750 Musikschüler lernen jetzt zwischen Channel und Waterkant an der Harburger Schloßstraße 5. Die Akustik überzeugt.

Harburg. Die Cellistin Anke Dieterle, 43, strahlt, wenn sie Besucher durch ihre neue Wirkungsstätte führt: "Schauen Sie mal: vierzehn Räume für 750 Schüler und dazu noch ein großer Saal und ein Büro. Und die meisten Räume sind mit hochmodernen Opta-A-Decken ausgestattet, um den Raumklang zu verbessern."

Anke Dieterle ist Solo-Cellistin und die wohl wichtigste Musik-Managerin in der südlichen Metropolregion Hamburg. In ihrer Akademie Hamburg für Musik und Kultur in Harburg lernen mittlerweile 750 Schüler von 42 Dozenten ein Musikinstrument zu spielen oder zu singen. Und Anke Dieterle dreht auch in Hamburg an der großen Musikschraube: Sie ist die 1. Vorsitzende des Hamburger Landesausschusses "Jugend musiziert" und hat mit ihrem Bruder und Kompagnon David Dieterle, 38, einem Solobratscher, maßgeblich zum Erfolg des Schulprojektes "Jedem Kind ein Instrument" beigetragen.

Kein Duo wirkt im Süden Hamburg so nachhaltig für die "Breiten-Musik" wie die musikalischen Geschwister Dieterle. Deren gemeinnützige Akademie stellt mittlerweile ein Drittel der Hamburger Teilnehmer für "Jugend musiziert"!

Anke Dieterle ist nicht nur eine tolle Musikerin, sie ist auch eine kreative Managerin - immer offen für ungewöhnliche Wege. Bis vor kurzem residierte ihre Akademie in einem Wohnhaus am Großen Schippsee 36, unweit von Karstadt. "Das Haus platzte aus allen Nähten, so haben wir uns auf die Suche nach einer Alternative gemacht", sagt Anke Dieterle. Erst hatten Anke und David Dieterle das Balatros-Gelände an der Bundesstraße 73 im Visier. Der Plan: Aus dem denkmalgeschützten Gebäude sollte ein Kulturhaus mit Akademie, Kindergarten, Instrumentenbauwerkstatt, Café und Veranstaltungsraum werden. Daraus wurde nichts - ein Fitnesscenter bekam den Zuschlag.

Dann kam den Dieterles eine Idee: "Wir ziehen auf die andere Seite der B 73 und der Bahngleise, in den Harburger Binnenhafen." Dort fanden sie eine passende Immobilie für die Akademie: Ein modernisiertes Fachwerkhaus an der Harburger Schloßstraße 5, gleich neben Heiko Hornbachers Kneipenrestaurant "Goldener Engel" - der Engel trägt die Hausnummer 7.

"Wir sind in den Binnenhafen gezogen, weil dies ein aufstrebendes Quartier ist", sagt Anke Dieterle. "Hier tut sich viel, hier ist Bewegung, und das passt gut zur Akademie, denn wir sind ja auch ständig in Veränderungen begriffen."

Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Channel Hamburg, Dr. Helmut Thamer, ist begeistert über die neuen musikalischen Mieter: "Ich freue mich sehr, dass wir jetzt eine angesehene Musikakademie im Binnenhafen haben, das belebt unseren Beritt ungemein. Kultur und Hightech passen hervorragend zusammen. Die Akademie ist ein attraktiver Baustein für die vielen Menschen, die in den Binnenhafen ziehen werden." Derzeit arbeiten im Binnenhafen rund 5500 Menschen in rund 150 Firmen.

Das alte Akademie-Haus am Großen Schippsee sei zu eng und zu hellhörig gewesen, sagt Anke Dieterle, das neue Haus an der Harburger Schloßstraße ist außen alt und innen modern. "Es gibt immer noch Schüler, die hier ein wenig fremdeln, denn wir haben hier keine Wohnzimmeratmosphäre mehr", sagt die Cellistin. "Wir müssen dieses Gebäude jetzt mit Musik füllen. Das Haus fängt langsam an schön zu klingen. Von der Akustik her ist der neue Standort wirklich ganz wunderbar."

So erklingen die leisen Instrumente im zweiten Stockwerk, weil es dort keine Schallschutzdecken gibt. Ansonsten kann Jung und Alt ganz viel lernen in der Akademie: auch Kontrabass, Oboe, Gambe und das türkische Instrument Baglama. Es gibt Unterricht in Alter Musik, Jazz, Flamenco, Tango und Neuer Musik. Und wer seine Stimme in Pop-Musik schulen möchte, der findet in der amerikanischen Sängerin und Komponistin Betsy Miller eine empathische Frau mit eine powervollen Stimme. 45 Minuten Einzelunterricht kosten an der Akademie monatlich 86 Euro, die musikalische Früherziehung 30 Euro.

Dank des modernen Schallschutzes können Schüler jetzt auch E-Gitarre, E-Bass und E-Piano lernen. Und es gibt zwei neue Schlagzeuglehrer an der Akademie. Mädchen und Jungen zwischen sechs und zwölf Jahren, die ein Streichinstrument spielen, können im Kinderorchester Crescendino gemeinsam musizieren. Die Leitung haben Anke Dieterle und die Geigenlehrerin Susana Biosca, 37. Schüler der Akademie zahlen nur fünf Euro im Monat, externe Schüler 15 Euro.

Die Akademie ist bekannt für Konzerte an verschiedenen Orten im Süden Hamburgs. So gibt es ein- bis zweimal im Jahr Familienkonzerte, wo Schüler mit ihren Eltern, Großeltern und Freunden auftreten. "Wir wollen Familien ermutigen, wieder mehr gemeinsam zu musizieren", sagt Anke Dieterle, deren Credo lautet: "Musik macht klug und sozial kompetent." Deshalb machen sie und ihr Mann Frank Meiller, 48, selbst Saxofon- und Klarinettenlehrer und Buchhalter und Marketingmann an der Akademie, in ihrem Haus in Hausbruch ganz viel Musik mit ihren drei Kindern: Hannah, 11 (Geige und Klavier), Rahel, 8, und Ruben, 7 (beide Cello).

Und wie geht es weiter mit der Akademie? Wann und wohin wird Anke Dieterle mit ihren Lehrern weiterziehen, wenn das "Knusperhäuschen" an der Harburger Schloßstraße irgendwann zu klein werden sollte? Anke Dieterle lacht. "'Schaun wir mal', wie der deutsche Fußballkaiser zu sagen pflegt. Wir haben schon ein interessantes Objekt im Visier."