CDU und SPD streiten sich, ob Famila oder Edeka auf dem Festhallengelände gebaut werden soll. Die Stimmung im Ort ist aufgeladen.

Jesteburg. Die Fronten sind festgefahren im Jesteburger Gemeinderat. Die CDU-Fraktion, die mit knapper Mehrheit gegen die Stimmen der SPD am 16. März im Rat den Verkauf des Festhallengeländes an Famila beschlossen hat, ist auf Verteidigungskurs (das Abendblatt berichtete mehrfach). Famila habe das weitaus bessere Konzept für einen Verbrauchermarkt vorgelegt, als der Investor May & Co, der dort für Edeka und Aldi hatte bauen wollen. Die Kombination aus Edeka und Aldi sei heute kein Konzept mehr, das Kunden anziehe. Diese Kombination gebe es überall.

Mit Famila hingegen könne es Jesteburg nicht nur gelingen, die eigene Kaufkraft im Ort zu halten, sondern auch noch von der Hanstedter Kaufkraft zu profitieren. Die SPD ihrerseits wirft der CDU vor, "in der letzten Sekunde umgeschwenkt zu sein, und ein lange vorbereitetes Gesamtkonzept für die Dorfentwicklung auf dem Festhallengelände einfach beiseite geschoben zu haben, um dann in einer Hauruck-Aktion in nicht öffentlicher Sitzung den Weg für Famila frei zu machen".

Jörg Berberich, CDU-Fraktionschef, kontert: "Grundstücksverkäufe werden grundsätzlich in nicht öffentlicher Sitzung beraten, zumal es auch um Kaufsummen ging, die sowieso niemals öffentlich sind. Und Famila war schon im Vorwege im Gespräch als Käufer und Betreiber eines Verbrauchermarktes." Bürgermeister Udo Heitmann und seine SPD-Fraktion sind anderer Meinung. Die Stimmung ist derart aufgeladen, dass Heitmann gar mit einer Normenkontrollklage gegen das Verfahren seines eigenen Rates droht. Die Kontrahenten werfen sich gegenseitig "Wahlkampfgetöse" vor.

Samtgemeinde Bürgermeister Hans-Heinrich Höper (parteilos) dazu: "Als sich eine Lösung mit den Schützen zum Festhallengelände abzeichnete, habe ich Anfang des Jahres die rund 20 Investoren angeschrieben, die seit 2007 im Gespräch für den Kauf der Fläche standen. Da war Famila nicht dabei. Am 1. März, einen Tag vor der Sitzung des Verwaltungsausschusses, hat sich Famila bei mir gemeldet und wollte noch ein Angebot abgeben. Das ist zulässig und ich war verpflichtet, die Ratsmitglieder davon in Kenntnis zu setzen. Zur Sitzung des Verwaltungsausschusse der Gemeinde lagen den Ausschussmitgliedern die Angebote von Famila und May & Co vor. Auch ein dritter Investor wollte auf dem Festhallengelände bauen, der war aber schon im Verwaltungsausschuss abgeschmettert worden, wegen mangelnder Solvenz. Beide Investoren stellten ihr Konzept vor. In der Ratssitzung etwa zwei Wochen später ging es dann nur noch darum, sich für einen der beiden zu entscheiden.

Zum Spielball in dem Zwist sind auch die Jesteburger Kaufleute geworden. Bürgermeister Heitmann berichtet von Gewerbetreibenden, die ihn im Dorf auf Famila ansprechen und ihre Sorgen um die große Konkurrenz vortragen. Besorgnis über die Konkurrenz wurde auch innerhalb des Jesteburger Gewerbekreises geäußert. Vor 18 Mitgliedern des Gewerbekreises hatten Vertreter von Famila und die Familie Dalinger bei einem Treffen vor der entscheidenden Ratssitzung die Gelegenheit, ihre Konzepte für das Festhallengrundstück vorzutragen.

In einem Bericht über das Treffen an Samtgemeindebürgermeister Hans-Heinrich Höper, der dem Abendblatt vorliegt, heißt es, man sehe einen Famila-Markt zwar einerseits als Bereicherung für Jesteburg, aber andererseits: "Hier möchte der Gewerbekreis aber besonders die Bedenken der ortsansässigen Gewerbetreibenden betonen, die natürlich mit Umsatzeinbußen rechnen. Es muss hier dringend und vor allem zeitnah in die Attraktivität der Ortsmitte investiert werden."

In Jesteburg brodelt es gewaltig. Inzwischen sind Unterschriftenlisten im Umlauf. Die gerade gegründete Bürgerinitiative "Ortsmitte Jesteburg" fordert die Jesteburger auf, mit ihrer Unterschrift "die Kommunalwahlwahl zur Volksabstimmung über Famila" zu machen. "Mit dem Beschluss der Warenhaus-Ansiedlung eröffnet die CDU den Verdrängungswettbewerb des Großunternehmens zu Lasten der Jesteburger Fachgeschäfte und des traditionellen Einzelhandels. Den Geschäften in der Ortsmitte empfehlen die Ratsmitglieder, sich auf Nischengeschäfte zu beschränken". Unterzeichner des Flugblatts sind unter anderen die Ratsmitglieder Udo Heitmann und Cornelia Ziegert (CDU). Auch im Edeka-Geschäft von Siegfried Dalinger liegen Unterschriftenlisten für den Erhalt von Edeka aus. Rund 1400 Unterschriften sollen bereits gesammelt sein.