Familie Kettler aus Kirchdorf saniert für 130.000 Euro ihre Doppelhaushälfte. “Unsere kalten Hintern sagten uns: 'Wir müssen etwas tun!'“

Wilhelmsburg. Der erste Winter war grausam. Familie Kettler war gerade in ihr neues Haus an der Neuenfelder Straße in Kirchdorf gezogen, und es zog wie Hechtsuppe. Denn das Haus war kein Neubau wie das ultramoderne Hybridhaus, das gerade eineinhalb Kilometer entfernt in derselben Straße in Wilhelmsburgs neuer Mitte fertiggestellt worden ist. Die neue Heimat ist eine alte Siedlerdoppelhaushälfte, Marke Kirchdorfer Eigenheim, Baujahr 1938.

"Als ich im ersten Winter in der Küche gekocht habe, war es grausam kalt und es kostete einige Überwindung morgens zu duschen", sagt Daniela Kettler, 38. "Unsere kalten Hintern sagten uns: 'Wir müssen etwas tun!'"

Das war vor sieben Jahren. Seitdem hat Danielas Mann Torsten Kettler, 44, mit tatkräftiger Hilfe seines Vaters Dietrich, 74, im Haus schon allerhand bewegt: Sie entkernten und sanierten das Badezimmer, sie isolierten und dämmten Giebelwand und Dachschrägen, sie bauten ein neues Fenster im Kinderzimmer ein und dämmten den Boden, sie entfernten Glasbausteine im Eingangsbereich. Rund 30 000 Euro Materialkosten hat Familie Kettler schon in ihr Eigenheim gesteckt - die Doppelhaushälfte mit dem 900 Quadratmeter großen Grundstück hat 185 000 Euro gekostet.

Und jetzt kommt das Meisterstück: Die Kettlers wollen das Haus für 130 000 Euro fit für die Zukunft machen. Es soll nach den "Exzellenz-Sanierungsstandards" der Internationalen Bauausstellung (IBA) energetisch saniert werden. Nach der Sanierung sollen die Kettlers 84 Prozent weniger für Energie ausgeben. Das Haus wird dann den Standard "Effizienzhaus 70" erreichen. Damit wird es dann fast ein Drittel weniger Energie als ein Neubaustandard verbrauchen.

Dafür muss viel gemacht werden bei den Kettlers: Sie erneuern und dämmen das Dach noch besser, sie dämmen die Fassade um das ganze Haus herum, sie tauschen die alten Fenster gegen dreifachverglaste Fenster aus, sie dämmen die Kellersohle, sie bauen eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ein und sie bekommen einen neuen Gas-Brennwertkessel und eine Solarthermieanlage aufs Dach für die Warmwasserbereitung.

Die Facharbeiten übernehmen Profis. Torsten Kettler macht die Hilfsarbeiten, fährt den Schutt weg, reißt die Fliesen aus dem Keller, baut die Markisen ab, mauert zwei Fenster zu und bereitet die Kabel für die Außenbeleuchtung vor.

Nach der Sanierung, ist sich Torsten Kettler sicher, "wird der Wind nicht mehr durch die Steckdosen pfeifen. Unser Wohlbefinden wird deutlich steigen, und wir werden jährlich 1200 Euro Gaskosten sparen". Vom Verein Kirchdorfer Eigenheimer hatte er von der IBA-Aktion "Prima Klima-Anlage" gehört. Ein Energieberater begutachtete das Eigenheim, und die Kettlers entschlossen sich, das Haus von A bis Z zu sanieren. "So etwas sollte man einmal ordentlich machen und dann nicht wieder anfassen", sagt Torsten Kettler.

30 000 Euro der 130 000 Euro Sanierungskosen wird Familie Kettler zurückerstattet bekommen - 9200 Euro gibt die IBA, 9800 Euro kommen aus dem Programm "Energieeffizient sanieren - Effizienzhaus 70" der Kreditanstalt für Wiederaufbau, 7500 Euro vom Programm "Wärmeschutz im Gebäudebestand" der Hamburgischen Wohnungsbaukreditanstalt, 2300 Euro vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle und 1200 Euro von der Behörde für Stadtentwicklung.

"Wir bauen hier ja nicht nur für uns und unser Wohlbefinden, sondern auch für unsere Kinder", sagt Daniela Kettler. Die Grundschullehrerin an der Schule Marmstorf hatte sich vor sieben Jahren sofort in den großen Garten des Eigenheims verliebt, Hausmann Torsten in den kleinen Teich und die Schildkröten. Daniela Kettler kennt die Elbinseln seit ihrer Kindheit. Ihr Großvater mütterlicherseits hatte die Werft Buschmann & Söhne auf der Veddel. "Nun sind die Veddel und Wilhelmsburg ja nicht die ersten Adressen, wo man sich ein Haus sucht, aber hier in Alt-Kirchdorf fühlen wir uns sehr wohl", sagt die Lehrerin.

Als sie noch keine Kinder hatten, wohnte das Ehepaar Kettler in einer Wohnung in der Maretstraße im Harburger Phoenixviertel. "Die Wohnung lag sehr zentral, aber es fehlte im Sommer die Möglichkeit, draußen zu sitzen", sagt Daniela Kettler. "Irgendwie fehlte uns das Grüne." Jetzt können ihre Kinder Tim-Niklas, 5, und Nele, 4, sorglos im großen Garten spielen - so wie ihre Mutter früher in den Ferien bei deren Großmutter. "Die Kinder", sagt Daniela Kettler, "bekommen mit wie die Äpfel reifen und können sie selbst vom Boden sammeln." Auch Birnen, Johannis- und Holunderbeeren wachsen im Garten. "Wir haben", sagt Daniela Kettler, "den Garten genommen und das Haus dazu."