Hamburgs Finanzsenator Tschentscher macht deutlich, dass die Erschließung des Baugeländes “Röttiger Kaserne“ zu teuer sei.

Harburg. Wohnungsbau nimmt in Zukunft einen Schwerpunkt der Stadtentwicklung ein. Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD), zuständig auch für Bezirke, hatte schon vor der Sitzung der Harburger Bezirksversammlung Dienstagnachmittag seinen ersten offiziellen Harburg-Besuch gestartet, hatte Gespräche mit dem Wirtschaftsverein geführt und sich von Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg die städtebauliche Entwicklung des Binnenhafengebiets und der Schloßinsel erklären lassen. Vor den Abgeordneten der Bezirksversammlung wies Tschentscher in einer Begrüßungsansprache auf das große Wachstumspotenzial Harburgs hin und machte auch deutlich, dass die Erschließungskosten für das Baugelände "Röttiger Kaserne" in Fischbek zu hoch seien und der Wohnraumanteil dort zur Kostensenkung deutlich erhöht werden müsse.

6000 Sozialwohnungen will Hamburg künftig pro Jahr bauen, um steigenden Mietpreisen entgegenzuwirken und bezahlbaren Wohnraum für Menschen mit geringerem Einkommen bereitzustellen. Dienstag früh hatte der Senat deshalb mit den sieben Bezirksamtsleitern der Stadt eine vertragliche Vereinbarung unterzeichnet, in der Wohnungsbauziele und bezirkliche Wohnungsbauprogramme festgelegt sind sowie die Verfahrensweise zu beschleunigten Baugenehmigungen, einschließlich Bürgerbeteiligung. Meinberg stellte der Bezirksversammlung das Vertragswerk vor, das dem Bezirk Harburg mit baldmöglichstem Beginn einen Bauanteil von 700 Wohnungen pro Jahr auferlegt. Meinberg: "Alle Bezirke werden den eingeschlagenen Weg mitgehen. Die Bezirke erhalten die Kompetenz für ihre Projekte. Und im Schulterschluss mit den Bürgern werden wir die Ziele erreichen." Innerstädtischer Wohnungsbau erhält Vorrang vor Bauen auf der grünen Wiese. Gedacht wird auch an Wohnungsbau auf Gewerbeflächen, ebenso Umbau/Aufstockung von Gewerbebauten für Wohnzwecke. In den Vorjahren wurden im Bezirk Harburg zwischen 300 und 500 Wohnungen pro Jahr neu gebaut.

Während SPD und Linke den frisch geschlossenen Vertrag weitgehend positiv betrachteten, machte die GAL Gegenwind. Ronald Preuß verwies auf die von Verwaltung und Stadtplanungsausschuss vorbereitete Harburger Wohnungsbaukonferenz im September. Da würden Zahlen festgelegt werden. Und die Bezirksversammlung sei an dem Vertrag nicht beteiligt worden. Das sah auch Ralf-Dieter Fischer (CDU) so. "Der Vertrag ist nicht mit der Bezirksversammlung ausgehandelt. Es handelt sich um ein einseitiges Diktat". Carsten Schuster (FDP): "Der Vertrag ist zwar mit heißer Nadel gestrickt, aber er ist gut. Wir benötigen insbesondere familiengerechten Wohnraum und müssen den Wegzug Hamburger Bürger ins Umland unterbinden."

Die CDU hatte sechs Anträge unter dem Stichwort "Harburg - Wohnungsbauinitiative" in die Sitzung eingebracht, sorgte damit allerdings bei der SPD für Aufregung. Muammer Kazanci: "In den letzten zehn Jahren ist unter der Regierung von CDU und GAL die Wohnungsnot entstanden. Die Mieten sind in Hamburg wie in keiner anderen Stadt gestiegen. Wir haben hingegen in den ersten hundert Tagen das Wohnungsbauprogramm vorgelegt." Jürgen Heimath (SPD) dankte allen Bezirksamtsleitern die den Vertrag mit ausgehandelt haben. Ohne die Stimmen von CDU und GAL wurde dem Vertrag von SPD und Linke zugestimmt. Die Linken hatten den Bau von sogar 8000 Wohnungen gefordert. Das nannte Kazanci eine "überzogene Forderung".

Hatte die CDU gegenüber der SPD und der FDP aus der Verwaltung heraus einen Informationsvorsprung? SPD und FDP deuten diese Vermutung in einem gemeinsamen Antrag an, der sich wie ein zuvor von der CDU eingereichter Antrag mit dem Gebiet der Wohnunterkunft Wetternstraße/Zehntland, Gelände der Saga, befasst. Dort ist vorgesehen, weitere Unterkünfte zu schaffen. Anwohner meldeten sich in der Bürgerfragestunde zu Wort, forderten hingegen Aufwertung durch Bau von Einfamilienhäusern oder Reihenhäusern. Die CDU hatte dies in ihrem Antrag stehen. SPD und FDP fordern in einem weitergehenden Antrag die Verwaltung auf, unverzüglich mit der Wohnungsbaugesellschaft Saga Gespräche aufzunehmen. Ziel: Abriss der maroden Unterkunftsgebäude. Der Neubau von Unterbringungsquartieren wird abgelehnt. SPD und FDP wollen stattdessen den Bau von Reihenhäusern.

Die SPD lehnte mit ihrer Mehrheit auch einen CDU-Antrag ab, der zugunsten von Wohnungsbau den Abriss des Hochbahn-Betriebshofs an der Winsener Straße forderte. Jürgen Heimath (SPD): "Die Hochbahn wäre nicht bereit, ihren Bus-Betriebsplatz aufzugeben."