Hans-Heinrich Hohls und Frank Dohnke kommen insgesamt auf 42 Dienstjahre. Die Belastung auf dem Land ist nicht geringer als in der Stadt.

Jesteburg. Der Weg führt durch einen kleinen Park hoch zu einem kleinen Fachwerkhaus. Nur ein kleines blaues Schild neben den weißen Fenstern und eine moosbedeckte Notrufsäule deuten auf die Jesteburger Polizeiwache hin. Von einem blauen Streifenwagen ist keine Spur. Wenn die David-Wache auf St. Pauli die spannendste und meist gefilmte Polizeistation des Norden ist, dann kann man in Jesteburg wohl von der schönsten sprechen.

Hans-Heinrich Hohls und Frank Dohnke, die beiden Polizisten der Wache, kommen insgesamt auf 42 Dienstjahre. Genug Zeit also, um in der Samtgemeinde die Menschen kennenzulernen. "Wir kennen häufig noch die Eltern unserer Pappenheimer", sagt Hohls und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. Auf seinem Schreibtisch liegen feinsäuberlich die aktuellen Anzeigen sortiert. Die täglichen Fälle reichen vom Diebstahl bis hin zur Körperverletzung. "Wir leben schließlich nicht auf dem Baum oder drehen gar Däumchen", stellt der Polizeioberkommissar klar. "Wir haben reichlich zu tun und die Belastung ist ähnlich hoch wie in der Stadt", pflichtet ihm sein Kollege Dohnke bei. Nur die Schwerpunkte der Arbeit sind andere.

Jesteburg liegt in der Metropolregion von Hamburg und hat mit einem sozialen Brennpunkt wenig zu tun. Viele Einwohner haben gute Jobs in Hamburg und leben hier wegen der Idylle auf dem Land und den verhältnismäßig niedrigen Mietpreisen. "Wir sind vielmehr Ansprechpartner für die Bürger, gerade weil man uns natürlich persönlich kennt", sagt Dohnke, der selbst Vorsitzender des örtlichen Sportvereins ist. Die Polizei als Freund und Helfer ist also auf dem Land noch Realität? "Mit Humor und Geschick kann man hier die Dorfschlägerei besser schlichten als mit einer Einsatztruppe", ist sich Dohnke sicher. Selbst Opfer von Gewalt sind die beiden in ihrer Dienstzeit nur einmal geworden und das, obwohl gerade Alkoholmissbrauch und häusliche Gewalt auch auf dem Land immer mehr zum Problem werden.

"Dorfpolizei ist aber kein Altenteil", stellt Hans-Heinrich Hohls klar und erklärt warum. "Durch 30 Tage Urlaub und die Mitarbeit in der Einzeldiensthundertschaft und der Mordkommission kann man davon ausgehen, dass jeder von uns rund drei Monate im Jahr den Dienst alleine schmeißt." Gerade bei Events in der Region wie dem Buchholzer Stadtfest oder den Cyclassics wird die Jesteburger Wache gerne zur Verstärkung gerufen. Zu dieser normalen Polizeiarbeit kommt dann noch die Arbeit als Freund und Helfer in allen Lebenslagen. "Abends kommen auch schon mal Touristen auf der Suche nach einem Zimmer zu uns. Da vermitteln wir auch gerne", erklärt Hohls mit einem Lächeln.

Diese Mischung aus Polizeiarbeit und Ansprechpartner für alle Sorgen ist auch im restlichen Hamburger Umland üblich. "Klar sind wir mehr Freunde als Staatsmacht, den Dienst macht das noch anspruchsvoller, auch weil der Faktor Zeit eine viel größere Rolle spielt", ist sich Polizeisprecher Rainer Bohmbach von der Polizeiinspektion Stade sicher. "In einer Wache mit 15 Beamten hat jeder sein Aufgabengebiet, auf dem Land müssen die Beamten sich um jede Art von Straftat kümmern." Seine Kollegin Nicole Winterbur aus Lüneburg sieht außerdem die Unterschiede zwischen Stadt und Land immer mehr verschwinden.

"Die Zahlen zeigen klar, dass die Gewalt gegenüber der Polizei auch hier stark zu nimmt. Gerade wenn auf dem Dorffest oder der privaten Feier Alkohol im Spiel ist, sinkt die Hemmschwelle rapide." Vielleicht kann man gerade deshalb, die Klagen der Kollegen in Hamburg sehr gut verstehen. "In Hamburg regieren für die Polizei die Extreme. Schichtdienst in den Brennpunkten, Veranstaltungen wie das Schanzenfest und zwei Bundesligisten stellen schon eine besondere Arbeitsbelastung dar", sagt Hans-Heinrich Hohls. Mit den Kollegen tauschen möchte keiner von beiden.