Harburger wollen vom Wahlsieg der Kollegen in Baden-Württemberg profitieren

Harburg. Während die Grünen in Stuttgart ihren Spitzenkandidaten Winfried Kretschmann nach dem Wahlsieg auf ihrer Party gefeiert haben, hieß es für ihre Parteikollegen in Harburg "Back to the Roots". Und das in vorderster Front. So marschierte Kay Wolkau, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der GAL in der Bezirksversammlung, an der Basis bei den Anti-Atom-Demonstrationen in Hamburg mit. "Ich freue mich über den Wahlsieg der Grünen in Baden-Württemberg. Davon sind wir hier noch weit entfernt. Traditionell ist es ja so, dass andere Grünen-Landesverbände erfolgreicher die Bürger für sich gewinnen können, als wir hier in Hamburg ", sagt er. Wie vor der Hamburg-Wahl sind die Grünen mit fünf Abgeordneten in der Bezirksversammlung vertreten, haben ihren Sitz im Präsidium verloren und ihren stärksten Fürsprecher gleich mit: Die Kuschel-Koalition mit der CDU gibt es nicht mehr. Und die Grünen müssen nun ihre eigenen Positionen vertreten und können sich nicht mehr von CDU-Fraktionschef Ralf Dieter Fischer mitziehen lassen. Doch wie will man vor Ort von den neuen Erfolgen der Partei profitieren? Wolkau: "Das wird schwierig. Wir haben ja das Kraftwerk Moorburg genau im Blick. Das haben uns viele Wähler übel genommen." Die damalige Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL) hatte den Bau des Kohlekraftwerks Moorburgs durchgewinkt - für viele Parteikollegen ein Verrat, für Harburgs GAL fatal. Doch Umweltschutz soll nach wie vor ganz oben auf der Agenda stehen. "Gerade angesichts der Atomkatastrophe in Japan, ist es wichtig, bei der Energieversorgung genau hinzusehen." Außerdem wollen Harburgs Grüne sich um die Verkehrsprobleme des Stadtteils stärker kümmern. Nördliche Trassenvariante der Hafenquerspange, ein Verkehrskonzept für den Hamburger Süden - ebenfalls von Ex-Stadtentwicklungssenatorin Hajduk aufgelegt - das sind Punkte, um die sich die GAL kümmern will. In Sachen Wohnungsbau wollen die Grünen ihre Bedenken anmelden. "Da geht es auch um Umweltschutzaspekte, sprich Flächenversiegelung. Darum wird sich Bürgermeister Scholz nicht scheren." Doch diese Schwerpunktthemen hatte Grünen-Fraktionsvorsitzender Ronald Preuß in der konstituierenden Fraktionssitzung nicht angesprochen. Dort monierte er wie berichtet, Formfehler, verlor kein Wort über die Zielrichtung der politischen Arbeit.

Daher haben viele Abgeordnete Zweifel, was die GAL in Harburg durchsetzen will. "Vom CDU-Schlafwagenabteil zur Lokomotive, das bringen die nicht", witzelte ein SPD-Abgeordneter. Und für den CDU-Fraktionsvorsitzenden Ralf Dieter Fischer ist Grünen-Politik eine Frage des richtigen Zeitpunktes. "Wäre die Wahl jetzt, während wir jeden Tag die schrecklichen Bilder aus Japan sehen, hätten die Grünen erfolgreicher abgeschnitten", sagt er. Ein wenig trauert er der Kuschel-Koalition hinterher. "Mit den Grünen verbindet uns mehr als mit der FDP. Auch wir sind für besseren Verbraucherschutz und für eine Wende bei der Energieversorgung offen. Bei den Grünen gibt es sehr viele Mitglieder mit wertkonservativen Positionen." Als Öko-FDP wollen Harburgs Grüne aber nicht herhalten.