Die Anwohner in Moorburg sind genervt, weil die Monteure des Kraftwerkneubau ihre Autos überall an den Straßen und vor Einfahrten abstellen.

Moorburg. Frisch gekochter Kaffee, belegte Brötchen, Zeitungen und selbst eingekochtes Pflaumenkompott: Carola Tödter, Inhaberin von "Roli's Laden" am Moorburger Elbdeich, kam mit ihrem Sortiment immer gut über die Runden. Seit einem Jahr bleiben ihr die Kunden weg. "Jetzt geht gar nichts mehr. Früher bin ich an die 40 Brötchen losgeworden, heute habe ich fünf Stück verkauft", sagt sie. Der Grund: "Vattenfall hat aus dem Ort einen riesigen Parkplatz gemacht. Überall stehen die Autos der Monteure", sagt sie.

Auch vor ihrem Laden. "Hier kommt keiner mehr her. Die Leute kaufen woanders ein, dort, wo sie mal schnell ranfahren können. Und die Bauarbeiter haben sich schon eingedeckt", sagt sie. Linienbusfahrer hätten Probleme, in der engen Straße an den Autos vorbeizumanövrieren. "Es ist unmöglich. Aber Beschwerden bei Vattenfall bringen nichts", sagt sie wütend.

In der Tat stehen vor fast jedem Haus, vor den Einfahrten, an allen Straßen des 800-Einwohner-Ortsteiles Fahrzeuge. Die Kraftwerk-Arbeiter kommen aus Polen, aus Slowenien, aus Ungarn und aus Bottrop, Dortmund und Leipzig. Vor dem Haus des Holzbildhauers Hartwig Drescher, 57, am Moorburger Kirchdeich das gleiche Problem. In der etwa einen Kilometer langen Straße steht die Karawane der Monteurfahrzeuge - wie überall in Moorburg. Und wie an fast jeder Straßenecke wurden Halteverbotsschilder platziert. "Das hält die nicht davon, die kassieren jeden Tag ein Ticket und rauschen am nächsten Tag wieder an", sagt Drescher.

Sein Nachbar von gegenüber, der Maler Jerzy Malicki, ist genervt. "Morgens, so gegen 6.30 Uhr, haben wir hier das Gefühl, neben einer Autobahn zu wohnen. Die Lärmbelästigung ist enorm. Ich komme manchmal gar nicht von meiner Einfahrt herunter, weil die Arbeiter hier alles zustellen", sagt er. Sogar Wiesen und Gärten müssen als Parkflächen herhalten. "Es ist eine Frechheit", sagt Drescher. Einige Eltern hätten Angst um ihre Kinder. "Bevor der Baustellenwahnsinn hier begann, konnten die Kleinen mit ihren Rollern auf der Straße fahren. Jetzt ist es einfach zu gefährlich." Denn einige Vatttenfall-Arbeiter halten sich nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzungen. "Hier gibt es Tempo-30-Zonen. Die glauben, das bedeutet 30 Stundenkilometer pro Reifen, so schnell, wie die hier durchrasen", sagt Einwohner Frank Dettloff, der bei Carola Tödter im Laden vorbeischaut. "Das geht Tag und Nacht so, von Lebensqualität keine Spur", sagt Detloff.

Auch die Polizei ist genervt. "In der Nähe unseres Reviers am Harburger Hauptdeich haben die Monteure ebenfalls alles dicht geparkt. Wir haben Knöllchen verteilt und auch abschleppen lassen. Danach sind die in den Ort ausgewichen", sagt ein Beamter der Wasserschutzpolizei. Es sei ein Kampf gegen Windmühlen. Bis zu 25 Euro kostet es, Halteverbotsschilder zu ignorieren. Und wer seinen Wagen immer wieder dort abstellt, muss immer wieder Bußgeld bezahlen. Seinen Führerschein gefährdet er laut Polizeisprecherin Ulrike Sweden nicht. "Unbelehrbare zahlen irgendwann höhere Gebühren", sagt sie.

Einige Moorburger vermuten, dass Vattenfall für die Knöllchen aufkommt. "Nein, das bezahlen wir nicht", sagt Unternehmenssprecher Stefan Kleinmeyer. Allerdings sehe sich der Kraftwerksbetreiber auch nicht in der Pflicht, Abhilfe für die vom Park-Terror geplagten Moorburger zu schaffen. "Wir haben Parkflächen eingerichtet. Das muss ausreichen." Für die 2000 Arbeiter stehen 200 Plätze am Moorburger Kirchweg, 150 auf dem Holborn-Gelände, 240 an der Nippoldstraße und 30 am Nehusweg zur Verfügung. "Weiterhin gibt es einen Shuttleservice zur Baustelle", sagt Kleinmeyer. Das sei völlig ausreichend. "Außerdem sind wir für die Arbeiter nicht direkt verantwortlich. Es handelt sich um Angestellte von Auftragsfirmen. Wenn die sich nicht an die Vorschriften halten, können wir nichts dafür."

Der Beamte der Wasserschutzpolizei rät den Moorburgern, mehr Druck zu machen. "Abschleppen kostet immerhin 300 Euro. Da werden sich einige überlegen, nicht doch mit dem Bus zu kommen oder ordnungsgemäß zu parken." Carola Tödter schüttelt den Kopf. "Wenn noch nicht einmal der HVV-Bus hier durchkommt - wie soll das denn ein Abschleppwagen schaffen?"