Bürgergruppen fordern Tempo 50 auf der Bundesstraße 4/75 während der Internationalen Gartenschau

Wilhelmsburg. Wie fahren Autos und Lastwagen während der Internationalen Gartenschau (igs) 2013 über die Elbinsel Wilhelmsburg? Und mit welchem Tempo dürfen sie fahren? Diese Fragen stellen sich igs-Verantwortliche und Wilhelmsburger Bürgerinitiativen eineinhalb Jahre vor dem Großereignis, zu dem zwischen dem 26. April und dem 13. Oktober 2013 rund 2,5 Millionen Besucher erwartet werden.

Lösungen müssen jetzt schnell gefunden werden, nachdem feststeht, dass die Wilhelmsburger Reichsstraße nicht mehr bis zum Gartenschaubeginn in Richtung Osten auf den Bahndamm verlegt werden wird. Damit hat die Gartenschau ein Problem: Die mit rund 60 000 Fahrzeugen täglich befahrene Wilhelmsburger Reichsstraße (B 4/ 75) führt schnurstracks durchs Gartenschaugelände.

Wilhelmsburg-Aktivisten haben sich jetzt etwas ausgedacht: Die Reichsstraße soll während der Gartenschau zwischen den Abfahrten Wilhelmsburg-Süd und Georgswerder für den Lkw-Verkehr gesperrt werden - "zwischen Wilhelmsburg-Süd und Wilhelmsburg-Mitte für alle Lkw ab 3,5 Tonnen und zwischen Wilhelmsburg-Mitte und Georgswerder für alle Transit-Lkw ab 3,5 Tonnen", sagt der Kirchdorfer Eigenheimer Jochen Klein von den "Engagierten Wilhelmsburgern".

Ein weiterer Vorschlag von Wilhelmsburger Gruppen: Gleichzeitig mit dem Lkw-Aus für die Reichsstraße soll das zulässige Höchsttempo auf der B 4/75 von derzeit 70 auf 50 reduziert werden. Ziel beider Maßnahmen: Die Gartenschaubesucher sollen in Ruhe durch die Gartenschauwelten promenieren und ohne viel Fahrzeuglärm die Veranstaltungen genießen können. Gartenschau-Chef Heiner Baumgarten steht hinter den Vorschlägen der Wilhelmsburg-Aktivisten: "Ein Lkw-Verbot auf der gesamten Strecke zwischen Wilhelmsburg-Süd und Georgswerder ist richtig. Sonst könnten die Lastwagen in Wilhelmsburg-Mitte wieder auf die Reichsstraße fahren - das verträgt dieser Knoten nicht." Auch Tempo 50 ist aus Sicht der igs zu befürworten.

Aber das reicht der Gartenschau noch nicht: Entlang der Reichsstraße zwischen Wilhelmsburg-Mitte und -Süd soll ein kombinierter Lärm- und Sichtschutz entstehen. Höhe: bis zu zwei Meter. "Der Besucher soll nicht den Eindruck bekommen, als führen die Autos direkt durch den Park", sagt Heiner Baumgarten. Bis 2013 soll auch noch offenporiger "Flüsterasphalt" verlegt werden. Der igs-Chef rechnet mit fünf Millionen Euro Kosten für diese Baumaßnahmen.

Im Gespräch ist auch, die Reichsstraße während der Gartenschau ganz zu sperren. Diese Idee wurde von den meisten Aktivisten wieder verworfen. "Eine Sperrung der Straße erscheint uns unrealistisch", sagt Professor Michael Rothschuh vom Verein Zukunft Elbinsel. "Sie provoziert Ausweichverkehre in die Wilhelmsburger Wohngebiete, deren Straßen dafür nicht ausgelegt sind. Wichtiger ist es, die Reichsstraße zu zivilisieren."

Wo aber sollen die Transit-Lkw, die keine Ziele in Wilhelmsburg ansteuern, die Elbinsel durchqueren? Die Bürgergruppen setzen vor allem auf die Autobahn 1 und auf zwei Routen, die durch Wilhelmsburger Gewerbe- und Hafengebiete führen. Eine Route führt von der Georg-Wilhelm-Straße im Süden Wilhelmsburgs in die Hohe-Schaar-Straße im Wilhelmsburger Westen westlich des Reiherstiegs hoch in Richtung Veddeler Damm. Die andere Route führt von der Georg-Wilhelm-Straße, den Pollhornweg, den Pollhorner Hauptdeich, Schmidts Breite, Bei der Wollkämmerei, die Neuhöfer Straße in den Neuhöfer Damm - hier treffen sich die beiden Routen im Neuhofer Industrie- und Hafengebiet. Gewinner dieser Lösung wären die Anwohner der Georg-Wilhelm-Straße. Sie soll nach den Vorstellungen der Bürgergruppen für den Lkw-Transitverkehr ab 3,5 Tonnen gesperrt und bis in Höhe Mengestraße eine Tempo-30-Zone werden.

Auch nördlich der Mengestraße wollen die Wilhelmsburger Bürgergruppen auf der Georg-Wilhelm-Straße keine Transit-Lkw ab 7,5 Tonnen haben - das soll auch für die Fährstraße, den Vogelhüttendeich und die Harburger Chaussee im Norden der Elbinsel gelten. Damit orientieren sich die Aktivisten am Masterplan "Verkehr im Fluss" der Hamburg Port Authority (HPA) vom August 2010 - "Maßnahmen zur Verringerung des Schwerverkehrs in Wilhelmsburg" (Seite 66).

Ziel der Wilhelmsburger Bürgergruppen ist es, dass so viele Gartenschau-Besucher wie möglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf die Elbinsel kommen und Park + Ride-Plätze auf der Veddel und an S-Bahnhöfen in Hamburg und im Hamburger Süden nutzen. Auch ein Bus-Shuttle-Service vom Berliner Tor und von der Veddel sowie von einem Parkplatz am Fünfhausener Landweg in Neuland, unweit der A 1-Abfahrt Harburg, ist im Gespräch. Die Busse sollen direkt an Haltebuchten an der Wilhelmsburger Reichstraße halten - Tickets mit igs-Eintritt könnten schon im Bus verkauft werden. Diesen Vorschlag lehnt igs-Chef Heiner Baumgarten ab: "Das Sicherheitsrisiko wäre zu hoch, wenn die Busse wieder auf die Reichsstraße auffahren."