Vor allem technische Berufe sind bei jungen Leuten gefragt. Das Bauhandwerk sucht dagegen vergeblich Nachwuchs.

Lüneburg/Stade/Winsen. Am Ausbildungsmarkt in der Region geht es aufwärts. Einen Monat nach dem üblichen Beginn des Lehrjahres haben deutlich mehr Jugendliche eine Ausbildung angetreten als noch ein Jahr zuvor. "Die Situation hat sich in diesem Jahr positiv entwickelt", sagt Frank Twele von der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade.

Bis Ende September hatten im Landkreis Harburg 410 junge Menschen einen Ausbildungsvertrag in der Tasche, 75 mehr als noch ein Jahr zuvor. In Stade und Umgebung starteten 463 Jugendliche ihre Lehre, ein Zuwachs von 45 neuen Ausbildungsverhältnissen. Im Landkreis Lüneburg ging die Zahl der abgeschlossenen Verträge dagegen leicht zurück, von 326 auf 317. Die aktuellen Daten der Handwerkskammer sind Bruttozahlen, sie sind noch nicht um eventuell im September beendete Ausbildungsverhältnisse bereinigt. Im gesamten Bezirk der Kammer hatten demnach etwa 5200 junge Schulabgänger einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen. Vor einem Jahr waren es nur 5073 gewesen.

Grund für die positive Entwicklung ist laut Twele der demografische Wandel, der dazu führt, dass immer weniger junge Menschen auf den Arbeitsmarkt drängen. "Es ist bereits absehbar, dass es für Betriebe in Zukunft schwieriger wird, geeignete Auszubildende zu bekommen." Große Betriebe, bei denen früher mehr als 50 Bewerbungen eingegangen seien, hätten mittlerweile teilweise nur noch die Auswahl zwischen zehn oder 15 Bewerbern. Da nicht alle Bewerber für eine Stelle genügend qualifiziert seien, blieben auch Ausbildungsplätze unbesetzt.

Passende Bewerber und Ausbildungsbetriebe werden zum Beispiel bei der jährlichen Nachvermittlungsaktion der Handwerkskammer und der Arbeitsagenturen zusammengebracht. "Die Zahl der Nachzuvermittelnden ist aber in diesem Jahr massiv zurückgegangen", sagt Twele. Dies liege vor allem daran, dass weniger junge Menschen die Schule verließen - der Fachkräftemangel kündigt sich an. "Schon jetzt stellen sich viele Firmen um. Sie versuchen gezielt, sich in der Region bekannter zu machen, um bei Schülern Interesse für ihren Betrieb und den entsprechenden Beruf zu wecken."

Doch die meisten Jugendlichen interessieren sich vor allem für bekannte Berufe. In der Hitliste der beliebtesten Lehrberufe halten sich bei den Frauen die Bürokauffrau und die Friseurin standhaft vorn. Junge Männer wollen vor allem Kfz-Mechatroniker, Anlagenmechaniker oder Elektroniker werden. Diese Liste habe sich seit Jahren kaum verändert, so Twele. "Die Schüler konzentrieren sich auf einige wenige Berufe und orientieren sich leider nur ganz selten um." Wer jetzt noch einen Ausbildungsplatz sucht, hat vor allem in eher unbekannten Arbeitsbereichen eine Chance. "Der Bürobereich ist überlaufen. Da ist nichts mehr zu machen", sagt Twele. Nachzügler haben dagegen vor allem in der Elektro- und Metallbranche und in den gewerblich-technischen Berufen eine Chance. Auch Jugendliche, die Fachverkäufer oder Maurer lernen wollen, werden gesucht. Im Baubereich hätten einige Betriebe bereits die Suche eingestellt, berichtet Twele. Es hätten sich einfach keine geeigneten Bewerber gemeldet.

In der Lehrstellenbörse der Handwerkskammer ( www.hwk-bls.de ) werden zwar zurzeit nur zehn freie Stellen angeboten. Die Betriebe seien aber nicht verpflichtet, freie Plätze zu melden. Bewerbern rät Frank Twele, auch bei der jeweils zuständigen Agentur für Arbeit nachzufragen. Bei konkreten Fragen helfen die Ausbildungsberater der Handwerkskammer vor Ort weiter.

Für Jugendliche, die in einem bestimmten Betrieb lernen wollen, könne sich eine Initiativbewerbung lohnen, so Twele. In jedem Fall sei es wichtig, Einsatz zu zeigen. "Und die Bewerber müssen auch eine gewisse Flexibilität mitbringen." Auch Schüler, die erst im kommenden Sommer eine Ausbildung beginnen wollen, sollten schon jetzt die Augen offen halten. In großen Unternehmen beginnen zurzeit die Auswahlverfahren für das Ausbildungsjahr 2012/2013.