieten, tätig geworden sei. Dabei seien auch die Vorschläge der SPD berücksichtigt worden. Nun laute die Ansage, dass die Wohnunterkunft an der Wetternstraße mit acht Häusern und je acht Wohnungen neu ausgebaut werde, künftig keine reine Unterkunft für Männer mehr sei sondern für Familien. Als Standorte für weitere Unterkünfte seien nun das weitgehend leerstehende ZEWU-Gebäude (Handwerkskammer) an der Buxtehuder Straße in der Auswahl, ein Privatgebäude am Försterkamp in Hausbruch, und auch die Straße Lewenwerder in Neuland, wo bereits bis vor etwa zehn Jahren Asylbewerber in Holzhäusern untergebracht waren.

Thomas Völsch: "Wenn die Stadt ein Grundstücksproblem mit der Unterbringung von Obdachlosen und Flüchtlingen hat, dann nützt es dem Bezirk nichts, den toten Mann zu spielen und nicht zu reagieren. Man nimmt sich damit nur selbst die Möglichkeit zu handeln." Völsch, der sich als Freund von Wochenmärkten bezeichnet, setzt Schwerpunkte für seine künftige Arbeit als Bezirksamtsleiter: Wohnungsbau, Entwicklung des Harburger Zentrums mit den geplanten Business Improvement Distrikten (BID) Sand und Hölertwiete und Entwicklung des Binnenhafen-Stadtteils. Beim Schwerpunkt Verkehr drängt er auf den Bau der A 26 bis Moorburg und die Verlängerung bis Stillhorn als Hafenquerspange. Auch will er den Dialog zwischen Verwaltung und Politik verbessern.

Dietrich Wersich, CDU-Fraktionsvorsitzender in der Bürgerschaft sagte zu dem Neuwahl-Vorstoß: "Meinberg hat die Anforderungen von Senator Scheele erfüllt. Die SPD-Begründung ist fadenscheinig." Auch Ronald Preuß, Harburger GAL-Fraktionsvorsitzender steht zu Meinberg. "Völsch als Abnicker und Sparkommissar des Senats ist das Letzte, was der Bezirk Harburg jetzt braucht."