Auszählen der Stimmen dauert länger als erwartet. Bezirksamtsleiter organisiert spontan eine kleine Wahlparty im Rathaus

Harburg. Eigentlich wollte Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg schon gegen Mittag die Ergebnisse für die Bezirksversammlungswahl bekannt geben. 51 Sitze müssen neu verteilt werden.

Doch dann signalisierte Wahlleiter Dierk Trispel, dass das Auszählen der Stimmen und das Berechnen der Sitzverteilung wohl doch etwas länger dauern werde als erwartet. Also organisierte der Verwaltungschef eine kleine Wahlparty im Rathaus, zu der sich viele Abgeordnete einfanden. Per PC und Bildschirm konnten die Gäste die Auszählung verfolgen. "Oh, nein", sagt Helga Stöver, CDU Harburg Mitte, als sie die ersten Ergebnisse auf dem Bildschirm sieht. 66 942 Stimmen, 26,2 Prozent, haben die Christdemokraten auf Bezirksebene erreicht.

"Das wären dann ungefähr 15 Sitze für uns. Da müssen viele gute Leute von uns gehen", sagt sie und die CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Birgit Stöver und André Trepoll, gerade frisch in die Bürgerschaft gewählt, stimmen ihr zu. "Das wird nicht leicht werden", sagt Birgit Stöver. Lange Gesichter auch bei André Sawallich, vormals CDU-Bezirksversammlungsabgeordneter, und einigen anderen seiner Parteikollegen.

Gute Laune dagegen herrscht bei Harburgs Sozialdemokraten. Mit 123 555 Stimmen erreichen sie 48,4 Prozent - und damit aufgrund der kruden Berechnungsgrundlage etwa 25,7 Sitze. Ob dieses Ergebnis für eine Mehrheitsregierung in der Bezirksversammlung reicht, hängt am späten Nachmittag an einem Süderelbe-Wahlkreis, dessen Unterlagen per Boten erst ins Rathaus gebracht werden müssen. Gegen 14.30 Uhr trifft er endlich ein. Jetzt müssen die Ergebnisse dieses Wahllokals erst einmal in das PC-System eingegeben werden. SPD-Fraktionsvorsitzender Jürgen Heimath wird unruhig. "Das wird ja zum Wahlkrimi hier", sagt er. Die absolute Mehrheit hätte er schon gerne, "aber wir sprechen mit allen Parteien, wenn wir es denn müssen. Auch mit den Grünen und mit der CDU", sagt er.

Die Grünen haben mit 26 599 Stimmen 10,4 Prozent erreicht und sind damit künftig mit sechs Sitzen in der Bezirksversammlung vertreten. Der Abgeordnete Kay Wolkau vermutet, "dass uns hier der Wähler für das Kraftwerk Moorburg abgestraft hat." Seine Parteikollegin Heinke Ehlers: "Damit müssen wir uns abfinden. Was mich schockiert ist, dass die NPD in Harburg offenbar so viele Anhänger hat", sagt sie und schaut nachdenklich auf den Bildschirm. Zwei Prozent, 5073 Stimmen haben die Rechten erlangt, zu wenig für einen Einzug ins Rathaus. "Sie sind glücklicherweise an der Drei-Prozent-Hürde gescheitert, trotzdem finde ich diese Zahl besorgniserregend", sagt Ehlers.

Harburgs Linke können 16 518 Stimmen für sich verbuchen, 6,5 Prozent. Das reicht unter Umständen für vier Sitze. "Wenn sie sich nicht wieder streiten und ihre Fraktion auflösen, könnte es mit denen ja mal was werden", scherzt ein Ortspolitiker.

Kurt Duwe, Fraktionsvorsitzender der Liberalen, ist nervös. "Seit gestern Abend steht zwar fest, dass ich über die Landesliste in die Bürgerschaft gekommen bin, ich möchte aber, dass die Liberalen auch auf Bezirksebene mit ausreichender Personenstärke mitmischen." "Das wird knapp. Komischerweise haben wir bei den Bürgerschaftswahlen besser abgeschnitten als bei dieser Wahl", sagt Carsten Schuster, bisher Bezirksversammlungsabgeordneter der FDP. 4,9 Prozent, 12 411 Stimmen haben die Liberalen. "Das könnte für drei Mandate reichen, die dann vermutlich Carsten Schuster, Immo von Eitzen und Stefanie Hartun tragen", so Duwe und beschwört seinen Computer. "Vielleicht hilft ja zaubern", sagt er.

Dann wartet Bezirkswahlleiter Trispel mit einer Überraschung auf. "Es hat sich ergeben, dass ein Mitglied der Piratenpartei, Sebastian Marterer, ein Direktmandat erlangt hat", sagt er. Daraus ergab sich, dass die SPD 26 Stimmen ergattern konnte, die anderen Parteien ebenfalls 26 Mandate. "Als stärkste Partei erhalten die Sozialdemokraten laut Wahlrecht ein Ausgleichsmandat", so Trispel.

Wohin die Reise für Harburgs SPD aber endgültig geht, kann Trispel nicht sagen, da es immer noch an dem einen Wahlkreis hapert. Der ist auch zwei Stunden später noch nicht datenmäßig erhoben. "Da müssen eventuelle Koalitionsgespräche wohl auf morgen verschoben werden", witzelt jemand aus den Reihen der CDU. Kurt Duwe beschwört immer noch seinen Computer, und ob nun tatsächlich ein Pirat ins Harburger Rathaus einzieht, müssen Trispel und seine Kollegen noch ausrechnen. Wenn das Ergebnis des einen fehlenden Wahlkreises denn endlich vorliegt.