Die Stickoxid-Werte in Harburg sind in einigen Bereichen gesundheitsschädlich. Eine Problemzone ist vor allem der Harburger Ring.

Harburg. Haltepunkte für 20 Buslinien, Fußgängerampeln, Parkgaragen, Schwerlastverkehr und Einfalltor zu Harburgs Innenstadt: Der Harburger Ring zählt zu den viel befahrenen Straßen im Hamburger Süden. Und als Problemzone. Denn derjenige, der dort werktags an einer der Bushaltestellen steht, wird mit hohen Abgasbelastungen konfrontiert - und das in gesundheitsschädlicher Konzentration. Das ergibt sich aus einer Modell-Berechnung der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt aus Dezember 2010. Während eine Belastung von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft laut aktuellen Vorgaben verträglich sein sollen, herrscht am Ring deutlich dickere Luft: Dort müssen 70 Mikrogramm weggesteckt werden.

Ein hoher Stickoxidausstoß aufgrund des Straßenverkehrs werden laut Berechnung am Krummholzberg und in einigen Bereichen an Winsener und Buxtehuder Straße erreicht, "eben häufig an Hauptverkehrsstraßen, wo viel Bus- und Schwerlastverkehr durchrauscht. Dichte Randbebauung begünstigt noch die Stickoxidbelastung", sagt Behördensprecher Frank Krippner. Aber auch im Harburger Innenstadtbereich steigen die Werte auf bis zu 50 bis 60 Mikrogramm an.

Diese Erhebungen wurden im Rahmen von Vorbereitungsmaßnahmen für einen Luftreinhalteplan erstellt. Erster Baustein soll eine Luft-Gütepartnerschaft mit der Wirtschaft sein. Darin heißt es, dass sich Unternehmen unter anderem dazu verpflichten sollen, mit besonders umweltfreundlichen Fahrzeugen durch Hamburgs Straßen zu fahren.

Für den Hamburger Süden laufen unterdessen erste so genannte Plausibilitätserhebungen, soll heißen, es wird genauer geprüft, wie es um die Luftqualität bestellt ist. Und das offenbar, ohne die Ortspolitik zu informieren. "Davon wissen wir nichts", sagt Jürgen Heimath, Vorsitzender der SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung. Das Problem Luftverschmutzung sei im stark verkehrsbelasteten Harburg schwer zu lösen. "Ein erster Schritt wären Elektrofahrzeuge, die von den Bürgern ausgeliehen werden könnten. Da müsste man sich mit dem Betreiber von Verleihstationen unterhalten, ob die sich im Süden etablieren wollen."

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Weiterhin müssten Harburger dazu gebracht werden, stärker als ohnehin auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, "oder einfach mal zu Fuß zu gehen", sagt der SPD-Chef. Er wünscht sich nach wie vor, dass es auch in Harburg StadtRad-Stationen geben soll. Weiterhin rücke eine erneute Debatte über die Einführung von Umweltzonen auch im Hamburger Süden wieder in den politischen Fokus.

Das sieht Kay Wolkau, stellvertretender Vorsitzender der GAL-Fraktion in der Bezirksversammlung, ähnlich. "Außerdem muss der öffentliche Nahverkehr optimiert werden. Wenn es eine U-Bahntrasse, die U 4, bis Sinstorf gebe, würden viele Bürger diese schnelle Verbindung in den Süden bestimmt nutzen", sagt er. Auch der Landkreis Harburg solle in diese Diskussion miteingebunden werden. "Die Buslinien in die Heideorte, wie unter anderem nach Jesteburg, sind alles andere als attraktiv." Harburgs Grüne wollen das Problem der Luftverschmutzung so schnell wie möglich angehen. Wolkau: "Viele Menschen wohnen und arbeiten an den Hauptverkehrsstraßen, sind also direkt betroffen."

So, wie Tabakhändler Detlef Wieghorst in seinem Geschäft am Harburger Ring. "Die Ladentür kann man eigentlich gar nicht offen halten. Sofort stinkt es nach Abgasen", sagt er. Seit vor ein paar Jahren die Fußgängerampel vor dem Arcaden-Einkaufszentrum installiert wurde, "ist es schlimmer geworden, weil sich der Verkehr staut."

Weiteres Problem sei der Fahrzeuglärm. Wenn Rettungswagen mit Martinshornbeschallung vorüberfahren, "versteht man sein eigenes Wort nicht mehr. Der Lärm und die Abgasbelastung gehen an die gesundheitliche Substanz", sagt Wieghorst. Nebenan trägt Gemüsehändler Recep Kocatürk eine Kiste Tomaten nach draußen und packt sie auf einen Stand. Der Gedanke, dass seine frische Ware durch die Abgase Schaden nehmen könnte, kommt ihm nicht. "Die Kunden kaufen trotzdem."

Lärm und Schadstoffemissionen halten auch die Gäste von Hülya Karakurt in ihrem Restaurant "Al Dente" nicht davon ab, sich bei schönem Wetter rauszusetzen und Spaghetti Napoli oder Tiramisu mit Cappuccino an der nicht so frischen Luft zu genießen. "Da kommen schon manchmal Klagen. Aber ich kann es ja nicht abstellen", sagt Karakurt. Wird es zur Hauptverkehrszeit gegen 16 Uhr mal ganz schlimm, "rate ich den Gästen, einfach die Augen zu schließen und zu denken, dass sie Meeresrauschen und Motorboote statt Verkehrslärm mitten in Harburgs Großstadtkulisse hören."