Die Buchholzer FDP-Bundestagsabgeordnete Nicole Bracht-Bendt will Frauen für die Kommunalpolitik begeistern - bislang ohne Erfolg

Ihr Angebot war gut gemeint. Nicole Bracht-Bendt wollte Frauen dabei helfen, einen Einstieg in das umkämpfte Feld der Politik zu finden. Die FDP-Bundestagsabgeordnete bot sich als Mentorin an, hob bei jeder sich nur bietenden Gelegenheit hervor, wie gerne sie Unterstützung leisten würde. Sie wollte als Vorbild dienen, Interessierte nach Berlin einladen und an Fraktionssitzungen und Plenardebatten teilhaben lassen. Alles für den einen Zweck: ihn zu wecken, den Hunger nach politischer Mitgestaltung.

Doch das Engagement der 51-Jährigen stieß auf keinerlei Resonanz. Nicht eine einzige Frau reagierte auf Bracht-Bendts Angebot. In Zeiten der Debatte um Frauenquote und weibliche Karriereambitionen mutet diese Tatsache fast schon tragisch an.

"Ich bedauere natürlich sehr, dass es wirklich überhaupt keine Resonanz auf mein Mentoren-Angebot gab und hinterfrage selbstverständlich auch die Gründe dafür", sagt Nicole Bracht-Bendt etwas ratlos. Die Berufspolitikerin, die ihren Wahlkreis Harburg seit 2009 im Deutschen Bundestag vertritt, kann über die Gründe für das politische Desinteresse ihrer Geschlechtsgenossinnen nur spekulieren. "Vielleicht liegt es teilweise daran, dass die FDP als Partei derzeit schwierige Zeiten durchlebt", sagt sie, um kurz darauf hervorzuheben, dass es ihr beim Mentoren-Angebot nicht um ein Engagement für die Freien Demokraten gehe. "Mir geht es vielmehr darum, dass sich interessierte Frauen ganz allgemein für die Politik engagieren und diese aktiv mitgestalten - die Couleur der Partei, für die sie sich einsetzen wollen, ist dabei nebensächlich", sagt Bracht-Bendt.

Die Buchholzer Politikerin weist darauf hin, wie wichtig politische Initiative - gerade auch von Frauen - ist. Denn wenn es etwa um neue Schulstandorte oder die Gestaltung der Kinderbetreuung geht, sind nach Ansicht von Bracht-Bendt nicht nur die Kompetenzen von Männern, sondern gerade auch von Frauen und Müttern gefragt.

In Gesprächen mit Bürgerinnen über den Mangel weiblicher Politiker, vorrangig auch auf kommunaler Ebene, wird die 51-Jährige allerdings immer wieder darauf hingewiesen, dass nach einem straffen Tagesprogramm abends keine Zeit mehr sei, auch noch Sitzungen politischer Ausschüsse zu besuchen. "Für mich klingt das manchmal etwas vorgeschoben", sagt Bracht-Bendt, "denn trotz der täglichen Alltagsbelastungen finden viele berufstätige Frauen und Mütter ja auch Zeit, um zum Sport zu gehen oder andere Freizeitaktivitäten zu betreiben."

Zumindest für das vermeintliche Problem der abendlichen Kinderbetreuung hat Bracht-Bendt eine schnelle Lösung parat: "Die Kommunen zahlen eine Aufwandsentschädigung für die Betreuung des Nachwuchses. Sie ist vielleicht nicht ganz so hoch wie ein normales Babysitter-Honorar, aber immerhin eine kleine Finanzhilfe", so die gelernte Tischlergesellin. Und auch gegen das viel zitierte Credo, man könne die festgefahrenen und überalterten Strukturen in einem Ortsverband ohnehin nicht ändern, wehrt Bracht-Bendt sich energisch. "Wenn Frauen Änderungen wollen, dann müssen sie diese auch einfordern. Sie dürfen sich vom älteren Publikum in den Kommunen nicht einschüchtern lassen. Denn Fakt ist: Wir benötigend dringend Leute unterschiedlichen Alters und Geschlechts, die sich engagieren, damit wir die individuellen Bedürfnisse der Menschen in der Region abbilden können."

Eigentlich widerstreben ihr Generalisierungen. Aber Frauen, vermutet Nicole Bracht-Bendt, machen sich manchmal einfach zu viele Gedanken um Folgen und Konsequenzen einer Entscheidung. Männer seien in dieser Hinsicht oftmals entscheidungsfreudiger. "Vielleicht ist es in der Tat eine Art Machtinstinkt, der Männer dazu animiert auf einer Sitzung die Hand zu heben und zu sagen: 'Ich engagiere mich!'. Frauen sind da zögerlicher", sagt sie.

Wohl auch deshalb appelliert die Mutter zweier Söhne daran, Mut zu beweisen und den Einstieg ins politische Metier zu wagen. Gelernt werde Schritt für Schritt, sagt Bracht-Bendt und erinnert sich an ihre eigenen Anfänge: "Als ich zum ersten Mal kandidiert und eine Rede gehalten habe, war diese wirklich nicht brillant. Aber das Prinzip lautet: Learning by doing."

Auch dank dieses Mottos hat Nicole Bracht-Bendt es bis nach Berlin geschafft. Sie möchte ihre Erfahrungen weitergeben und hofft deshalb weiter darauf, dass sich Frauen aus dem Wahlkreis Harburg bei ihr melden und politischen Mitgestaltungswillen zeigen. Zunächst wird die FDP-Abgeordnete ihr Wissen jedoch heute im Rahmen des Girls' und Boys' Day preisgeben. Bracht-Bendt hat eine Schülerin und einen Schüler in die Hauptstadt eingeladen, um ihnen die Arbeitswelt der Bundestagsabgeordneten zu zeigen. 19 Mädchen und zwei Jungen hatten sich auf das Angebot der Politikerin beworben. Zumindest in der jüngeren Generation scheint das Interesse an politischer Mitgestaltung vorhanden zu sein.