In der Friedrich-Ebert-Stiftung wurde diskutiert, wie die medizinische Versorgung in Zukunft gesichert werden kann

Lüneburg. Die Friedrich-Ebert-Stiftung hatte zur Diskussion eingeladen, und ein hochkarätig besetztes Expertengremium war gekommen. Die Frage, mit welchen Mitteln und Methoden unser Gesundheitssystem in Zukunft am Leben erhalten werden kann, bewegt viele - und so war die Veranstaltung gut besucht.

Seit Januar 2011 zahlen Kassenpatienten höhere Kassenbeiträge, auch Zusatzbeiträge können zur Deckung des Defizits der Krankenkassen verlangt werden. "Die Deutschen werden in Zukunft noch mehr Geld ausgeben müssen. Die demografische Entwicklung und steigende Kosten bei Medikamenten und in Krankenhäusern sprechen dafür. Schon jetzt kämpfen mehr als 20 Krankenkassen mit Finanzproblemen. Die Frage ist: Wird das System immer teurer und kann es trotzdem immer weniger leisten?", fragte Jürgen Peter, Vorstandsvorsitzender der AOK Niedersachsen zu Beginn der Diskussion.

Auch Kassenpatienten, die derzeit um Zusatzbeiträge herum kommen, werden bis zum Jahr 2020 voraussichtlich durchschnittlich 70 Euro zusätzlich zum Kassenbeitrag zahlen müssen, meint Peter. "Weil der Arbeitgeberbeitrag mit der letzten Gesundheitsreform eingefroren wurde, treffen alle zukünftigen Finanzlöcher die Versicherten allein", erklärte er.

Auch mit Kritik am System sparte er nicht. "Das System ist komplex. Vieles überlagert sich oder wird verschwendet - so zum Beispiel, wenn ein Patient mehrfach wegen eines Leidens durch verschiedene Fachärzte untersucht wird. Es muss Strukturveränderungen geben", verlangte Peter.

Bei allen anstehenden Veränderungen sei es wichtig, eine angemessene hausärztliche Versorgung auch in der Fläche sicherzustellen, meinte Jörg Berling, Vertreter der kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen und niedergelassener Hausarzt in Adendorf. "Die steigende Zahl chronisch Kranker in einer alternden Gesellschaft kann durch Hausärzte am besten versorgt werden", meinte er. Neue gesetzliche Regelungen seien erforderlich, um langfristig eine Unterversorgung auf dem Land zu verhindern oder zu mindern. Viele große Städte seien dagegen überversorgt.

Überfluss an Medizinern in der Stadt, und Ärztemangel auf dem Land - auch Krankenhäuser haben bereits Probleme, Fachärzte zu finden.

"Wir suchen seit geraumer Zeit einen Facharzt im Bereich Kinder- und Jugendpsychiatrie. Für den Dienst im Krankenhaus finden Sie hier niemanden, auch nicht mithilfe eines Headhunters. Als niedergelassener Arzt lässt sich einfach mehr verdienen. Derzeit arbeiten wir an dem Modell einer ambulanten psychiatrischen Betreuung für Patienten. Wir glauben, dass so ein Projekt dabei helfen kann, den nächsten Krankenhausaufenthalt eines Patienten hinauszuzögern", sagte Rolf Sauer, Chef der Gesundheitsholding Lüneburg.

Um dem Ärztemangel auf dem Land zu begegnen, der sich jetzt zum Teil schon abzeichne, sei es sinnvoll, eine entsprechende Infrastruktur zu schaffen. Junge Ärzte hätten Familie, brauchen für ihre Kinder Schulen und für den Partner einen adäquaten Arbeitsplatz, meinte Andrea Schröder-Ehlers, SPD-Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis.

"Aber wir werden es nicht schaffen, überall in gleicher Weise eine breite Infrastruktur aufzubauen. Kleinere Kommunen werden das aufgrund ihrer Schuldensituation nicht leisten können. Außerdem spricht die demografische Entwicklung dagegen. Der Landkreis Lüchow-Dannenberg wird irgendwann nur noch 30 000 Einwohner haben. Schon deshalb kann eine Grundversorgung mit Infrastruktur dort aufgebaut werden", sagte Andrea Schröder-Ehlers.