Die Verbindung zwischen den Autobahnen 1 und 7 ist auf Eis gelegt - die Reaktionen darauf fallen unterschiedlich aus.

Harburg/Wilhelmsburg. Seit Jahrzehnten wird in Hamburg über den Bau einer Hafenquerspange diskutiert. Es gab zahlreiche Pläne, Nord- und Südvarianten, und unterschiedliche Kostenmodelle. Die Querspange soll nach den Vorstellungen der Planer den Hamburger Hafen besser an das Hinterland anbinden und die Straßen im Hamburger Süden entlasten.

Jetzt hat das Projekt einen erneuten Dämpfer erfahren: Der Ausbau der A 26 auf Hamburger Gebiet, also die Hafenquerspange, taucht im Investitionsrahmenplan 2011 bis 2015 des Bundes nicht auf (das Abendblatt berichtete). Die Hamburger Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation will sich zu den aktuellen Entwicklungen in Berlin bislang nicht äußern. "Noch haben wir keine offizielle Nachricht der Bundesregierung bekommen", sagte Behördensprecherin Helma Krstanoski am Mittwoch dem Abendblatt.

Wie reagieren indes die Lenker und Denker im Hamburger Süden auf die Nachrichten aus der Bundeshauptstadt? Die Harburger Wirtschaft ist alles andere als erfreut. "Hamburg braucht eine Autobahn als Querspange zwischen der A 1 und der A 7 , um die Wirtschaftsverkehre aus dem Hafen und von den Ausweichtrassen im Hamburger Süden wegzubekommen", sagte der Vorsitzende der Süderelbe AG, Jochen Winand auf Anfrage. Er plädiert für eine Südtrasse der Hafenquerspange - "auch um die Bundesstraße 73 vom Individualverkehr zu entlasten". Es wäre "ein starker verkehrspolitischer Rückschlag" für den Hamburger Süden, so Winand, wenn sich die Planungen für eine Querspange um weitere fünf bis zehn Jahre verzögerten.

Der Harburger Bürgerschaftsabgeordnete Frank Wiesner (SPD) sieht die Lage etwas gelassener: "Das Geld für die Hafenquerspange wäre ja sowieso nicht vor 2015 gekommen, da die Trasse nicht im so genannten vordringlichen Bedarf steht. Es gibt ja auch noch kein Planfeststellungsverfahren für diese Autobahn." Wichtiger als eine Hafenquerspange in ferner Zukunft, so Wiesner, sei ein Verkehrskonzept für den Hamburger Süden, das realistisch umsetzbar sei. "Wir brauchen kleine, pragmatische Schritte, die dem Hafen und den geplagten Anwohnern im Süderelberaum helfen." Wiesner selbst ist gegen die zuletzt geplante Südvariante der Querspange durch Moorburg und Wilhelmsburg: "Ich halte sie nicht für sinnvoll, weil sie die Probleme im Hafenbereich nicht lösen wird."

Auch auf der Elbinsel Wilhelmsburg wird die neue rote Karte für die Hafenquerspange heftig diskutiert. "Ich bin sowieso kein Freund der Hafenquerspange, deswegen macht mich die Nachricht aus Berlin nicht traurig", sagte der einzige Bürgerschaftsabgeordnete aus Wilhelmsburg, Metin Hakverdi (SPD), der am Dienstagabend zum Vorsitzenden des Regionalausschusses Wilhelmsburg/Veddel gewählt wurde. "Das Geschacher, welches Bundesland für welches Projekt wie viel Geld aus Berlin bekommt, ist ganz normal. Ich sehe nicht, dass sich etwas geändert hat, was die Wahrscheinlichkeit der Realisierung der Querspange angeht."

Bei der GAL in Mitte stieß die Nachricht aus Berlin auf Zustimmung: "Wunderbar, wir freuen uns, weil die GAL in Mitte sich schon immer gegen die Hafenquerspange ausgesprochen hat", sagte die Mitte-Abgeordnete Jutta Kodrzynski. "Wir halten die Querspange für überflüssig, weil sie noch mehr Verkehr anziehen würde." Das Verkehrsaufkommen werde sich aber nicht so stark nach oben entwickeln, dass eine Hafenquerspange erforderlich sei.

"Mich überrascht die Nachricht nicht, denn wir haben nicht damit gerechnet, dass die Hafenquerspange vor 2025 realisiert werden wird", sagte der Mitte-Abgeordnete und ehemalige Bürgerschaftsabgeordnete Jörn Frommann (CDU) aus Wilhelmsburg. Die Verkehrsbehörde müsse sich jetzt sofort überlegen, wie die Ost-West-Verkehre auf der Elbinsel geleitet werden sollen. Frommann: "Wir brauchen jetzt schnellstens ein tragfähiges Verkehrskonzept für den Hamburger Süden."

Auch Wilhelmsburger Aktivisten und Gegner einer Hafenquerspange äußerten sich gegenüber dem Abendblatt. "Der Hamburger Senat sollte sich endlich überlegen, ob die Hafenquerspange überhaupt noch eine Chance hat jemals gebaut zu werden, nach dem alle Bürgermeister seit 30 Jahren mit dem Versprechen zu regieren begannen, die Hafenquerspange zu bauen", sagte Prof. Michael Rothschuh.

In den Haushaltsplanungen 2012/2013 seien wiederum Mittel für die Planung der Querspange vorgesehen - "die kann Hamburg sich sparen". Rothschuh unterstützt den Vorschlag von Wirtschaftssenator Frank Horch, Container über die Bahn in speziellen Tunneltrassen zu transportieren - "das würde den Verkehr in Hamburg nachhaltig begrenzen".

Nach Ansicht des Kirchdorfer Eigenheimers und Geschäftsführers der Klagegemeinschaft Rechtsschutz Lebensqualität Wilhelmsburg, Jochen Klein, gehören jetzt auch die Pläne für eine Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße auf den Prüfstand. "Ein einfaches Weiterführen der alten schwarz-grünen Planungen macht keinen Sinn mehr", sagte Jochen Klein. Die frühzeitige Verschwenkung der Wilhelmsburger Reichsstraße auf den Bahndamm im Süden der Elbinsel sei nur notwendig, um sich die Möglichkeit eines Anschlusses an die Hafenquerspange zu erhalten. "Diese frühzeitige Verschwenkung der Wilhelmsburger Reichsstraße kostet nach uns vorliegenden Unterlagen mindestens 20 Millionen Euro."