Anwohner der Bremer Straße wollen im Juni mit einem Festumzug Jubiläum feiern

Harburg. Zu Fuß, hoch zu Ross oder mit der Pferdekutsche waren die Menschen früher unterwegs, wenn sie von einem zum anderen Ort wollten. Gute Wege oder Straßen fanden sie bei ihren Reisen durchs Land selten vor. Auch Harburg war vor 200 Jahren in Sachen Straßenbau eher unterentwickelt. Das hatte Frankreichs selbst gekrönter Kaiser und Feldherr Napoleon Bonaparte ebenfalls im Blick, als er seine Soldaten nach Hamburg schickte, um die Kontinentalblockade gegen England durchzusetzen. Um seine Truppen schnell voran bringen zu können, ließ er eine Straße von Paris über Wesel nach Hamburg bauen. Die schnurgerade angelegte Bremer Straße in Harburg oder auch die Georg-Wilhelm-Straße in Wilhelmsburg zeugen von ihrem militärischen Zweck.

Nun ist es 200 Jahre her, dass im Jahr 1811 die Bürger Harburgs aufgefordert waren, ihren Beitrag zum Bau der heutigen Bremer Straße zu leisten. Und die heutigen Anwohner der Bremer Straße, die auch als Bundesstraße 75 bekannt ist, nehmen das Geburtsjahr zum Anlass, Jubiläum zu feiern. Die Anwohner haben allerdings auch ein Problem mit ihrer Bundesstraße, denn sie hat für den wachsenden überregionalen Verkehr an Bedeutung gewonnen. Verkehrslärm vor allem von schweren Lastwagen, Erschütterungen, hohes Tempo und Abgase strapazieren die Nerven der Anwohner.

Auch daran werden die Anwohner, die sich in der Gruppe "Engagierte Harburger" zusammengeschlossen haben, vermutlich erinnern, wenn sie am Sonnabend, 18. Juni, ab 11 Uhr, mit einem Festumzug über die Bremer Straße von Appelbüttel bis ans Ende der Bremer Straße im Zentrum Harburgs ziehen.

Anwohnerin Irmgard Korpies organisiert die Feier und sucht noch Unterstützer und Geldgeber. Kontakt zu ihr kann unter der E-Mailadresse irmgard.korpies@live.de aufgenommen werden. Bislang ist vorgesehen, dass am Festumzug ein Spielmannszug, eine Radfahrergruppe, eine Pferdekutsche, das Hummelteam, das Wilhelmsburger Heimatmuseum mit zwei Frauen in alten Trachten, eine Trommlergruppe, Einradfahrer, ein Traktor mit Anhänger und Gäste teilnehmen werden. Von 12.30 bis 15 Uhr soll an einem Info-Stand in der Innenstadt mit bunten Gas-Luftballons, die in den Himmel aufsteigen, auf das Jubiläum hingewiesen werden.

Auch das Harburger Helms Museum wird voraussichtlich mit einem Vortrag die Geschichte der Bremer Straße vorstellen. Museumspädagoge Dr. Rüdiger Articus hat unter anderem im Harburger Jahrbuch von 1948 geblättert, das einen Beitrag von Friedrich Lübbers zur Geschichte der damaligen Bremer Landstraße enthält. Lübbers schreibt, dass die Franzosen am 11. Dezember 1811 das "schwere Werk begannen, die große Heerstraße von Harburg über Rotenburg, Bremen, Osnabrück nach Wesel mit Steinen gut gepflastert anzulegen." Die Vermessungen waren bereits am 22. März des Jahres beendet. Grundbesitzer waren aufgefordert, sich am 23. März bei der Graupenmühle einzufinden, um anzuzeigen, was von ihren Ländereien für den Bau der Chaussee genommen wird.

Entschädigungen sollen gezahlt worden sein Auch Arbeiter - bis zu 4000 Mann waren auf der Strecke bis Rotenburg beschäftigt - erhielten je nach Leistung Tagelohn 14 und 18 Schilling. Aber die besten Handwerker, die geschicktesten und stärksten Männer, standen für den Straßenbau laut Aufzeichnung nicht zur Verfügung, weil die nämlich lieber ihrem eigentlichen Handwerk nachgingen. So heißt es: "Am 2. Mai fehlen wieder 201 Arbeiter, dazu 72 Wagen.

Jetzt droht die Bauleitung mit Geldstrafen und militärischen Exekutionen (Zwang und strenge Aufsicht), wenn weiter "Kinder und ohnmächtige Weiber und kümmerliche Personen geschickt werden." Im August 1812 war das Anpflanzen von rund 900 italienischen Pappeln und 600 Rotbuchen befohlen worden. Harburg, Wilstorf, Marmstorf und Eißendorf sollte das gut 1200 Franken kosten. Über ein Gesuch zur Befreiung der Last liegt keine Entscheidung der Regierung vor. Die Bremer Straße dürfte im Oktober 1812 fertiggestellt worden sein. Die Franzosenzeit in Hamburg endete 1814, als sich Napoleons Truppen geschlagen Richtung Frankreich zurückziehen mussten.