Wollhandkrabben für die fernöstliche Küche. Eckhard Panz fängt sie in der Nähe von Hohnstorf

Hohnstorf/Elbe. Wollhandkrabben wurden von Handelsschiffen aus China nach Deutschland eingeschleppt. Das war vor rund 100 Jahren. Seitdem ärgern die Krabben Flussfischer, weil sie mit ihren scharfen Scheren Fangnetze zerstören. Aus der Not eine Tugend gemacht hat Elbfischer Eckhard Panz aus Hohnstorf. Er fängt die Wollhandkrabben in der Elbe und verkauft sie als Delikatesse an chinesische Händler. Noch bis Oktober hat er Hochsaison.

Interessiert an den bis zu 30 Zentimeter großen und mit einem dicken Rückenpanzer ausgestatteten Exoten ist auch Deutschlands zurzeit bekanntester Tierfilmer Andreas Kieling. "Die Wollhandkrabbe ist ein Paradebeispiel dafür, wie sich eine neue Tierart erfolgreich sehr schnell breit gemacht hat", sagt er. Kieling kam gestern zu Fernsehaufnahmen nach Hohnstorf, um Krabben, die Panz gefangen hatte, an der Palmschleuse im benachbarten Lauenburg für eine Dokumentation zu filmen. Arbeitstitel: "Wie wild ist Deutschland? Eine Inventur der Natur."

Fischer Panz sagt, inzwischen dürften mehrere Milliarden Wollhandkrabben in der Elbe leben. Seit 1920 gibt es sie im Fluss. Bis Dresden haben sie sich schon ausgebreitet. "Sie sind heimisch geworden."

Jetzt ist Krabbenfangsaison. Mit Beginn der Paarungszeit im Spätsommer wandern die heranwachsenden Tiere flussabwärts zum Meer. "Ich hole zurzeit 200 Kilogramm Krabben in der Woche aus dem Fluss", so der Hohnstorfer. Doch dieses Jahr ist im Vergleich eher schlecht. "Es waren schon 500 Kilogramm pro Woche."

Statt sich zu ärgern, dass die Flusstiere ihm die Netze zerschneiden, schlägt Panz Kapital aus ihnen. "Die großen Wollhandkrabben werden im Handel für 16 Euro je Kilogramm verkauft. Ich bekomme vier Euro. Das lohnt sich." Zumal sich der Markt für die Krabben gut entwickelt.

Und so holt er sie aus der Elbe und verkauft die größten Exemplare an Händler in Hamburg und Lüneburg. Schäden an seinen Netzen beklagt er nicht. "Ich benutze für die Reusen einfach stärkeres Garn", sagt er. Beifang gebe es bei ihm ohnehin nicht. "Alles, was im Netz ist, wird auch vermarktet."

Die Wollhandkrabben aus der Elbe kommen vor allem in den Niederlanden, Italien und Spanien in die Asia-Märkte.

Demnächst geht die Krabbe per Container sogar wieder dahin, wo sie einst hergekommen ist: nach China. Denn dort wird sie in den verseuchten Flüssen immer seltener. Reimport nach 100 Jahren. In der asiatischen Küche ist die Wollhandkrabbe eine Spezialität. Zur Zubereitung werden die Krabben mit Schnüren zusammengebunden, um zu verhindern, dass der wohlschmeckende Saft beim Kochen austritt. Danach werden sie in Dampf gegart.

Ob die Wollhandkrabbe, die er bereits seit 40 Jahren fischt, dem Ökosystem Elbe Schaden zufügt, weiß Panz nicht. "Es wird vielleicht weniger Biomasse im Fluss geben - weil sie alles fressen. Flohkrebse, Laich und Fische." Ein Problem sieht er nicht. Die Auswirkungen sind nicht greifbar. "Schon bevor die Wollhandkrabbe kam, gab es in der Elbe Krebse. Ich weiß nicht, wie sich die Situation mit der Wollhandkrabbe verändert hat", sagt Panz.

Zum ersten Mal Leben hatte Andreas Kieling 1976 Wollhandkrabben gesehen. Der Tierfilmer und Abenteurer floh damals als Sechzehnjähriger aus der DDR und seine erste Station war das Alte Land, wo er bei seinem Großvater nahe Stade unterkam. "Bei Ebbe lagen die Krabben im flachen Elbewasser", sagt er. Die Tiere hat er als einen der Darsteller für seine neue Dokumentation ausgewählt, die im Frühjahr 2012 zu sehen sein wird. "Weil sie unter den nach Deutschland eingeschleppten Tierarten einzigartig ist. Keiner hatte es für möglich gehalten, dass die Wollhandkrabbe so erfolgreich heimisch wird." Kieling, der für die ZDF-Reihe "Terra X" dreht, stellt eine positive Entwicklung der Artenvielfalt zwischen Berchtesgaden und Flensburg fest. "Das liegt daran, dass große Schutzgebiete ausgewiesen wurden, das Klima sich ändert und weniger Gifte wie Pflanzenschutzmittel die Umwelt belasten." So hat sich der einst vom Aussterben bedrohte Seeadler in seinem Bestand erholt. "Es gibtwieder 600 Paare."