Auf der Veddel ist die Piratenpartei dreimal so stark wie die CDU

Wilhelmsburg/Veddel/Rothenburgsort/Finkenwerder. Der Piratenpartei, die bei der Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft auf 2,1 Prozent kam, ist im Bezirk Mitte ein Scoop gelungen: Nach den vorläufigen Ergebnissen zogen die Piraten mit 4,6 Prozent in die Bezirksversammlung Mitte ein - dort liegt die Hürde bei drei Prozent und nicht bei fünf Prozent wie für die Bürgerschaft. Damit dürften die Piraten zwei Sitze in der Bezirksversammlung stellen - wie auch die FDP (3,9 Prozent). Damit haben beide Parteien keine Fraktionsstärke und sind nicht stimmenberechtigt in den Ausschüssen und Regionalausschüssen.

Nach den vorläufigen Ergebnissen dürfte die SPD mit 47,6 Prozent im Gegensatz zur Bürgerschaft nicht auf die absolute Mehrheit in der Bezirksversammlung kommen und 25 von 51 Abgeordneten stellen. Die CDU kommt auf neun Mandate (17,7 Prozent), die GAL auf acht Mandate (14,5 Prozent) und die Linke auf fünf Mandate (9,9 Prozent). Damit fehlt der SPD voraussichtlich ein Mandat für die absolute Mehrheit in der Bezirksversammlung. Und damit sind die Genossen wieder auf einen Koalitionspartner angewiesen. Nach Informationen des Hamburger Abendblattes herrscht bei der Mitte-SPD nicht allzu große Begeisterung darüber, wieder mit der GAL zu koalieren. Nicht immer sei die Zusammenarbeit mit den Grünen harmonisch verlaufen, sagt ein einflussreicher SPD-Politiker. Aber dennoch: Es laufe wohl auf eine Koalition mit der GAL hinaus, weil die FDP in den Ausschüssen kein Stimmrecht habe.

Sicher in der Bezirksversammlung ist wieder die GAL-Politikerin Jutta Kodrzynski aus der Neustadt, die auch sehr aktiv im Regionalausschuss Wilhelmsburg/Veddel mitmischt. "Das werden die Verhandlungen ergeben, ob es eine Koalition mit der SPD gibt oder nicht", sagte die GAL-Frau. "Aber eine Koalition mit der SPD wäre mir am liebsten, weil wir dann wieder aktiv mitgestalten können."

Sehr wahrscheinlich in der Bezirksversammlung ist auch wieder der Sozialdemokrat Klaus Lübke von der Veddel. "Ich bin ganz aufgeregt, denn die politische Arbeit wird in den nächsten drei Jahren wieder mein Leben prägen", sagte der Genosse. In drei Jahren ist Europa-Wahl - dann wird auch, für fünf Jahre, eine neue Bezirksversammlung gewählt werden.

Enttäuscht zeigte sich Lübke über die Wahlbeteiligung auf der Veddel: Dort hatten nur 36,2 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme für die Bürgerschaft abgegeben. "Das ist sehr traurig, ja peinlich", sagte Lübke. Noch niedriger war die Wahlbeteiligung auf der Veddel für die Bezirksversammlung: 31,3 Prozent.

Der noch geringere Wähleranteil liegt daran, dass auch EU-Ausländer für die Bezirksversammlung wählen können - und die sind noch häufiger nicht wählen gegangen als die deutschen Veddeler.

Schlusslicht in puncto Wahlbeteiligung ist der Kleine Grasbrook: Dort gingen nur 24,9 Prozent von 607 Wahlberechtigten wählen. Schlimm auch das politische Interesse in Rothenburgsort: Dort gingen nur 29,2 Prozent der 5230 Wahlberechtigten wählen. Nicht viel besser sah es in Wilhelmsburg aus: Dort wählten nur 34,7 Prozent von 25 224 Wahlberechtigten. Auf Finkenwerder gingen 44,8 Prozent von 8177 Wahlberechtigten zur Wahl.

Erschütternd ist auch, wie wenig die teure Aufklärungskampagne Hamburgs, die alle Wahlberechtigten einzeln mit DIN-A-4-großen Probewahlheften beglückte, im Hamburger Süden gebracht hat: Hier kreuzten Hunderte Wähler falsch an - ihre Stimmen waren damit ungültig. Trauriger Spitzenreiter ist in dieser Hinsicht Rothenburgsort: Hier waren 7,5 Prozent (107 Wähler) der Stimmen ungültig. In Wilhelmsburg waren 6 Prozent der Stimmen (498 Wähler) nicht richtig abgegeben, auf Finkenwerder 4,6 Prozent (161 Wähler) und auf dem Kleinen Grasbrook 1,3 Prozent (zwei Wähler).

Stark war das Abschneiden der Piratenpartei auf der Veddel: Sie wurde von 13,1 Prozent der Veddeler Wähler angekreuzt - bei der Wahl zur Bezirksversammlung liegt der Anteil sogar bei 15,3 Prozent. Damit haben rund 100 Veddeler die Piraten gewählt - es dürften mehrheitlich Studenten sein, die wegen des günstigen Wohnraumes auf der Veddel leben.

Die Piraten haben auf der Veddel mehr als dreimal so viel Stimmen eingefahren wie die CDU, die auf 4,5 Prozent für die Bezirksversammlung kam. Auf dem Kleinen Grasbrook, wo es auch günstige Wohnungen gibt, kamen die Piraten auf 12 Prozent. Lübke kann sich nicht daran erinnern, schon einmal einen Piraten im Stadtteilbeirat gesehen zu haben: "Die waren unsichtbar und haben trotzdem ein fettes Ergebnis erzielt."