Nach der Schließung von “Consortium“ und “Café Leben“ ist nun auch der “Rieckhof“ in Harburg von der Schließung gefährdet.

Harburg. Die Kult-Musikkneipe "Consortium" an der Neuen Straße dicht, der Rieckhof strauchelt und im Heimfelder "Café Leben" herrscht Totentanz. Werden in Harburg bald abends die Bürgersteige hochgeklappt, weil das Nachtleben keine Vielfalt bietet? Ulli Schweer, 69, die in den vergangenen Jahren das "Consortium" im Alleingang betrieben hat, will keinen Neuanfang mehr wagen. "Ich bin müde geworden, stand jahrelang für die Harburger mit dem Rücken zur Wand mit meinem Betrieb, um etwas Unverwechselbares zu erhalten. Jetzt kann ich nicht mehr", sagt sie. Gerade hat sie die Kneipe an den Vermieter übergeben. "Schweren Herzens und mit mehr als einer Träne in den Augen", sagt sie und streichelt nachdenklich Hündin "Püppi". Etwas mehr Unterstützung hätte sie sich schon gewünscht.

Da kann Jörn Hansen vom Rieckhof schon lauter werden, wenn er etwas für "seinen Rieckhof" rausschlagen will. "Kommen wir nicht von den hohen Mietkosten runter und erhalten wir nicht mehr Mittel, kann ich den Laden dicht machen", sagte er kürzlich im Abendblatt.

Viele Harburger sind geschockt. "Das wäre schrecklich, wenn der Rieckhof nicht mehr da sein würde", sagt Bente Gottschalk, 37. Die Einrichtung sei das einzige Veranstaltungszentrum, "wo man in Harburg tolle Konzerte miterleben kann", sagt sie. Außerdem sei es sehr schade, dass es das Consortium nicht mehr gibt. "Für viele Leute war es ja die Harburger Musikkneipe, eben etwas ganz besonderes für den Stadtteil." Wo sie gerne hingeht? "Essen gehen in ein Lokal an der Lämmertwiete oder Cocktails trinken im "Bolero", darauf möchte ich nicht verzichten"

Ute Bliefterding, 73, aus Eißendorf fordert, dass der Rieckhof mehr unterstützt werden sollte. "Von außen sieht das ja erbärmlich aus. Und das soll Harburgs Bürgerhaus sein", sagt sie. Das Bezirksamt solle sich mehr um die Lebensqualität der Bürger kümmern und dafür sorgen, dass Harburg seinen Einwohnern kulturell mehr bietet. "Da gehört eben auch dazu, dass Bemühungen von Leuten, Live-Musik und andere Veranstaltungen zu organisieren, unterstützt werden", sagt die Rentnerin.

Für den Harburger Cesar Moniz, 34, existiert eine Szene im Stadtteil "so gut wie gar nicht". Spielstätten wie Rieckhof , aber auch Lokale wie das "Consortium sollten "einfach mal mehr Werbung machen. Viele Leute wissen gar nicht, was in Harburg so los ist." Wenn er abends ausgeht, zieht es ihn eher ins Irish Pub "Old Dubliner" oder er fährt in die Hamburger Innenstadt.

Kritik in Richtung Bezirksamt kommt von einem Geschäftsmann an der Hölertwiete, der seinen Namen nicht nennen will, "weil das Thema zu heiß ist. Wenn Bürger sich für etwas Positives für Harburg engagieren, kommt das Bezirksamt und stellt so viele Vorschriften auf, dass vielen die Lust vergeht", sagt er. Andererseits müssten sich die Macher von "Consortium" und Rieckhof nicht wundern über ihre Misere. "Halte ich die Brandschutzvorschriften nicht ein, machen die mir den Laden dicht. Dasselbe passiert, wenn ich ein halbes Jahr keine Miete zahlen würde. Das ist ganz einfach Missmanagement, da steckt vieles im Argen."

Harburg könnte viel mehr losmachen, sagt Gastronom Heiko Hornbacher. Wenn: "Etwas weniger Bürokratie wäre hier angebracht", sagt er. Es könne nicht sein, dass "Beamte saftige Strafen aufbrummen, wenn mal im Außenbereich ein Stuhl einen Zentimeter zu viel in den Gehweg hineinragt. Da sind die hier strenger als in der Mönckebergstraße", sagt er. Sinnvoll wäre außerdem, eine Pistennacht mit vielen Harburger Lokalitäten zu organisieren. Dazu müssten sich die Kneipenbetreiber aber einig sein. "Was im kleinen Uetersen im Kreis Pinneberg gelingt oder in Buxtehude, das geht hier irgendwie nicht, weil jeder nicht von seinen Eigeninteressen weg will", sagt Hornbacher. Die Not sei offenbar noch nicht groß genug. "Dabei kommen die Harburger, wenn ihnen etwas geboten wird. Tritt Lotto King Karl im Rieckhof auf, ist die Bude voll, sogar Gäste aus anderen Stadtteilen sind dann im Saal."

Er fordert mehr Kreativität von seinen Kollegen. Er gibt zu, dass es für die Betreiber sehr schwer ist, "weil keiner Geld von der Kulturbehörde erhält. "Da hat man es im geförderten Wilhelmsburg schon leichter", sagt Hornbacher.