Bauarbeiter machen den Wilhelmsburger Bunker fit für die Zukunft

Wilhelmsburg. Mit so einem fetten Klops hat der Baggerfahrer Thomas Thielk, 45, es noch nie zu tun gehabt. Eine Woche lang hat der Maschinist der Abbruchfirma Ehlert & Söhne aus Hamburg-Hamm mit seinem gelben Bagger mit Hydraulikhammer auf die zwei Meter dicke Westfassade des "Kolosses von Wilhelmsburg" - dem alten Flakbunker an der Neuhöfer Straße - eingedroschen. "Es war ziemlich laut und staubig", sagt Thomas Thielk, "und war manchmal schon ganz schön mühsam. Solche Arbeiten sind nicht so angenehm, wir müssen ganz ordentlich wässern, damit es nicht so doll staubt."

Das Resultat kann sich sehen lassen: Jetzt ziert ein 16 mal 7 Meter großer Durchbruch die mächtige Außenfassade.

70 Arbeiter von Ehlert & Söhne sind derzeit dabei, den Bunker fit für die Zukunft zu machen. Denn der ehemalige Flakbunker soll ein Symbol des "Klimaschutzkonzeptes Erneuerbares Wilhelmsburg" der Internationalen Bauausstellung (IBA) werden. Das seit Kriegsende ungenutzte Monument wird bis zum Ausstellungsjahr der Bauausstellung 2013 mit einem Biomasse-Blockheizkraftwerk, einem Wasserspeicher und einer Solarthermieanlage ausgestattet und Warmwasser und Heizwärme für bis zu 2000 Wohnungen und Gewerbeeinheiten im Reiherstiegviertel erzeugen und bis zu 3000 Haushalte mit Strom versorgen. Partner der IBA ist das städtische Unternehmen Hamburg Energie. Das Investitionsvolumen beträgt 24 Millionen Euro.

Das große Loch in der Außenfassade ist notwendig, damit die Arbeiter die Deckenfelder im Bunker herausschneiden können. "Nur die Decke von Ebene sechs bleibt erhalten", sagt die Polierin Martina Heinz, 38.

Noch wirkt der Wilhelmsburger Flakbunker finster und bedrohlich - ein von der Zeit geschwärztes Mahnmal und ein Relikt aus ebenso finsterer Zeit. In dem neun Stockwerke hohen Koloss suchten während der Bombennächte des Zweiten Weltkrieges bis zu 30 000 Menschen Schutz. Im Oktober 1943 zur Luftverteidigung Hamburgs fertiggestellt, war der Flakbunker aus 80 000 Kubikmetern Stahlbeton "unverwundbar" errichtet worden - mit einer Wandstärke von mindestens zwei Metern und 3,50 Meter dicken Decken.

Die britische Armee sprengte den Bunker 1947 im Inneren. Aus einer nach dem Krieg geplanten zivilen Nutzung wurde nichts. 64 Jahre lang blieb es bei dem ungenutzten Zustand, während der Bunker mitten in einem lebendigen Wohnquartier langsam von Grünpflanzen bewachsen wurde.

Nun, knapp 66 Jahre nach Kriegsende, zeichnet sich eine sinnvolle, innovative und vollständig friedliche Umnutzung ab: Der Flakbunker soll zu einem Symbol des "Klimaschutzkonzeptes Erneuerbares Wilhelmsburg" werden.

Der Bunker ist nach der Sprengung 1947 trotz seiner äußerlich scheinbar unbeschädigten Hülle im Innern vollkommen zerstört. Das abweisende Gebäude soll sich nach der Sanierung dem Stadtteil öffnen. Von einer Terrasse und einem Café in über 30 Metern Höhe über den Stadtteil können Besucher bis in den Hamburger Hafen blicken. Eine Ausstellung soll über die (Kriegs-)Geschichte des Flakbunkers und des Stadtteils informieren. Im Erdgeschoss können weitere Nutzflächen hergerichtet werden.

Auf drei Ebenen wird der Energiebunker zum Kraftwerk: Dach- und Südfassade werden für Solarenergie genutzt, im Inneren wird ein Blockheizkraftwerk auf Biomassebasis eingerichtet, die überschüssige Wärme wird in einem Wärmespeicher gesammelt. Auf diese Weise kann der Energiebunker Teile des Reiherstiegviertel mit erneuerbarer Wärme versorgen und erzeugt zugleich einen Teil des benötigten Stroms - getreu dem Hamburger Grundsatz: keine Stromerzeugung ohne Wärmegewinnung.

Das Projekt soll schrittweise durch die Nutzung von industrieller Abwärme und Reststoffen ausgebaut werden. So soll der Energiebunker einen Großteil des Reiherstiegviertels mit Kohlendioxid-effizienter Wärme und Strom versorgen - aus einem Mahnmal wird ein Energielieferant, der Strom und Wärme durch Kraft-Wärme-Kopplung auf Basis von Biomasse erzeugt. Die Wärmeenergie soll wegen der unsteten Sonnenenergie und zur Erhöhung der Stromerzeugung im Blockheizkraftwerk in einem 2000 Quadratmeter großen Speicher im Inneren des Bunkers gespeichert werden. Eine 3500 Quadratmeter große Anlage soll Solarenergie erzeugen, wenn die Sonne scheint.