Harburgs Jugend feiert eine ausgelassene Party im Appenbütteler Tal - individuelle Alkoholkontrolle per Armbändchen

Harburg. Die Ackerfete beginnt schon im Bus, Linie 144 bis Appelbütteler Weg. An der Haltestelle Harburger Ring steigen viele Jugendliche ein. "Am Schafshagenberg müsst ihr wieder raus, dort, wo alle anderen Jungs und Mädels aussteigen", sagt der Busfahrer einigen Jugendlichen aus Neuwiedenthal, die sich nicht so gut auskennen.

Dann, am Appelbütteler Tal angekommen, sitzt auf der Bank am Haltepunkt eine Art Empfangskomitee. "Hey, hier seit ihr richtig", sagt ein junger Mann und schwenkt eine Bierflasche. Seine Freunde sind total betrunken. Einer schleppt einen dicken Ast aus dem Gebüsch und wirft ihn vor einen nachfolgenden Bus. Wenige Minuten später sind drei Einsatzwagen der Polizei da. Beamte sorgen für Ruhe.

"Wir erwarten etwa 1800 Besucher zur Feier. 45 Polizisten sind vor Ort", sagt Hans Jürgen Petersen, stellvertretender Revierleiter am Harburger Polizeikommissariat. Damit ist die Ackerfete, die der Abiturabschlussjahrgang der IGS alle Jahre wieder organisiert, die einzige Abi-Party mit Polizeischutz. "Kritisch wird es, wenn gegen 23 Uhr Schluss ist und die Besucher nach Hause gehen. Einige sind so betrunken, dass sie nicht mehr wissen, was sie tun", so Petersen. Für den erfahrenen Polizeibeamten jedes Jahr wieder ein beunruhigender Anblick, "16- und 17-Jährige in so einem Zustand zu sehen. Aber die Fete ist ja politisch gewollt", sagt er.

Immer wieder ist es in den vergangenen Jahren zu Schlägereien gekommen, da einige Besucher ihren Alkoholkonsum nicht mehr im Griff hatten, aggressiv wurden und randalierten. Im vergangenen Jahr wurde Partygast Pascal von einem Mann attackiert und niedergestochen. Zuvor hat er noch ausgelassen mit seinen Freunden bis tief in die Nacht gefeiert, wollte nach Hause und starb an seinen Verletzungen. Noch lange nach diesem Vorfall erinnerten Kerzen und Blumen am Tatort an der Bremer Straße.

"Das ist schrecklich, kann aber überall passieren, dass jemand durchdreht", sagt Michael K., 20 (Name von der Redaktion geändert), der mit dem Taxi zur Fete kommt. Genau wie viele andere hat er zu Hause schon ein wenig "vorgefeiert". Und wie alle anderen trinkt er sein Bier schnell noch auf dem Weg zum Festplatz aus, lässt seine Dose vor dem Absperrgitter. Der Weg zum Fetengelände wird von leeren Flaschen gesäumt, sie liegen in Vorgärten, irgend jemand hat ein Ensemble aus leeren Flachmännern auf einem Stromkasten gestapelt. "Alle Flaschen, egal ob da Schnaps, Bier oder Cola drin ist, müssen abgegeben werden. Wir schauen in alle Taschen", sagt Wiebke Mielke, 17, die mit ihren Freundinnen Sinja Sendker, 18 und Katharina Eyme zum Ordnerdienst eingeteilt wurde und nun bis 21 Uhr Dienst schiebt.

"Das ist eine wichtige Aufgabe, wir können ja nachher noch ordentlich feiern", sagt Wiebke. Hinter den jungen Frauen stapeln sich schon die Flaschen, jede Menge leere Wodka- und Whiskyflaschen dabei. "Das macht mir schon Angst. Es ist krass, wie besoffen hier manche ankommen", sagt Kim Klee, 20, die am Eingang auf ihre Freunde wartet. Vor ihr ein Kasten mit Astra-Bier. Michael Kühl, Michael Sieling und Rüdiger Otto von der Krad-Staffel der Polizei schauen sich das Geschehen an. "Unglaublich", sagt Kühl und zeigt auf ein Schild. "Kiosk nur 200 Meter weiter", steht in großen roten Buchstaben darauf. "Da holen die sich Nachschub."

Auf dem Festgelände ist super Stimmung. DJs sorgen für tolle Musik. An einem großen Tresen stehen Lena, Veronika und Nadja, alle 18 Jahre alt. "Es gibt hier alkoholfreie Getränke sowie Bier und Sekt", brüllt sie gegen die laute Musik an. Der Konsum wird kontrolliert. "Jeder trägt ein Bändchen. Es wird am Eingang verteilt und kostet zehn Euro. Auf zehn aufgedruckten Kästchen wird abgestempelt: "Ein Sekt zwei Kästchen, ein Bier ein Kästchen", sagt Lena. Damit wollen die Abiturienten dafür sorgen, dass niemand über die Stränge schlägt. "Aber was nützt das Bemühen, wenn die Gäste schon vorher nicht mehr nüchtern sind", sagt ein Polizist. Seine Kollegen führen gerade einen Mann in Handschellen ab. "Zugekifft", sagt ein Beamter.

Davon kriegen Nadja, Ronja und Katharina, 17, nichts mit. Sie sitzen auf einer Picknickdecke, unterhalten sich mit Freunden und genießen die Stimmung. "Einfach toll, die Party in der Natur, die Musik, die vielen Leute", sagt sie. Später will sie tanzen. "Hier trifft sich das junge Harburg, um entspannt zu feiern", sagt Henrik Papendiek, 18.

Die Anwohner nehmen es erstaunlich gelassen. "Sollen die Jugendlichen doch feiern. Sie räumen morgen alles wieder auf", sagt Ruth Sadowski, 88, die neben dem Festgelände wohnt. Sie fühlt sich sicher. "Die Polizei ist ja da, es kann nichts passieren."

Tatsächlich bleibt es relativ friedlich. Und am nächsten Tag befreien IGS-Schüler ihren Partyplatz sorgfältig von Müll, ungezählten Flaschen und Scherben. "Drei Körperverletzungsdelikte, einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, eine Festnahme, zwölf Platzverweise", zählt Hauptkommissar Christoph Karstens von der Harburger Wache auf. Aus Polizeisicht sei die Party gut organisiert worden, sagt er.

Das Ordnerteam Sinja, Katharina und Wiebke ist zufrieden. "Alles gut", sagen sie bei ihrer Ablösung.

Für die einen, sagt Wiebke, sei es ein unvergleichliches Erlebnis, bei der Ackerfete nach bestandenem Abitur ausgelassen in den Sonnenuntergang zu tanzen. Für andere ist es, so ein Polizist, "saufen unter freiem Himmel".